Schreiberduo S+R

Eines muss man meinen Mitstudenten lassen, sie sind kreativ. Egal ob Mangazeichenwettbewerbe, Papierbasteleien oder Musiksession, alles kommt in regelmäßigen Abständen bei uns im Büro vor. Wann immer es zu einer derartigen seltsamen Beschäftigung kommt, kann es natürlich nur einen geben, der immer dabei ist. Wer sollte das natürlich auch anderes sein, als der Standardverdächtige Shimizu.

Heute drehte sich der Tag mal wieder um seinen Deutschkurs, wofür ich schon einmal ein Gedicht schreiben durfte. Die Hauptaufgabe des Kurses stellt das wöchentliche Erstellen eines Tagebucheintrages dar. Dies könnte man absolut langweilig machen und einfach einen Tagebucheintrag schreiben. Nicht so aber mit Shimizu. Seitdem er herausgefunden hat, dass ich ihm schon irgendwie aus der Patsche helfe und der verantwortliche Professor auf extravagante Tagebucheinträge steht, scheint seine Fantasie keine Grenzen mehr zu kennen. Heutiges Thema seines Tagebucheintrages war aus diesem Grund das Werk „Tod in Venedig“ von Thomas Mann. Um genau zu sein, wollte er sogar eine Parodie darauf schaffen. Leider war es, wie es immer ist: Die Worte fehlten und das Werk war zu schwierig zu verstehen. Was also tun? Passenderweise kam ich gerade um die Ecke. Mir fiel nun, mit seiner Unterstützung, die Aufgabe zu, aus mehreren Absätzen des Werkes eine Parodie herzustellen, die seinen Tagesablauf darstellt. Es wäre natürlich gelacht, wenn ich das nicht hin bekommen hätte. Da ich mich aber an seine Entwürfe halten musste und auch wollte, wurde es doch schwerer als erwartet. Um den Stil zu halten, galt es bestimmte Wörter zu verwenden, die er noch nicht kannte. Dementsprechend brachte ich ihm gleich ein wenig Neues bei. Natürlich passten viele der von ihm vorher verwendeten Worte hinten und vorne nicht und einige Abschnitte mussten komplett neu erfunden werden. Alles in allem eine Beschäftigung, die uns mal locker zwei Stunden kostete. Trotzdem schafften wir es, das zweite Doppelwerk des Schreiberteams Shimizu/Reik auf Papier zu bringen. Ob es gut ist, liegt dann aber zum Glück nicht mehr in meinem Aufgabenbereich. Die Frage ist nur, wie ich den anderen glaubhaft versichern soll, dass ich Japanisch lerne, wenn sie mich immer nur mit Shimizu deutsche Texte schreiben sehen? Im Büro amüsiert man sich schon über unser Gespann. Besonders mein zweiter Advisor legt viel Wert darauf, den anderen immer wieder zu erklären, dass ich eigentlich Japanisch lernen will und nicht Deutschhausaufgaben erledigen soll. Aber was solls. Ich kann es eh nicht ändern und Spaß machen tut es ja auch irgendwie. Ich will aber nicht wissen, was noch so auf mich zu kommt, wenn Shimizu noch ein Jahr lang Zeit hat, sich neue Herangehensweisen auszudenken. So langsam sollte ich wirklich noch mal in die Deutschlehrbücher hereinschauen, um die Grundlagen für Poesie und andere Dinge zu wiederholen.

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