Die Reisen des jungen Reik

Es ist heiß, die Luft ist trocken und ich stehe vor zwei Möglichkeiten, den Tag zu verbringen: Mir von Orsolya mal wieder den Walzer eintrichtern zu lassen oder mich mit der Saarländerin an einem Stand zu treffen und das Wasser unsicher zu machen. Schwere Frage, was ich da mache. Nein, eigentlich nicht und prompt die Badehosen eingepackt. So habe ich wenigstens einen Grund, mal wieder eine Radtour zu machen. Schon allein, da ich geiziger bin als ein Schotte. Wieso sollte ich viel Geld ausgeben für einen Zug, der dreißig Minuten fährt, wenn ich doch mit dem Rad auch schnell hinkomme. Hätte ich mich vorher mal belesen. Als ich heute mal schnell Google Maps überprüfte, traf mich fast der Schlag. Der Flughafen ist doch knapp dreißig Kilometer von meiner Wohnung. Aber egal, Rückzug gibt es nicht und aufs Rad geschwungen. Bevor ich mich aber wirklich auf den Weg machen konnte, galt es erst mal noch, eine Kopfbedeckung zu organisieren. Wer mich kennt weiß, eh ich bereitwillig eine aufsetze, muss es schon sehr schlimm sein und heute ließ die Sonne nichts anderes zu. Also schnell in einen Laden rein, eine japanische Frau geschnappt, die Alternativen vorgestellt und die, die sie am besten fand, gekauft. Endlich konnte es losgehen.

Die erste Etappe ging auch noch ziemlich leicht von der Hand, bis zu dem Zeitpunkt, wo meine Karte nicht mehr ausreichte. Ab jetzt galt es, den Weg zu erfragen. Schon die ersten Opfer machten mir sehr viel Mut. Es handelte sich um ein älteres Ehepaar. Sie erklärten mir den Weg, aber zeigten sich sehr verstört über meinen Plan. Mir wurden noch beste Hinweise auf den Weg mitgegeben und die alte Dame wollte mir am liebsten noch eine ihrer gerade gekauften Wasserflaschen mit auf den Weg geben. Das konnte ich gerade so mit dem Versprechen, viel zu trinken, abwehren. Auf dem Weg sollte sich noch einige Male wiederholen, dass Leute erstaunt über mein Ziel waren. Insbesondere hilfreich waren dabei die Hinweise auf den nahe gelegenen Bahnhof und ich solle doch mein Rad da lassen und mit dem Zug fahren. Trotzdem schaffte ich es irgendwie zum Flughafen, um meine Begleitung abzuholen.

Zusammen konnte es dann endlich losgehen. Den Strand hatten wir nur ausgewählt, weil sie gerade eh in der Nähe war und einer ihrer Freunde meinte, der Sand ist etwas dreckig, aber da schwimmen öfter Leute. Die offiziellen Badestrände kamen eh nicht in die engere Auswahl, weil die noch für zwei Wochen geschlossen sind. Als wir den Strand endlich fanden, traf uns fast der Schlag. Die Angler an diesem Strand hatten den Sand wirklich zu einer Müllhalde verkommen lassen. Nichts wurde mit nach Hause genommen, sondern einfach alles liegen gelassen. Wenigstens das Wasser war aber sauber und in der Nähe spielten einige Kinder im Wasser. Also wir hinterher. Die Wellen verhinderten zwar das Schwimmen, erfrischend war es aber auf alle Fälle und ohne Brille kann man den Sand auch schnell vergessen. So verbrachten wir knapp eine Stunde im Wasser, bis es wieder auf den Heimweg ging – meine Begleitung per Zug und ich auf meinem Fahrrad in die Nacht hinein. Als es so dunkler wurde, sah man öfter überraschte Passanten, als ich ihren Weg kreuzte oder selber nach dem Weg fragte. Auf den Dörfern scheinen Ausländer wirklich selten zu sein. Ziemlich erschöpft schaffte ich es dann doch irgendwie nach Hause. Gut, an der Erschöpfung bin ich selbst schuld. Aber ich muss sagen, ohne Rad hätte es nur halb so viel Spaß gemacht. Vor allem das Aussehen des Strandes hätte mich mehr geärgert, so konnte ich aber noch einiges von Japan sehen, mit interessanten Leuten mein Japanisch üben und gleichzeitig noch trainieren. Was will man mehr? Das kalte Nass war aber auf jeden Fall die richtige Entscheidung für diesen Tag und das Rad hat sich mittlerweile auch schon locker refinanziert. Wobei ich bei dem Rad vor allem meinen Eltern dankbar bin. Ohne die neue Sattelstange, wäre das alles nicht möglich gewesen. So werde ich wohl aber noch ein weiteres dreiviertel Jahr die Passanten auf Japans Straßen erschrecken, auf Wegen, die (vermutlich) noch nie ein Ausländer gefahren ist.

