Zuckerüberschuss

Mhh eines ist auf jeden Fall klar, sobald ich aus Japan wieder da bin, benötige ich erst einmal eine Entzuckerung. Valentinstag hat immer noch seine Spuren hinterlassen. Das ganze Büro ist überfüllt mit Schokolade und ich habe meine Mitstudenten zu gut erzogen, indem ich ihnen gezeigt habe, wie man jedem noch so unwilligen Schokolade andreht. Genau dieses Verfahren haben sie heute gegen mich angewendet, so dass ich viel zu viel und viel zu süße Schokolade zu mir genommen habe. Merke, lass die Schüler nie besser als der Lehrmeister werden. Viel schlimmer ist aber eigentlich, dass die Problematik Valentinstag damit noch nicht überstanden zu sein scheint. Mein täglicher Supermarktbesuch hinterließ heute tiefe Spuren. Meine Hoffnung war, dass die Valentinsdeko, die uns nun immerhin schon knapp einen Monat verfolgte, jetzt endlich entfernt werden würde. Aber da habe ich mich offensichtlich geirrt. Die schwarze Schokolade verschwindet zwar aus den Regalen, aber weiße nimmt ihren Platz ein. Bekanntlich müssen die Männer sich ja bei den wichtigsten Schenkerinnen revanchieren und was wäre da einfacher, als die Schokolade direkt nach dem Valentinstag zu besorgen, wo die Erinnerung an die Geschenke noch frisch ist. Gab es also den letzten Monat den Valentinstag-Overkill, so machen wir jetzt geschlossen mit dem White Day weiter.

Aber nicht nur die Schokolade verfolgte mich heute. Die Wenigsten werden sich noch an mein Treffen mit der Deutsch-Japanischen Gesellschaft erinnern. Letzten Herbst war ich auf einem internationalen Fest und habe sogar etwas echtes Brot bekommen. Damals versprach ich der Leiterin der Gesellschaft, mal bei ihnen vorbei zu schauen, leider habe ich das zeitlich nicht geschafft. Jetzt, fünf Monate später, scheine ich es zu schaffen meine Verfehlung zu bereinigen. Traditionell leidet die Gesellschaft unter einem starken Problem. Ihnen fehlt die Verbindung der Deutschen mit den Japanern. Zwar leben etwa 25 bis 30 Deutsche in Sendai, aber zu Veranstaltungen der Gesellschaft tauchen sie nicht all zu oft auf. Das Gleiche gilt für die deutschen Studenten, die in der Mehrheit noch nie etwas von der Gesellschaft gehört haben. Bleiben also noch deutschlernwillige Japaner, die bei der Gesellschaft die Sprache erlernen. Diese haben aber meistens nur Kontakt mit den japanischen Mitgliedern der Gesellschaft. Thilo, einer der Deutschen, die wir am letzten Freitag auf der Fähre von Sapporo getroffen haben, arbeitet nun für diese Gesellschaft und möchte das ändern. Leichter gesagt als getan, gibt es doch eine natürliche Scheu der Japaner vor Ausländern. Aus diesem Grund möchte Thilo einen Spieleabend zwischen beiden Parteien ins Leben rufen und hat dafür sogar Grünkohl organisiert. Nun gibt es nur ein kleines Problem: Woher Deutsche nehmen die willig sind, sich an solchen Veranstaltungen zu beteiligen? Ein Gutes, dass er jetzt mich kennt. Ich fungiere jetzt als Bindemitglied zwischen beiden Seiten. Meinem kurzfristigen Aufruf, gekoppelt mit dem Versprechen von kostenlosen Mahlzeiten, würden über zwanzig Deutschsprachige folgen, so dass wir mittlerweile schon aussortieren müssten. Mal schauen, was das wird, aber auf jeden Fall muss ich am Samstag dort jetzt auftauchen. Schade eigentlich, dass ich Grünkohl nicht leiden kann. Eventuell lohnt es sich aber trotzdem noch. Die Chefin der Gesellschaft hat wohl einen sehr wichtigen Sohn. Wie sich herausgestellt hat, ist er Anwalt und weil er sich verändern wollte, ist er nun Übersetzer geworden. Durch pures Glück setzte er diese Entscheidung zur richtigen Zeit um, so dass er jetzt Übersetzer des berühmtesten deutschen Japaners ist – Dortmunds Kagawa. Eventuell fliegt ja noch irgendwo ein Autogramm herum, dass ich irgendwie bekommen kann. Auf jeden Fall haben wir heute aus diesem Grund aber einige Überlegungen angestellt, wie man die Gesellschaft näher mit den deutschen in Sendai verbinden kann und Thilo wird die Vorschläge bei Gelegenheit wohl mal bei den Chefs der Gesellschaft anbringen. Eventuell können wir das System ja zum Besseren ändern.

