Es weihnachtet gar fürchterlich. Dieser Satz schwebte mir im Kopf herum, als ich die Stadt heute durchwanderte. Überall Weihnachtsmusik – um genau zu sein 10.000 Versionen von ?Last Christmas? und ich garantiere, auch die Stimme eines Japaners macht die Interpretation nicht besser ? und Schmuck. Auf den Straßen treten als Rentier verkleidete Bands auf und die Geschäfte geben Weihnachtsrabatt. Was ist nur aus dem Land geworden, in dem Weihnachten nichts zählte, da es ja nur ein Fest für Verliebte ist. Egal, den Rest gab mir auf jeden Fall der Punkt, als auf dem Dach der Arkaden eine Orgel aufgestellt wurde und jemand dort den ganzen Tag Weihnachtslieder spielte. Wenigstens passt das Schneegestöber zur Stimmung.
Gestresst vom Weihnachtstrubel entstand die Entscheidung, doch noch einmal Oden essen zu gehen. Sie sind heiß, schmackhaft und diesmal am Tresen kann man bestimmt auch einfach nur die Sorten bestellen, die man auch wirklich mag. Gesagt, getan und nach 10 Minuten Wartezeit hatten wir einen Platz am Tresen. Nur das Bestellen wollte nicht so klappen, wie wir uns das dachten. Ok, eine erste Lieferung gab es, doch dann fing das Event an. Neben uns hatte ein Herr mit Goldring und Armband in Begleitung seiner Frau Platz genommen. Während wir noch warteten was andere Leute bestellen, um zu sehen, was uns davon schmecken könnte, bestellte mein Nachbar auf einmal ein ?Ganbare Tohoku? für uns. ?Kämpf Tohoku? – was sollte das sein? Wie sich herausstellte, handelte es sich um eine Art Teigtasche, welche den Slogan aufgebrannt hatte. Mit dieser Geste war der Herr aber noch nicht fertig. Seine Bestellung nicht antastend, gab er uns den Teller herüber und erklärte uns, wir sollen uns bedienen und alles einmal probieren. Ehe wir überhaupt ablehnen konnten, war unser Teller voll und mein Nachbar orderte noch ein Bier für uns. Es entspannte sich ein Gespräch, geführt über Umwege, da der Herr mich auf japanische Weise ansprach, aber Orsolya antwortete. Im Verlauf des Gesprächs stellte er fest, dass das Bier eine schlechte Entscheidung war und wir doch lieber Sake probieren sollten. Kurzerhand orderte er uns die teuerste Sake des Ladens zum Probieren und noch einmal Oden nach. Was blieb uns also übrig, als uns weiter mit ihm zu unterhalten. Er stellte sich als Yakuza vor, welches seine Frau gleich verneinte und auf den Bruder verwies, welcher gleichzeitig Besitzer des Ladens war und Koch am Tresen. Er bestand aber weiterhin auf Yakuza. Auch seine Frau taute nun langsam auf, unterhielt sich aber nur mit Orsolya, damit die Sitten gewahrt bleiben. Ein Mann muss sich mit dem Mann unterhalten und die Frauen untereinander, derartiges sieht die japanische Gesellschaft bis heute vor. Während wir nun immer weiter gemästet wurden, hatte ein Koch einen Geistesblitz und fragte, wie oft ich schon Gast gewesen sei. Er erinnere sich doch, ich war doch schon mal da und Vegalta-Fan. Das stimmte sogar, im März 2011 hatte ich den Laden schon einmal für 1 Stunde betreten. Ich hatte aber nicht damit gerechnet, dass ich so einen Eindruck hinterlasse. Kurzerhand holte er sein Handy raus und gab mit Fotos von Vegalta-Spielern an, welche den Laden schon einmal betreten hatten. Ein wenig neidisch war ich ja schon! Unter vielen Kommentaren des alten Yakuzas und vielen Entschuldigungen seiner Frau, denn er sei ja betrunken, verabschiedete sich unser Paar. dafür hatten wir fürstlich gespeist und nicht einmal zehn Euro für zwei Personen bezahlt. Dabei mussten wir sogar noch die zweite Flasche Sake abwenden, welche uns wohl den Rest gegeben hätte.