Sendais Arkaden bei Nacht

Es wird dunkel, die Stadt stirbt aus und nur ein kleines Vergnügungsviertel mit dem Namen Kokubuncho ist noch belebt. Das sollte man eigentlich meinen, schließlich ist es in Deutschland meistens auch nicht anders, dass nach Ladenschluss die Einkaufsmeilen aussterben und die Bars Hochbetrieb haben. In Sendai sieht das Bild aber überraschend anders aus. Ein Spaziergang durch die Arkaden bei Nacht lohnt sich immer. Allgemein kann man eh nicht von Ladenschluss sprechen, weil einige der Läden bis zehn offen sind. Aber es gibt noch eine interessante Veränderung bei Nacht. Ab 9 werden die Arkaden von verschiedensten Personen bevölkert. Auf der einen Seite die Künstler und Kleinhändler. Handgefertigter Schmuck wird in verschiedensten Arten verkauft. Daneben nehmen die Künstler die zweite Position ein. Egal, ob vor Ort gefertigte Kalligrafien, vor Ort angefertigte Comiczeichnungen oder ähnliches, die Auswahl ist beeindruckend und das Talent der Künstler nicht zu verachten. Besonders auffällig ist, dass sich mittlerweile das Prinzip „Geben sie so viel, wie sie denken.“ durchgesetzt hat. Eingeführt wurde es von dem Künstler, dem Orsolya und ich vor einer Weile mal eine Kalligrafie abgekauft haben und die anderen haben die Vorteile erkannt. Viel mehr Leute kaufen so die Bilder und bekommen dann Angst, zu wenig zu geben. Dadurch macht der Künstler einen höheren Gewinn. Neben diesen gewerblichen Künstlern, gibt es noch die freien Künstler. Egal, ob Pantomimen, Wrestler oder Musiker, in den Arkaden findet man alles. Auszeichnen tut 95 Prozent dieser Künstler eine Tatsache, sie wollen kein Geld. Kaum einer hat den typischen Hut vor sich stehen, sondern es wird gemacht, um Werbung für sich zu machen oder seine Kreationen vor Publikum zu testen. Heute war zum Beispiel ein sehr begabter Pantomime das Zugpferd in den Arkaden. Knapp 35 Menschen standen um ihm herum und betrachteten seinen Auftritt mit Zaubertricks, Pantomime und Jonglieren. Die einzige Bezahlung, die wir miterleben konnten, war die Werbung für seine Internetseite und das eventuell ihn einer der Zuschauer mal bucht. Dafür konnte er seinen Auftritt auch mal vor Publikum üben. Etwas weiter stand ein Wrestler im Kostüm und ließ sich mit einigen japanischen Damen ablichten, freier Oberkörper inklusive. Die Frauen waren begeistert und er machte Werbung für seinen Verein und seine Kämpfe. Mir blieb nur festzustellen, dass ich mir Shimizu in diesem Gedränge an Auftritten richtig vorstellen konnte. Vor kurzem stand er ja dort auch bereit, seine eigenen Kompositionen vorzuspielen. Wer etwas erleben will, muss in Sendai also nicht unbedingt in das Vergnügungsviertel laufen, in den Arkaden findet sich auch so etwas.

Bitte hier anstellen für die Bananen oder Hindernislauf auf Japanisch

„Hast du das Spiel geschaut? Ja! Gut, mein Beileid und ich frage dich heute nichts mehr.“ So müde sah ich eigentlich gar nicht aus und die nicht immer richtigen Antworten, kommen schon mal vor, aber irgendwie hatte meine Lehrerin heute Mitleid mit mir. Der Kurs sah eh ziemlich übersichtlich aus, waren von allen fußballbegeisterten Männern des Kurses am Ende doch, bis auf mich, niemand zur Stunde erschienen. O.k., schlafen war verlockend, aber wie heißt es doch so schön: Schlafen kann ich, wenn ich tot bin! Und mal einen Tag ohne Schlaf auszukommen, geht ja gerade noch. Wenigstens die Mitleidsbekundungen und teils auch Schadenfreunde aller Leute, die ich kenne, konnte ich mit zwei Dingen beantworten. Mein Weltmeistertipp ist immer noch aktiv und kann mir 16 Punkte beim Tippspiel bringen und mein Verein hat am selben Tag wenigstens gewonnen, wenn auch nur ein absolut unbedeutendes Testspiel gegen einen Aufbaugegner.