Nebenbei haben mein Betreuer und ich eine neue Absatzquelle gefunden. Mein Betreuer kennt einige Verlage, die eventuelle Arbeiten von mir in Japanisch veröffentlichen würden. Falls ich also jemals über Japan eine echte Arbeit schreibe, muss ich sie übersetzen und er kümmert sich um die Veröffentlichung. Ich weiß auch schon die richtige Person für die Übersetzung. Jetzt muss meine Masterarbeit nur noch geschrieben werden und dann steht das erste Buch von mir in der Übersetzung durch Shimizu S. im Buchregal hier in Japan. Das hätte doch etwas.

Valentinstag

Valentinstag, der Tag der Verliebten. Eindeutig also ein Tag, der mich in meiner momentanen Lage nicht wirklich interessieren muss, oder? Nein, falsch, ich befinde mich schließlich in Japan und hier ticken die Uhren ein wenig anders als im Rest der Welt. Valentinstag ist einer der wichtigsten Feiertage Japans. Eigentlich wurde er erst in den sechziger Jahren aus Amerika importiert, avanciert aber heute von der Bedeutung auf einer Höhe mit Weihnachten. Dies liegt nicht alleine daran, dass es einer der wenigen Tage im Jahr ist, wo man sich gegenseitig beschenken kann. Wobei, das gegenseitig beschenken ist auch so eine Sache. Die Schokoladenindustrie hat es geschickt verstanden, das Maximum aus dem Tag herauszuholen.

In Deutschland schenken sich die Verliebten bekanntlich Schokolade beziehungsweise Blumen und der Tag ist erledigt. Wirtschaftlich gesehen ist der Hauptgewinner der Blumenhandel, da diese romantischer sind, als Schokolade. Hierzulande ist das Verschenken von Blumen verpöhnt und der Hauptgewinner ist eindeutig die Schokoladenindustrie. Gerüchteweise macht diese am 14. Februar und 14. März in etwa 20 Prozent ihres Jahresumsatzes an Schokoladenverkäufen. 14. März? Richtig gelesen! In Japan ist der Valentinstag zweigeteilt. Heute fand nur die weibliche Seite des Valentinstages statt. Anstelle des Geliebten wird hierzulande am 14. Februar allen wichtigen Personen Schokolade geschenkt. Dem Vorgesetzten genauso wie den Mitarbeitern, Freunden und natürlich den Geliebten. Dabei gibt es zwei Arten von Schokolade. Die einfache Verpflichtungsschokolade, die zwischen zwei und fünf Euro liegt und die meist zwischen zehn und zwanzig Euro liegende echte Valentinsschokolade. Einfach so verschenken kann man die Schokolade natürlich auch nicht, also wird sie noch einmal extra schön in rosa verpackt. Je rosaner die Verpackung dabei ist, desto wichtiger ist die beschenkte Person oder desto verliebter ist man.

Bis zu diesem Punkt hört sich der Valentinstag noch ziemlich ungerecht an. Die Frauen müssen schenken und die Männer brauchen nichts zu machen. Aus diesem Grund gibt es noch den 14. März, den White Day. An diesem müssen sich die Männer mit weißer Schokolade revanchieren. Dabei müssen sie aber nur die wichtigsten Beschenkerinnen des Valentinstages zurück beschenken. Nur ist dabei aber ein ziemlich ungenauer Ausdruck. Gleichzeitig ist gefordert, dass das Geschenk in etwa dem Wert des Valentinstagsgeschenkes entspricht, sonst bekommt man im nächsten Jahr mit hoher Wahrscheinlichkeit nur Verpflichtungsschokolade geschenkt. Noch einen Schritt weiter gehen übrigens die Koreaner, für alle die das japanische Brauchtum seltsam finden. Die Koreaner haben noch am 14. April einen dritten Feiertag, an dem alle Koreaner, die an White Day oder am Valentinstag keine Schokolade bekommen haben, traditionelle schwarze Soba essen.

