Mhh eines ist auf jeden Fall klar, sobald ich aus Japan wieder da bin, benötige ich erst einmal eine Entzuckerung. Valentinstag hat immer noch seine Spuren hinterlassen. Das ganze Büro ist überfüllt mit Schokolade und ich habe meine Mitstudenten zu gut erzogen, indem ich ihnen gezeigt habe, wie man jedem noch so unwilligen Schokolade andreht. Genau dieses Verfahren haben sie heute gegen mich angewendet, so dass ich viel zu viel und viel zu süße Schokolade zu mir genommen habe. Merke, lass die Schüler nie besser als der Lehrmeister werden. Viel schlimmer ist aber eigentlich, dass die Problematik Valentinstag damit noch nicht überstanden zu sein scheint. Mein täglicher Supermarktbesuch hinterließ heute tiefe Spuren. Meine Hoffnung war, dass die Valentinsdeko, die uns nun immerhin schon knapp einen Monat verfolgte, jetzt endlich entfernt werden würde. Aber da habe ich mich offensichtlich geirrt. Die schwarze Schokolade verschwindet zwar aus den Regalen, aber weiße nimmt ihren Platz ein. Bekanntlich müssen die Männer sich ja bei den wichtigsten Schenkerinnen revanchieren und was wäre da einfacher, als die Schokolade direkt nach dem Valentinstag zu besorgen, wo die Erinnerung an die Geschenke noch frisch ist. Gab es also den letzten Monat den Valentinstag-Overkill, so machen wir jetzt geschlossen mit dem White Day weiter.
Aber nicht nur die Schokolade verfolgte mich heute. Die Wenigsten werden sich noch an mein Treffen mit der Deutsch-Japanischen Gesellschaft erinnern. Letzten Herbst war ich auf einem internationalen Fest und habe sogar etwas echtes Brot bekommen. Damals versprach ich der Leiterin der Gesellschaft, mal bei ihnen vorbei zu schauen, leider habe ich das zeitlich nicht geschafft. Jetzt, fünf Monate später, scheine ich es zu schaffen meine Verfehlung zu bereinigen. Traditionell leidet die Gesellschaft unter einem starken Problem. Ihnen fehlt die Verbindung der Deutschen mit den Japanern. Zwar leben etwa 25 bis 30 Deutsche in Sendai, aber zu Veranstaltungen der Gesellschaft tauchen sie nicht all zu oft auf. Das Gleiche gilt für die deutschen Studenten, die in der Mehrheit noch nie etwas von der Gesellschaft gehört haben. Bleiben also noch deutschlernwillige Japaner, die bei der Gesellschaft die Sprache erlernen. Diese haben aber meistens nur Kontakt mit den japanischen Mitgliedern der Gesellschaft. Thilo, einer der Deutschen, die wir am letzten Freitag auf der Fähre von Sapporo getroffen haben, arbeitet nun für diese Gesellschaft und möchte das ändern. Leichter gesagt als getan, gibt es doch eine natürliche Scheu der Japaner vor Ausländern. Aus diesem Grund möchte Thilo einen Spieleabend zwischen beiden Parteien ins Leben rufen und hat dafür sogar Grünkohl organisiert. Nun gibt es nur ein kleines Problem: Woher Deutsche nehmen die willig sind, sich an solchen Veranstaltungen zu beteiligen? Ein Gutes, dass er jetzt mich kennt. Ich fungiere jetzt als Bindemitglied zwischen beiden Seiten. Meinem kurzfristigen Aufruf, gekoppelt mit dem Versprechen von kostenlosen Mahlzeiten, würden über zwanzig Deutschsprachige folgen, so dass wir mittlerweile schon aussortieren müssten. Mal schauen, was das wird, aber auf jeden Fall muss ich am Samstag dort jetzt auftauchen. Schade eigentlich, dass ich Grünkohl nicht leiden kann. Eventuell lohnt es sich aber trotzdem noch. Die Chefin der Gesellschaft hat wohl einen sehr wichtigen Sohn. Wie sich herausgestellt hat, ist er Anwalt und weil er sich verändern wollte, ist er nun Übersetzer geworden. Durch pures Glück setzte er diese Entscheidung zur richtigen Zeit um, so dass er jetzt Übersetzer des berühmtesten deutschen Japaners ist – Dortmunds Kagawa. Eventuell fliegt ja noch irgendwo ein Autogramm herum, dass ich irgendwie bekommen kann. Auf jeden Fall haben wir heute aus diesem Grund aber einige Überlegungen angestellt, wie man die Gesellschaft näher mit den deutschen in Sendai verbinden kann und Thilo wird die Vorschläge bei Gelegenheit wohl mal bei den Chefs der Gesellschaft anbringen. Eventuell können wir das System ja zum Besseren ändern.
Nebenbei haben mein Betreuer und ich eine neue Absatzquelle gefunden. Mein Betreuer kennt einige Verlage, die eventuelle Arbeiten von mir in Japanisch veröffentlichen würden. Falls ich also jemals über Japan eine echte Arbeit schreibe, muss ich sie übersetzen und er kümmert sich um die Veröffentlichung. Ich weiß auch schon die richtige Person für die Übersetzung. Jetzt muss meine Masterarbeit nur noch geschrieben werden und dann steht das erste Buch von mir in der Übersetzung durch Shimizu S. im Buchregal hier in Japan. Das hätte doch etwas.