Allgemein war heute ein verdammt sonniger und heißer Tag, was die Klimaanlagen überall auf Hochtouren laufen ließ. Umso erstaunter war ich, wie eines der Lieblingsphänomene der Japaner heute besonders extrem zuschlug: das „in einer Reihe stehen“. Japaner scheinen von Geburt an einen Schalter im Kopf zu haben, der beim Anblick eines potentiellen Einganges anspringt und eine Aufreihung vornehmen lässt. Man erinnert sich an das Einsteigen in Züge oder Busse in Deutschland, wo das Recht des Stärkeren gepredigt wird. Ein Zustand, der hier in Sendai undenkbar wäre. Schon zehn Minuten bevor der Bus kommt, stehen zehn bis fünfzehn Personen in einer Reihe, um ihn zu besteigen. Ein Kaufhaus hat zwei Türen, wovon eine offen steht. Es bildet sich eine Reihe, um durch genau diese eine Tür zu gehen. Die überraschten Gesichter, wenn man die andere Tür mal benutzt und so vor den anderen den Laden betritt, zeigen an, wie abstrus diese Idee der Abkürzung sein muss. Auch in der Uni lebt alles von Schlangen. Die Essenschlangen zu den immerhin 8 verschiedenen Mensen oder Cafeterien, stellen jede Schlange vor der Hauptmensa in Göttingen in den Schatten. Besonders interessant, finde ich dann immer die Schlangen vor Restaurants. In der Nähe von Kokubuncho haben wir ein Schnellrestaurant, vor dem es immer Schlangen gibt. Die Restaurantleitung geht so weit, einen extra Wachmann nur für diese Schlange zu beschäftigen. Jetzt sollte man meinen, das Essen dort sei so besonders. Aber Shimizu versicherte mir heute, dass es sich um ganz normales Essen handelt, was es an jeder Ecke gibt. Wieso sich diese Schlange bildet, weiß keiner. Aber wenn man vorbeigeht, kann man beobachten, wie Japaner vor jedem Restaurant stehen, überlegen und sich dann einfach in die Schlange stellen. Da stört dann auch nicht, dass man locker mal 15 bis 30 Minuten auf den Einlass warten muss. Mich würde das allerdings immer abhalten und nach einem Ersatzrestaurant suchen lassen.

Jetzt kommt natürlich die Frage: Wieso fällt ihm das heute auf und wieso ist das so schlimm? Schließlich verhindern diese Schlangen ja ein größeres Chaos. Dieser Punkt lässt sich leicht beantworten: Weil im Moment eine zweite japanische Eigenschaft zum Tragen kommt, die diese Schlangen unangenehmer werden lässt – besonders, wenn es sie zu häufig gibt, wie es heute der Fall war. Dieses Eigenschaft betrifft zu 90 Prozent Frauen, auch wenn ich schon vereinzelt Männer mit dem selben Phänomen gesehen habe. Es handelt sich um des Japaners liebstes Spielzeug, den Regenschirm. Wieso jetzt Regenschirm, es ist doch absoluter Sonnenschein? Genau da kommen wir zum Knackpunkt.

Die Verwendung des Regenschirms im Regen ist normal, auch wenn sie hier meist schon beim aller ersten Tropfen vorkommt. Es existiert aber der Vorteil, dass die Leute schneller versuchen, ihr Ziel zu erreichen und dadurch kein Verkehrshindernis darstellen. Im Sonnenschein sieht das aber anders aus. Viele japanische Damen fürchten sich vor dem Sonnenschein und nutzen ihre Regenschirme im Sonnenschein als Sonnenschirm. Dazu wird langsam flaniert und die Wege werden versperrt. Da der Regenschirm bei einer Standardjapanerin dazu noch auf meiner Augenhöhe ist, bin ich jedes Mal wieder froh, eine Brille zu haben. Mehr als einmal verhinderte diese schon schlimmeres. Wenn dann die Leute noch in einer Reihe anstehen, als ob es zu DDR-Zeiten Bananen gäbe, entwickelt sich der Abschnitt der Straße zum Spießrutenlauf. Heute, durch den starken Sonnenschein, war es deshalb genau so ein Tag. Interessanterweise gibt es dann auch noch einen besonders harten Kern an Damen, die den Regenschirm auch bei Bewölkung in der Hand haben. Diese Gründe erschließen sich mir dann gar nicht. Ob es sich um eine Modeaussage, Schutz vor etwaigem Regen oder Schutz vor spontan erscheinenden Sonnenstrahlen handelt, keine Ahnung. Wenigstens kann ich immer sagen, ich halte mich nur an die Japaner und werde deshalb nicht braun.