Die beste Liebesschokolade stellt natürlich selbstgemachte Schokolade dar. Welche Ausmaße das selber Herstellen von Schokolade annimmt, sieht man an einem Erlebnis meinerseits gestern Nacht. Mir waren die Getränke ausgegangen, so dass ich um drei Uhr morgens noch einmal schnell in den Supermarkt gefahren bin (Erwähnte ich schon, dass ich Japan für so etwas liebe?). Um diese Uhrzeit war es überall ruhig, aber im Supermarkt herrschte noch rege Betriebsamkeit mit acht Japanerinnen, die mit Kochrezepten den Laden unsicher machten, um die letzten Zutaten für ihre Schokolade zu besorgen. Für Schokoladenfreunde ist der Tag aber auf alle Fälle ein absoluter Glücksfall. Im Büro häufte sich heute die Schokolade unserer weiblichen Mitstudentinnen. Teilweise wurde dabei wirklich die feinste Schokolade auf den Tisch gestellt, die ich mir vermutlich nie selber kaufen würde. Selber bekam ich zwei Sachen. Auf der einen Seite hatte Kanayo etwas Schokolade selber hergestellt und auf der anderen Seite hatte Rieko mir etwas besorgt. Besonders Riekos Geschenk war interessant. Wenn rosa Verliebtheit ausdrückt, was will sie mir dann mit dunkelblauem Geschenkpapier sagen? Nein, Scherz beiseite, die Schokolade ist auf jeden Fall von bester Qualität und ich bin immer noch begeistert, nach 24 Jahren meine erste Valentinsschokolade bekommen zu haben. Da ich aber ein emanzipierter Europäer bin und am White Day lieber schon wieder in Deutschland sein will, besorgte ich lieber auch ein wenig Süßes und gab etwas zurück. Das überraschte die Japanerinnen zwar ein wenig, sie freuten sich aber auch über die Gleichberechtigung. Am Abend gingen wir dann noch gemeinsam in ein Sushirestaurant und ich stellte wieder einmal fest, dass ich die letzten Wochen meines Aufenthaltes unbedingt noch die japanische Küche genießen muss, sie ist eindeutig eher als deutsche Küche nach meinem Geschmack. Ohne japanische Küche wird mir echt etwas fehlen und ich werde wohl Shimizu immer etwas schicken lassen. Das wird ein reger Austausch. Ich bekomme japanische Lebensmittel und er Lakritze, so sollte es auf alle Fälle klappen.

Zeitprobleme

Warum haben Amanda und die anderen Amerikaner ihre Tour nach Tokyo mit dem Fahrrad nur im letzten April gemacht? Dieses Jahr wäre es ein leichtes für mich, mit ihnen auf die Straße zu gehen und die 300 bis 400 Kilometer nach Tokyo zurückzulegen. Auf der anderen Seite hatten sie damals Mountainbikes, wodurch sie einen eindeutig unfairen Vorteil mir gegenüber hatten. Zur Unterstreichung dieser Theorie war ich heute auf einer kurzen Strecke von etwa 90 bis 95 Kilometern unterwegs. Eigentlich war gar nicht so viel geplant, da mein Rückweg aber nicht anders zu legen war, blieb mir nur diese Strecke übrig. Wirklich schlimm fand ich die Strecke auch gar nicht, mehr aber die Japaner. Man kann wirklich gut die Entfernung zum Bahnhof ablesen, auch wenn sie diese nicht genau nennen. Je geschockter der Gesichtsausdruck ist und je schneller einem ein „viel Erfolg“ auf den Weg mitgegeben wird, desto mehr Kilometer sind es noch bis zum Bahnhof.