Studium in Japan

Es ist schon überraschend. Überall auf der Welt sind Studenten im Besitz eines Bachelor- oder Masterabschlusses, doch vergleichbar sind diese überhaupt nicht. O.k., wer jetzt an die unterschiedlichen Herangehensweisen der Studiengänge innerhalb Europas denkt, hat sicherlich recht, der Unterschied zu Asien und insbesondere Japan fällt aber wirklich extrem auf. Die Tatsache, dass alle Absolventen der Germanistik hier in Japan, irgend etwas arbeiten, was nicht ihrem Studienprofil entspricht, hat mich ja schon des öfteren verwundert. Heute habe ich endlich das System dahinter in groben Zügen verstanden.
Wenn ein Japaner an die Uni geht, entscheidet er nicht wie in Deutschland, welches Fach er studieren möchte, sondern schreibt sich für eine Fakultät ein. In meinem Fall also die Philosophische Fakultät. Vor allem im ersten Jahr, gibt es dann einen vorgeschriebenen Unterricht, der alles abdeckt. Germanistik-Studenten, die Algebra oder Stochastik-Hausaufgaben im Büro lösen, sind deshalb keine Seltenheit. Im zweiten Jahr des Studiums, entscheidet man sich dann für ein Profil des Studiums. Dieses Profilfach steuert daraufhin das Büro bei und stellt den Hauptanteil der Pflichtkurse. Allgemeine Kurse wie Mathematik, Englisch oder Geschichte, bleiben trotzdem erhalten. Sich in Fächer anderer Profile hinein zu setzen, ist ebenfalls möglich, erscheint aber nicht auf den Zeugnissen. Durch dieses Vorgehen, bleibt das Studium aber sehr allgemein und breit gefächert. Die Fachspezifikation tritt hauptsächlich beim Büro auf und hat ansonsten bis auf eine Handvoll Pflichtkurse keine Bedeutung. Nach vier Jahren hat man dann den Bachelor erreicht. Dies ist der Zeitpunkt, wo die meisten Studenten aufhören. Ein Jahr vorher kommt es für die Betreffenden Studenten dann zur wichtigen Phase der Berufswahl. Bewerbungsgespräche stehen an, die in extra Kursen an der Uni vorbereitet werden. Schafft ein Student es wider Erwarten nicht auf Anhieb, einen Job zu bekommen, kann er einfach solange seinen Bachelor weiterstudieren, bis es klappt. Dieser Fall ist aber sehr selten. Den Arbeitgebern sind dabei die Bachelorarbeiten komplett egal und auch ansonsten kommt es auf die Fachwahl bei der Berufswahl nicht an. In gewisser Weise kann man das Bachelorsystem hier also mit dem Fachhochschulstudium oder sogar noch eher mit einer normalen Ausbildung in einer Berufsschule gleichsetzten. Wirklich ändern tut sich dies auch im Masterkurs nicht. Das Studium bleibt ziemlich allgemein und nur die Naturwissenschaftler haben die Möglichkeit, sich hier nun endgültig zu spezialisieren. Ein Geisteswissenschaftler schafft dies erst wirklich beim Schreiben seiner Doktorarbeit.

Insgesamt gesehen ist das Herangehen auf jeden Fall interessant, aber aus meiner Sicht nicht wirklich praktikabel. Besonders die Tatsache, dass man kaum mal einen Job in seinem eigentlichen Berufsfeld bekommt, würde mich doch arg stören. Auf der anderen Seite, bekommen fast alle Studenten einen Job. Das ist mehr, als man von Geisteswissenschaftlern in Deutschland sagen kann. Als wirklich sinnvollen Punkt, sehe ich dagegen das Büro an. Ein wirklicher Treffpunkt, der die Studierenden über die Semester hinaus zu einer Einheit werden lässt. Gerade das größere Einheitsgefühl sorgt zeitgleich dafür, dass man sich mehr zwischen den Kursen hilft und sich austauscht. Eine Bibliothek, wie wir sie in Göttingen haben, ist damit auf jeden Fall nicht zu vergleichen. Dort ist Ruhe erbeten und man kann im Allgemeinen kaum mal mit Leuten sprechen, ohne sie gleich zu stören. Dass zeitgleich durch die Professoren das Einheitsgefühl gesteigert wird, sorgt weiterhin für ein noch größeres Wir-Gefühl. Ob die Professoren sich zu den Studenten zum Mittagessen dazu setzen oder wie heute mal wieder Tennisspielen oder auch andere gemeinschaftliche Veranstaltungen angesagt sind. Es wird niemand ausgegrenzt und es herrscht eine absolut entspannte Atmosphäre im Büro, ohne die kleinste Grüppchenbildung. Alles im allem gibt es zwar ein paar interessante Ansätze hier im Studium. Bis auf das Büro, würde ich aber immer das deutsche System bevorzugen, solange es mal wirklich durchdacht ausgeführt würde.

Schreiberduo S+R

Eines muss man meinen Mitstudenten lassen, sie sind kreativ. Egal ob Mangazeichenwettbewerbe, Papierbasteleien oder Musiksession, alles kommt in regelmäßigen Abständen bei uns im Büro vor. Wann immer es zu einer derartigen seltsamen Beschäftigung kommt, kann es natürlich nur einen geben, der immer dabei ist. Wer sollte das natürlich auch anderes sein, als der Standardverdächtige Shimizu.