Diese Tour hatte heute aber auch einen Nachteil, ich kam zu spät zum Essen mit Orsolya und den anderen. Anlässlich des Tages der Verliebten trafen wir uns einen Tag im voraus, um ein Schokoladenfondue zu machen. Es muss schließlich ausgenutzt werden, dass wir Schokolade momentan sehr günstig in den Supermärkten Sendais erstehen können. Es wurde ein lustiger Abend, auch wenn ich zwei Stunden zu spät da war. Bei Schokoladenfondue, Kuchen, Baguettes und anderen Köstlichkeiten konnte man gut entspannen und gleichzeitig die nächsten vier Wochen planen. Offensichtlich fahren wir in zwei Wochen gemeinsam nach Tokyo, wobei ich vorher einen Abstecher nach Nikko machen werde, zu einem Tempel, den ich schon lange einmal sehen wollte. Gemeinsam erkunden wir dann Tokyo, übernachten dort eine Nacht und am nächsten Tag geht es abends nach Sendai zurück. Bei dieser Planung gibt es nur ein Problem, was ich vorher nicht eingeplant hatte. Eine alte Bekannte schickte mir heute eine Mail. Sie ist in der Stadtverwaltung von Yamagata angestellt und spricht sehr gutes Deutsch, da sie einen Chemnitzer als Freund hatte. Gut Sachse und gutes Deutsch, das wiederspricht sich von Natur aus, aber in ihrem Fall hat es funktioniert. Auf jeden Fall berichtete sie mir von einer WM, die von ihrer Stadt veranstaltet wird – die Schneeschipp-WM. In Teams von zwei bis sechs Personen wird bei dieser angetreten, um am schnellsten ein tiefes Loch in den Schnee zu graben, bis man den Erdboden findet. Der Sieger bekommt eine goldene Schaufel und andere Preise und zum Aufwärmen geht es im Anschluss daran dann zu einem Onsenbesuch. Die Videos, die sie dazu geschickt hat, sind sehr lustig und ich wäre ja fast versucht daran teilzunehmen, wenn ich nicht genau so gerne noch einmal Nikko sehen würde. Leider ist Nikko aber nur an Wochenenden möglich, weshalb ein Verlegen aus Zeitgründen so ziemlich unmöglich ist. Die Frage ist, wie ich am besten vorgehe? Wer kam noch einmal auf die glorreiche Idee, viel zu früh (am 10.03.) das Land zu verlassen? Wobei, zu meiner Ehrenrettung muss ich sagen, dass ich mich überhaupt nicht entschieden hätte und vermutlich noch ewig hier geblieben wäre, wenn Etihad nicht den Termin vorgeschlagen hätte. Da meine Wohnung am 15. aber eh nicht mehr zur Verfügung gestanden hätte, blieb mir so oder so nicht mehr so viel Spielraum. Trotzdem ärgerlich, dass die Leute jetzt auf einmal alle mit ihren Ideen kommen. Im Endeffekt werde ich über beide Möglichkeiten schlafen und dann schauen, wie ich mich entscheide. So oder so, beides dürfte sich lohnen. Nikko soll wunderschön sein und Tokyo mit den Anderen sollte auch lustig werden. Aber wer kann schon von sich behaupten, Schneeschippweltmeister zu sein? Wobei, dagegen spricht eindeutig, dass meine Eltern mich danach wohl immer zum Schneeschippen einsetzen würden, solche Ideen darf ich also gar nicht unterstützen.

Urlaubserholung

Wer kennt das nicht? Es ist Urlaub und es wurde natürlich viel zu viel gegessen. Jedenfalls nach meinem Geschmack trifft diese Einschätzung auf den Urlaub in Sapporo ziemlich genau zu. Aus diesem Grund gibt es nur ein Mittel, um den Umständen entsprechend auf dieses Problem zu reagieren, ich machte eine Fahrradtour. Gut, wirklich groß anders zu meinem normalen Vorgehen ist das nicht. Besser als zuhause rumsitzen, wie das die anderen Sappororeisenden heute durchgehend betrieben haben, war die Tour aber auf alle Fälle. Sowieso ist die Abneigung der Japaner gegenüber längeren Fahrradtouren, oder noch viel schlimmer, längeren Spaziergängen nicht feierlich. Immer wieder berichten mir Japaner, wie schrecklich es doch das erste Mal in Europa für sie war, als ein Europäer sie fragte, ob sie denn spazieren gehen möchten und dieser Spaziergang im Anschluss dann auf einmal mehrere Stunden ging. Gelohnt hat sich die Tour auf alle Fälle jetzt schon. Sendai hat wirklich einige Straßen, deren Besichtigung sich wirklich lohnt und das Wetter war auch noch sehr mild. Spazieren gehen schön und gut, aber doch nicht länger als zwanzig Minuten! Kein Wunder also, dass Japanerinnen alle den lieben langen Tag Diät machen wollen, indem sie nichts essen. Sport ist Mord, ist hierzulande der Hauptslogan. Besonders problematisch ist diese Einstellung zur Nulldiät bei mir bekannten Japanerinnen. Wenn Rieko oder Yuka auf einmal kommen, sie müssen Diät machen, dann kann man sich nur an den Kopf fassen. Kein Gramm Fett an ihrem Körper, aber sie sind ja angeblich zu fett. Dazu fällt mir wirklich nur noch Thomas Frage ein, ob die Damen schon mal deutsche Frauen gesehen haben?

Beim Thema Thomas bin ich aber auch schon bei meiner heutigen Hauptbeschäftigung. Nachdem ich mich in meiner Lieblingsart aufgemacht hatte, um neue Straßen zu entdecken und dahin zu gehen, wo noch nie ein Ausländer zuvor gewesen ist, fand ich einige neue Gebiete und auch Geschäfte. Leider wird man als Ausländer aber automatisch immer angeschaut, als ob gerade ein Alien den Laden betreten hat. Auf fiese Blicke könnte ich ja gut verzichten, aber ich kann es ja nicht ändern. Als alter Valentinstagsmuffel war für mich aber vor allem erschreckend, wie ausgeprägt die Vorbereitungen auf dieses ?Fest? sind. Egal welcher Laden, alle haben schon Mitte Januar angefangen, für das Großereignis die Vorräte umzustellen. Aber heute war es extremst, besonders da vermutliche die gesamte Damenwelt Sendais in den Geschäften auf Schokoladensuche war. Mal schauen, was das am 14. wird. Aber ich gehe eh davon aus, dass ich später am 14. April in bester Koreanertradition den Black Day begehen kann. Da muss ich dann schwarze Soba essen, da ich keine Schokolade abbekommen habe. Eins muss man den Koreanern lassen, ihre Trauerfeiern haben mehr Stil, als die der Deutschen, die vermutlich Frustsaufen angestellt hätten.

Überwältigt und halb umgetrampelt von Heerscharen von Frauen, machte ich mich mit meinem Rad lieber wieder auf den Weg. Ich befand mich gerade am Hintern der Welt, als ich auf einmal eine Einladung erhielt. Besagte Yuka, deren Deutsch viel besser ist, als das aller Japaner der Germanistik in meinem Büro zusammen, ließ anfragen, ob ich Lust auf ein Treffen hätte. Kein Frage, für Treffen bin ich immer zu haben und ich spreche gerne mit ihr Deutsch, aber die Fahrt zum MafuMafu gestaltete sich schwieriger als gedacht. In absoluter Dunkelheit konnte ich froh sein, überhaupt das Ziel gefunden zu haben. Wirklich einfach war es aber nicht. So stand ich nun leicht verspätet im Cafe. Yuka erschien auch gleich und so stand einer gepflegten Konversation nichts mehr im Wege. Leider bin ich aber bekannt wie ein bunter Hund und so wurde ich auch andauernd in andere Gespräche eingebunden. Besonders interessant war aber ein Angebot von Thomas. Wenn ich nicht Japan verlassen würde, würde er mir einen Job im Cafe besorgen. Das auf andere Zugehen, wie er es perfektioniert hat, würde ich seiner Ansicht nach auch sehr gut hinbekommen und da er ja bald für einen besseren Job aufhört, hält er mich für einen mehr als geeigneten Nachfolger. Gut aber, dass ich mich bald in die Heimat aufmache, sonst hätte ich es wenigstens durchdacht. Mehr als Geldverdienen neben dem Studium wäre es aber eh nie geworden, dafür mag ich Geschichte viel zu sehr. Trotzdem ist es nett, solche Möglichkeiten an der Hand zu haben. Interessant waren aber auch die anderen Gäste des Lokals heute.