Heute drehte sich der Tag mal wieder um seinen Deutschkurs, wofür ich schon einmal ein Gedicht schreiben durfte. Die Hauptaufgabe des Kurses stellt das wöchentliche Erstellen eines Tagebucheintrages dar. Dies könnte man absolut langweilig machen und einfach einen Tagebucheintrag schreiben. Nicht so aber mit Shimizu. Seitdem er herausgefunden hat, dass ich ihm schon irgendwie aus der Patsche helfe und der verantwortliche Professor auf extravagante Tagebucheinträge steht, scheint seine Fantasie keine Grenzen mehr zu kennen. Heutiges Thema seines Tagebucheintrages war aus diesem Grund das Werk „Tod in Venedig“ von Thomas Mann. Um genau zu sein, wollte er sogar eine Parodie darauf schaffen. Leider war es, wie es immer ist: Die Worte fehlten und das Werk war zu schwierig zu verstehen. Was also tun? Passenderweise kam ich gerade um die Ecke. Mir fiel nun, mit seiner Unterstützung, die Aufgabe zu, aus mehreren Absätzen des Werkes eine Parodie herzustellen, die seinen Tagesablauf darstellt. Es wäre natürlich gelacht, wenn ich das nicht hin bekommen hätte. Da ich mich aber an seine Entwürfe halten musste und auch wollte, wurde es doch schwerer als erwartet. Um den Stil zu halten, galt es bestimmte Wörter zu verwenden, die er noch nicht kannte. Dementsprechend brachte ich ihm gleich ein wenig Neues bei. Natürlich passten viele der von ihm vorher verwendeten Worte hinten und vorne nicht und einige Abschnitte mussten komplett neu erfunden werden. Alles in allem eine Beschäftigung, die uns mal locker zwei Stunden kostete. Trotzdem schafften wir es, das zweite Doppelwerk des Schreiberteams Shimizu/Reik auf Papier zu bringen. Ob es gut ist, liegt dann aber zum Glück nicht mehr in meinem Aufgabenbereich. Die Frage ist nur, wie ich den anderen glaubhaft versichern soll, dass ich Japanisch lerne, wenn sie mich immer nur mit Shimizu deutsche Texte schreiben sehen? Im Büro amüsiert man sich schon über unser Gespann. Besonders mein zweiter Advisor legt viel Wert darauf, den anderen immer wieder zu erklären, dass ich eigentlich Japanisch lernen will und nicht Deutschhausaufgaben erledigen soll. Aber was solls. Ich kann es eh nicht ändern und Spaß machen tut es ja auch irgendwie. Ich will aber nicht wissen, was noch so auf mich zu kommt, wenn Shimizu noch ein Jahr lang Zeit hat, sich neue Herangehensweisen auszudenken. So langsam sollte ich wirklich noch mal in die Deutschlehrbücher hereinschauen, um die Grundlagen für Poesie und andere Dinge zu wiederholen.

Die Statue auf dem Berg

Montag, der Tag der großen Touren. Eigentlich, denn heute hieß es erst einmal, meine Tutorin zu treffen. Es galt, ein Paket nach Deutschland zu schicken und es dabei auch noch zu versichern. So wirklich hat das trotz japanischer Hilfe nicht wie geplant geklappt, aber es wird hoffentlich irgendwie ankommen. Besonders die Tatsache, dass ich gar nicht in den Versandprozess einbezogen wurde, fand ich nicht lustig. Das ist nicht gerade praktisch, wenn die Leute auch keine Idee haben, welche Unterlagen ausgefüllt werden müssen. Kaori hat mir auch maximal 1/4 der an mich gerichteten Fragen übersetzt. Ich konnte sie zwar auch so verstehen, aber sie hatte meist schon vorher übersetzt. Nachdem das geklärt war, ging es noch eine Runde zum Bowling. Diese Bahn kann ich aber nicht empfehlen, da sie zum Beispiel nur über Schuhe bis zur Größe von 30 cm verfügen. Und diese sind noch nie getragen und viel zu rutschig. Das Ganze gilt aber nicht als Ausrede für meine Niederlage gegen Kaori. Dafür, dass sie meinte, sie sei ja so schlecht, hat sie ganz schön abgeräumt.

Diese Niederlage hat mich ganz schön getroffen. Also entschied ich mich trotz fortgeschrittener Stunde noch für eine kleine Fahrradtour. Einfach nur ein kleiner Supermarkt, dreißig Minuten von meiner Heimat entfernt, sollte das Ziel darstellen. Irgendwie sollte es aber nicht so sein. Mein eigentliches Ziel verfehlte ich mal wieder um einige Kilometer. Was ich fand, war aber trotzdem interessant. Schon mehrmals hatte ich den Versuch unternommen, die große Statue Sendais zu sehen. Immerhin stellt sie eine der größten Statuen Japans dar. Als ich sie plötzlich heute am Horizont sah, entschied ich, ihr zu folgen. Aber der Weg dorthin war eine Qual. Von Anstieg zu Anstieg ging es immer höher und durch kleinste japanische Straßen. Dabei muss ich ziemlich angsteinflößend ausgesehen haben. Ein kleines Mädchen übte, als ich kam, gerade mit einem Springseil. Als es mich sah, rannte sie hinter einen Pfeiler und versteckte sich hinter diesem. Vorsichtig lugte sie nun immer kurz raus, ob ich endlich weg bin. Gut, es ist ja auch verständlich. Ein riesiger langhaariger Europäer, auf einem viel zu hohen Rad und dazu noch wild schnaufend in einem Wohngebiet. Das sieht man nicht alle Tage. Dementsprechend viele japanische Hausfrauen konnte man auch an den Gardinen sehen. Ich war Beobachtungsobjekt im ganzen Viertel und kann mir eigentlich nicht vorstellen, dass alle nur durch Zufall gerade aus dem Fenster geschaut haben, als ich vorbei kam. Dazu war es doch zu häufig. Wenigstens hat keiner die Polizei gerufen, so überrascht wie einige aussahen.

Gerade zum Sonnenuntergang erreichte ich dann die Statue. Ein mächtiges Teil, mit einem Hotel nebenan. Wer freiwillig auf so einem hohen Berg übernachtet, erschließt sich mir zwar nicht wirklich, aber sie werden schon wissen. Möglich sollte das aber wirklich nur sein, wenn man über ein Auto verfügt. Belohnt wird man aber mit einem garantiert sehr guten Ausblick. Der Sonnenuntergang stellte mich dann aber vor größere Probleme. Die Straße war kaum noch zu sehen, ich musste einen steilen Berg hinab und hatte dazu noch keine Ahnung, wie ich eigentlich nach Hause komme. Es sollte sich zu einer über zweistündigen, interessanten Heimfahrt entwickeln, in der ich bestimmt mehr als einmal den ungünstigsten Weg gefahren bin. Trotzdem war die Statue den Weg wert und ein wenig Training hat auch noch niemandem geschadet. Wer muss schon Joggen, wenn er Radfahren kann?

Japanische Wahlen vs. Reiks Nerven

Wählt mich, denn ich bin der Richtige für den Posten! Das hätte ich heute einfach aus Prinzip gern heraus geschrien, als ich die Straßen Sendais beschritt. Ich weiß zwar nicht, was gewählt wird, aber die Wahl geht mir jetzt schon gehörig auf die Nerven. Es geht nichts darüber, um 8 von Lautsprecherdurchsagen geweckt zu werden, die die Vorteile eines Politikers aufzeigen sollen. Dann habe ich lieber ein paar Erdbeben, wie das heute Nacht. Da wackelt nur ein wenig die Erde und fast alle haben es verpasst, weil sie schliefen.

Da meine Finanzen mir aber mitteilten, dass es vielleicht doch besser wäre, mal einen Geldautomaten aufzusuchen, musste ich notgedrungen doch in die Stadt. Ein Umstand, der meinen, aufgrund des unsanften Weckens eh schon leichten Kopfschmerzen, nicht gerade Besserung versprach. Egal, wo man hin kam, es gab eben jene Lautsprecherduchsagen. Teilweise fühlte ich mich schon von den Wagen verfolgt. Wahl in Japan bedeutet nicht, wie in Deutschland, eine große Veranstaltung und ansonsten das Zupflastern der Stadt mit Werbeplakaten, sondern das mobile Gewinnen der Wähler. Überall standen Lautsprecherfahrzeuge bereit, auf deren Dach jeweils irgendwelche Politiker standen, schlaue Reden hielten und in Gesellschaft mehrerer, meist leicht bekleideter Damen, fröhlich der entlang laufenden Masse winkten.

Zu diesen schon nervigen Veranstaltungen gesellten sich aber noch zwei verschärfte Methoden. Die erste stellte das Fahren dieser Fahrzeuge durch die Stadt dar, wobei die Damen aus den Autos winken mussten. Ein Umstand, der ziemlich seltsam anmutet, wenn auf den Postern, außerhalb des Fahrzeuges, ein Mann abgebildet ist. Endgültig verfolgt gefühlt habe ich mich aber bei einer anderen Gruppe. Ein Politiker ging in Form einer Prozession durch die Stadt. Es gab Fahnenschwenker, Trommler, Lautsprecher und Anfeuerungsgesänge. Kurzzeitig zweifelte ich an der Tatsache, dass es sich um einen Politiker handelt und befürchtete, dass ich zwischen den Anhang eines Fußballvereins geraten bin. Zu allem Überfluss folgte diese Gruppe mir auch noch auf meinem Weg. Ich weiß nicht, wie die Japaner das halten. Wäre ich wahlberechtigt, würde ich nur den Politiker wählen, der sich nicht an diesen Werbemaßnahmen beteiligt. Aber das ist nur meine Meinung und vermutlich verstehe ich nur den höheren Sinn, neben der Tatsache, die Mitmenschen zu nerven, hinter dieser Wahlwerbung nicht.