Japaner vertragen bekanntlich keinen Alkohol und nach ein bis zwei Bier waren sie dementsprechend auch gut aufgelegt. Dass es noch viel schlimmer gehen kann, zeigt besonders Kokubuncho, da man dort die ersten sich übergebenden Japaner schon ab 19 Uhr erleben kann. Auf jeden Fall waren die Japaner gut fertig und sangen auf einmal die verschiedenen ihnen bekannten Nationalhymnen. Viele waren das nicht, aber man hat ja noch Ausländer im Raum. Kurzerhand wurde bei uns gebettelt, zu singen. Es dürfte ja meine Abscheu gegenüber dem Singen bekannt sein, solange es keine Fußballlieder sind. Trotz allem ließen wir uns breitschlagen zu singen und so gab es ein Duett der deutschen Nationalhymne. Nur das ebenfalls geforderte Auferstanden aus Ruinen konnten wir beide nicht. Eine Schande eigentlich, aber wann brauchte man das schon mal? Die Japaner waren auf jeden Fall absolut von unseren Liedern begeistert und steigerten sich bei ihren Rezitationen immer mehr, um ihre Lieder möglichst originaler zu bekommen.

Live on Stage

Schifffahrten bedeuten kurze Nächte, ein Umstand der mir die Nutzung selbiger doch leicht verdirbt. Da wir dieses Mal etwas später an der Fähre angekommen waren, gab es für uns leider keinen 8-Personen-Raum, sondern wir mussten mit dem 60-Personen-Großschlafsaal vorlieb nehmen. An Schlaf war in diesem leider nicht wirklich zu denken, da es viel zu laut war. Insbesondere die mitreisende Judomannschaft einer Sendaier Schule entwickelte beim Schlafen einen Geräuschpegel, den noch nicht mal das Abholzen eines gesamten Waldes verursachen kann. Schlechter Schlaf hat aber auch so seine Vorteile, so blieb mehr Zeit, uns mit den Deutschen im Schlafsaal zu unterhalten. Dank dieser Gespräche sind Alex und ich jetzt eingeladen, falls wir mal in Tokyo übernachten müssen, bei zwei von ihnen abzusteigen. Wer weiß, ob man so etwas nicht einmal gebrauchen kann. Gar nicht zurecht mit dieser Lärmbelästigung kamen dagegen unsere weiblichen Begleitungen. Um 9 Uhr waren im gesamten Schlafsaal noch vier Leute am Schlafen, drei davon gehörten einer bestimmten Reisegruppe an. Immerhin erreichten wir aber Sendai halbwegs entspannt und der Preis der Überfahrt war noch o.k., weshalb sich die Schifffahrt auf alle Fälle eh schon gelohnt hatte.

Gegen Mittag war Sendai erreicht und der Alltag hatte uns wieder. Bevor ich mich aber ganz diesem ergeben wollte, hatte ich mit Shimizu noch etwas Spezielles vorbereitet. Shimizu ist großer Beatles Fan und als wir das Plakat einer Beatles Revivalband gesehen hatten war klar, dass wir sie mal sehen wollen. Heute wurde dieser Plan erst einmal in die Tat umgesetzt. Orsolya und David schlossen sich spontan diesem Plan an, so dass wir am frühen Abend in einer Kneipe saßen und der Band bei ihrem Liveauftritt zusahen. Sie waren wirklich o.k., nicht überragend und ihr Englisch hatte einen starken japanischen Dialekt, aber man konnte sie schon anschauen und unter dem gegebenen Umständen waren sie ziemlich gut. Zusätzlich zum normalen Auftritt der Band, konnte man aber sich auch noch Lieder wünschen. Da Shimizu und ich noch unsere Wunschvorstellungen hatten, füllten wir einen der Zettel aus und wünschten uns ein Lied. Zusätzlich konnte man Anmerkungen verfassen. Shimizu ermunterte mich, dies zu machen und so schrieb ich einen ermunternden Text. Schade eigentlich, dass sie kein Wort verstanden, da Shimizu meinte, ich solle doch in Deutsch schreiben. Ihr einziges Deutsch bezieht sich wohl auf ?Sie liebt dich yeah, yeah!? Der doch etwas extravagante Wunschzettel wurde aus diesem Grund auch in das Konzert mit eingebaut und ausgewertet. Damit hatten wir einen besonderen Status erreicht und wurden auch so öfter mal gefragt, wenn sie versuchten, das Publikum mit einzubeziehen. Allgemein ist japanisches Publikum aber sehr interessant. Egal ,ob bei dieser Sache oder Allgemein, Japaner gehen wirklich kaum mal wirklich mit. Da sitzen sie bei den meisten Rockkonzerten und applaudiert wird sowieso selten. Ich frage mich manchmal echt, wie die Japaner an ihre Zugaben kommen, weil fordern würde diese hierzulande niemand. Schon alleine das Applaudieren selber ist eine Sache, die ziemlich verpönt ist und selten und nur sehr zurückhaltend verwendet wird. Um so verwunderlicher also, dass im Fußballstadion hierzulande wirklich so etwas wie Stimmung entsteht, bei Konzerten erlebt man diese weniger.

Minderheiten in Japan

Wir fahren früher los als sonst, diese Worte sollten wirklich nur Menschen in den Mund nehmen, die auch wirklich früher aufstehen können. Meine Begleiter auf der Reise nach Hokkaido gehören auf jeden Fall nicht dazu. Aus diesem Grund musste ich mich heute früh wirklich anstrengen, sie auch wirklich wach zu bekommen. Notwendig wurde das frühere Aufstehen aufgrund des Endes unseres Trips nach Sapporo. Heute ging es also nach Hause. Bevor dies geschehen konnte, stand aber noch ein wichtiger Punkt auf der Liste der zu erledigenden Dinge.

Wie die Amerikaner die Indianer und die Deutschen die Bayern haben, haben die Japaner ebenfalls eine Minderheit in der Bevölkerung. Die Ureinwohner Japans sind bekanntlich nicht die Japaner selber, die über China erst den Weg auf das Inselreichs fanden, sondern es handelt sich eigentlich um die Bevölkerungsgruppe der Ainus. Wirkliche Unterschiede zwischen den Bevölkerungsgruppen kann man auf jeden Fall kaum feststellen. Dementsprechend verringert sich die Anzahl der wirklich reinen Ainus in Hokkaido immer mehr. Wenn sich das Aussehen der beiden Bevölkerungsgruppen schon nicht so stark unterscheidet, dann aber wenigstens die Kultur und Tradition. Aus diesen Gründen wollten wir auch unbedingt ein Museum über die Ainus besuchen. Leichter gesagt als getan, befanden sich die Museen doch alle weit abgeschieden. Dank Alex fiel unsere Entscheidung auf ein Museum in der Nähe des Fährhafens und wir machten uns per Zug auf den Weg. Der fragliche Ort war auch ziemlich klein, was ein Finden der Anlagen erleichtern sollte. Was wir nicht berechnet hatten war die Tatsache, dass wir Kanayo und Victoria die Karten und Führung überlassen hatten. Das sind zwei Frauen, die sich vermutlich sogar in ihrer Wohnung verlaufen würden. So kam es dann auch und plötzlich standen wir am Pazifik. Wir entschieden, das Ganze als gewollt darzustellen und uns den Strand etwas anzuschauen. Nachdem wir unsere weiblichen Navigationsgeräte ersetzten, fanden wir aber auch ziemlich schnell unsere eigentlichen Ziele.

Das Museum selber lag ziemlich günstig an einem riesigen, zugefrorenen See. Eigentlich schade, da der See im nicht gefrorenen Zustand noch besser aussieht. Zu Demonstrationszwecken gab es traditionelle Häuser und einige Tänze wurden aufgeführt. Dabei fiel uns wieder einmal auf, welche die wichtigste Sprache der Welt ist. Bei der Tanzveranstaltung wurden genau zwei Besuchergruppen in ihrer Heimatsprache begrüßt: die Japaner und die Deutschen. Später war auch noch eine der älteren Tänzerinnen ganz von den seltsamen großen Deutschen begeistert und verliebte sich sehr schnell in Alex Haar, was diesem sichtlich unrecht war. Der Besuch lohnte sich dank des Sees und Tanzes auf jeden Fall, auch wenn mir die Geschichtsabteilung doch etwas klein vorkam. Für ein Museum, was die Geschichte und Kultur der Ainus zeigen möchte, dürfte schon gerne etwas mehr kommen, als eine Beschreibung der traditionellen Arbeitsweisen.