Let“s Dance oder wieso ein Tag viel zu kurz ist

Wenn du tanzen nicht magst, warum bist du dann da? Diese Frage, die mir Laura heute gestellt hat, habe ich mir auch öfter gestellt. Das könnte aber ganz einfache Gründe gehabt haben. Zum Beispiel die wiederholten Anrufe von Orsolya, die mich zum Kommen aufforderten. Trotzdem bin ich erst mal gepflegt zu spät gekommen. Mit solcher Ausrüstung kann ich eindeutig nicht arbeiten. Bei meiner Tasche ist der Boden eingerissen und als ich das sah, musste ich erst einmal etwas dagegen tun. Also Nähzeug rausgeholt und mich ans Reparieren gemacht. Über die Ausführung schweige ich mich mal lieber aus, aber immerhin hält sie wieder. Also auf zum Tanzunterricht. Mit Laura hatte ich auch gleich eine sehr angenehme Tanzpartnerin und es klappte auch halbwegs. Ein Tänzer werde ich trotzdem nicht. Wieso aber gerade von uns dann Werbefotos für Flyer und Zeitungen aufgenommen wurden, muss ich zum Glück auch nicht verstehen.

Im Anschluss ging es dann zu einem Konversationsmeeting, gehalten von einer Sprachschule. Die gleiche, die die Bar mit dem deutschen Betreiber unterhält. Diese Veranstaltung war ziemlich lustig. Eine der Aufgaben, um das Eis zu brechen, war das Auffinden von Menschen, die bestimmte Eigenschaften haben. Die Tatsache, dass keiner meiner anwesenden Freunde wusste, dass ich im Juli geboren bin, hat mich zwar schon etwas getroffen, aber egal. Diese Art von Aufgaben ist ja mein kleinstes Problem und prompt hatte ich die Reihe als Erster fertig. damit habe ich dann ein Zwei-Stunden-Freitrinken in der Bar gewonnen. Danach ging es an die Unterhaltungen mit den Japanern. Diese tendierten zwischen Rentnerinnen, die mir von ihren deutschen Schwiegersöhnen erzählten,

Japanerin mit meinem Schuh

Japanerin mit meinem Schuh

jungen Damen die unbedingt meine Schuhe, Größe Elbkahn, anprobieren wollten und Männern mittleren Alters, die mir die Schönheit japanischer Frauen näher bringen wollten. Alles im allem also interessante Gespräche. Gleichzeitig bot mir Thomas einen Job an. Ich soll einen seiner Deutschschüler übernehmen und diesem für Geld die deutsche Sprache näher bringen. Ich bin aber noch nicht so ganz von dieser Idee überzeugt.

Anschließend hieß es, auf Kylie und Moritz zu warten Sie hatten diesmal auch nur 35 Minuten Verspätung, sehr zum Ungemach von Kaori, meiner Tutorin. Sie lief mir deshalb gleich zweimal über dem Weg lief und sich verpflichtet fühlte, sich dann auch mit mir zu unterhalten. Zusammen ging es dann in die nächste Bar, um als Einzige das deutsche Team anzufeuern. Über den Sieg der Deutschen war Kylie dann aber doch nicht so erfreut, da sie nun gezwungen ist, auch das Halbfinale anzuschauen. Im Anschluss gaben wir dann noch ein paar Japanern einen Einblick in deutsche Galanterie. Da Kylie die Stufen zu hoch waren, packte ich sie kurz entschlossen, um sie hochzutragen. Daraufhin packte Moritz auch noch zu und unter Anfeuerungen japanischer Passanten, wurde sie dann die Treppe hochgetragen. Da soll noch einmal jemand sagen, wir wissen nicht, wie man mit Frauen umzugehen hat.

Reik-Sensei?

Ich bleibe dabei, ich möchte zwar auch mal bei meiner späteren Arbeit Kontakt mit Menschen haben, aber ein Lehrer werde ich nie. Nach der Uni ging ich heute wie immer ins Büro, um ein wenig zu lernen. Plötzlich kam Shimizu rüber zu mir und fing an, mich über Deutschland auszufragen. Wobei er es geschickt anstellte und es so aussehen ließ, dass er mir anbieten wollte, Fragen auf Japanisch zu beantworten. Aber egal. Gesagt, getan und schon spielte ich für drei Stunden Deutschlehrer. Mein zweiter Betreuer meinte zu dem Bild nur, wir würden ein perfektes Tandempaar abgeben. Natürlich ist das sehr abwegig. Nein, dadurch, dass wir beide uns so gut verstehen, machte es auch besonders viel Spaß. Und da er auch immer versuchte, mir das Ganze noch mal in Japanisch zu sagen, brachte es mir auch etwas. Im Anschluss erzählte er mir noch, dass ein Franzose laut Aushang am schwarzen Brett 2.000 Yen pro Stunde nimmt und wie nett ich doch wäre, so etwas immer umsonst zu machen. Die Frage ist aber, ob ich das überhaupt könnte, dafür Geld zu nehmen? Ich kann den Leuten zwar erklären, warum man etwas so schreibt, aber ob ich die didaktischen Fähigkeit hätte, jemanden so zu unterrichten, wie es bei einer Bezahlung angemessen sein würde, wage ich doch arg zu bestreiten.

Im Anschluss an unsere Lernsession, zeigte ich ihm noch meine Heimatorte auf einer Karte. Eine Sache schockte mich dann aber doch sehr. Klein Rodensleben war auf dieser japanischen Karte eingezeichnet. Groß Rodensleben fehlte aber komplett. Das ist eindeutig nicht in Ordnung und ich sollte eine Protestnote an den japanischen Hersteller schreiben. Im Anschluss ging es zu Recherchezwecken noch kurz in die Innenstadt. Dabei konnte ich nur froh sein, dass ich doch im Vergleich zu den Japanern etwas größer bin. Eine junge Dame verließ bitterlich weinend einen Laden und ihr Freund rannte hinterher. Er hielt sie an der Hand fest, drehte sie um und packte sie an der Kehle. Das sah nicht gut aus und war für mich genug. Da sich das Schauspiel direkt neben mir abspielte, packte ich mir schnell seinen Kragen und zog ihn ein Stück weg. Nach einem Spruch, der ihm klar machen sollte, dass ich so ein Verhalten nicht tolerieren werde, verzog ich mich ein Stück Ich blieb aber immer noch in Sichtweite, um wenigstens mit meiner Präsenz für Ruhe zu sorgen. Wenn er sauer geworden wäre, hätte ich vermutlich keine Chance gehabt. Das wusste er zu meinem Glück aber nicht, sondern sah nur den Größenunterschied. Das reichte, dass alles ruhig blieb und er sich nach einigen Entschuldigungen bei ihr wieder rehabilitiert hatte. Wenigstens konnte ich ihn zurechtweisen, da die Frau total verängstigt nichts gesagt hatte und anschließend konnte ich mich dann wieder in ganzer Ruhe meinen Recherchen widmen.

Japanische Verkaufsstrategien

Der heutige Tag stand nur unter einem Motto: der Bestätigung des gestrigen Tages. Der Tag fing schon gut an. Man sollte meinen, dass Autos warten, bevor sie auf einen Parkplatz auf der anderen Straßenseite fahren, bis der ankommende Verkehr sie rein lässt oder die Straße frei ist. Aber nicht in Japan! Mit einer absoluten Gefahrenbremsung, konnte ich das Schlimmste noch verhindern. Diese Fahrweise ist aber auch schrecklich. Selbst bei Zebrastreifen wartet niemand, sondern man versucht es irgendwie noch zu schaffen. Egal, irgendwie habe ich es dann doch noch zur Uni geschafft und meine Stunden rumgebracht. Im Anschluss ging es zur Group Mori, eine Kleinigkeit essen. Gut, ich hatte eigentlich gesagt, ich bin Vegetarier und trotzdem lagen zwei geschmierte Brote mit jeweils 50 Prozent Ei und fünfzig Prozent Thunfisch bei mir auf dem Teller. Zum Glück war Mohammed anwesend und wurde zum Essen der Thunfischteile verdonnert. Nach dem zweiten Teil hat er dann aber doch Protest angemeldet.

Also eh mir weiteres Essen angepriesen wird, ging es doch lieber schnell zur Fakultät. Wie ich schon gestern feststellte, Shimizu ist einfach der Beste aus der ganzen Truppe. Er zeigte mir Bilder von einem Auftritt vorgestern. Da war er länger für eine seiner Musikaufnahmen im Büro geblieben, bis durch Zufall eine andere Studentin das Büro betrat. Diese hatte die perfekte Stimme für sein Projekt, also schleifte er sie in die Arkaden, wo die Akustik nach Geschäftsschluss viel besser ist und machte dort einen Liveauftritt. Die Studentin wurde dabei einfach überzeugt, zu singen. Den ganzen Auftritt hat er mitgeschnitten und uns heute vorgestellt. Die arme Studentin kann einem richtig leid tun. Aber wer ihn kennt weiß, dass man keine Wahl hat, wenn er erst einmal eine Idee hat. Ich bin ja mal gespannt, was passiert, wenn er wirklich noch ein paar Queen-Lieder drauf hat, um mich zum Singen zu zwingen.

Die größte Überraschung stellte heute aber der Supermarkt dar. Schon öfter habe ich ja über die Arbeitsweise des japanischen Personals geschrieben. Das heute hat aber sogar mich überrascht. Was macht man, wenn man drei Kassen sieht, die gleich voll sind? Man nimmt meist die, die am nächsten dran ist oder wo die Person so aussieht, als ob sie schnell fertig werden könnte. Genau nach diesem Prinzip hatte ich mir heute eine Kasse ausgesucht, als mir plötzlich ein Verkäufer auf die Schultern tippte. Seine Kasse sei gerade frei geworden und ich möge doch bitte mit rüber kommen. Schon hatte er sich meine Einkäufe geschnappt und begann, mich zu bedienen. Das an sich wäre vielleicht nicht so verwunderlich gewesen, wenn nicht die Dame an der anderen Kasse, wo ich gerade stand, auch nur noch bezahlen musste. Im Endeffekt habe ich so vielleicht dreißig Sekunden eingespart, der japanische Verkäufer bestand aber darauf. Aber so muss man sich Service in Japan immer vorstellen. Man will es dem Kunden so angenehm wie möglich machen.