Endlich konnte es im Anschluss zur Fähre gehen. Leider bekamen wir diesmal keinen alleinigen Raum, sondern nur den großen Gruppenraum. Kein Problem für uns, zur Frustbewältigung hatten wir ein Brotfest, mit echtem deutschen Brot, das wir gestern durch Zufall in einer deutschen Bäckerei gefunden hatten. Die Frauen konnten wir auf jeden Fall überzeugen und beim Essen stießen wir noch auf eine Gruppe von fünf Deutschen, mit denen wir uns eine ganze Weile unterhalten konnten. Die Überfahrt war trotz großem Gruppenschlafsaal also doch gerettet.

Ein Historiker im Paradies

Was stellt den größten Fehler dar, den man mit einem Historiker veranstalten kann? Diese Frage mussten sich meine werten Reisebegleiter auf unserer heutigen Tour etwas genauer durch den Kopf gehen lassen, als wir nach Intervention von mir in das historische Dorf, einer Ansammlung von etwa sechzig Nachbauten historischer Häuser aus der Zeit um die Jahrhundertwende 1900, reisten. Die Antwort ist natürlich ganz einfach: Den armen Historiker kurzzeitig alleine lassen, vor allem wenn er mit einer Kamera bewaffnet ist. Natürlich interessierten sich die anderen nicht so intensiv für das Museum wie ich das tat, so dass ich in kürzester Zeit von den anderen getrennt wurde, da ich jedes Haus besuchte, während die anderen weitergingen. Dieses Vorgehen stellte mich aber nicht vor irgendwelche Probleme, da ich so wenigstens etwas mehr Zeit hatte, um meine Dokumentation über das Museum zu vervollständigen. In bester Paparazziart ging ich vor und machte von allem, was sich bewegte, Bilder. Das Museum war aber auch sehr gut gemacht. Es war sehr interaktiv gestaltet und ermöglichte Einblicke in die Kultur Hokkaidos. Zusätzlich war das Personal auch noch sehr gut. Erst wurden wir in die Sakebrauerei gelotst und mussten selbstgemachte Sake probieren. Ein Teufelszeug, das viel zu süß war, aber immerhin hat der eingelegte Rettich den Geschmack neutralisiert. Unser Auftritt hinterließ aber soviel Eindruck, dass ein japanischer Mitarbeiter uns noch 15 Minuten begleitete und Kanayo die gesamte Zeit über das Museum aufklärte. Da dies alles zu langsam von Statten ging und mir auch zu wenig gezeigt wurde, ging ich verloren und suchte meinen Weg alleine. Dabei stieß ich auf einen anderen Mitarbeiter, der mich mit Tee versorgte und mit dem ich mich ein wenig auf Japanisch über das Museum austauschte. Nicht geführte Urlaube und Erkundungen sind eindeutig mehr mein Ding. Das Museum hat sich aber wirklich gelohnt und stellte das absolute Highlight des Tages dar.

Anschließend standen wir vor der Auswahl von zwei möglichen Zielen. Die Frauen setzten sich durch und es ging in eine Schokoladenfabrik. Die Fabrik ansich war sogar ganz ansehnlich, auch wenn mich die Schokoladenfabrikation eigentlich eher weniger interessiert, solange die Schokolade lecker ist. Das Gelände selber war aber wirklich nichts für mich. Wer Charlie und die Schokoladenfabrik schon mal als Trailer gesehen hat, kann sich das Gelände vorstellen. Alles wurde auf süß gestaltet und alles war kindergerecht bis vier Jahre. Als normal Sterblicher fühlte man sich auf jeden Fall falsch am Platz, wobei es den Jüngeren von uns schon zusagte. Die Älteren dagegen waren eher genervt. Einen Ausgleich sollte es für mich aber geben, der mich eigentlich alle anderen Probleme vergessen und die Führung überstehen ließ. Auf dem Nebengelände war das Trainingsgelände und das Vereinsmuseum von Consaldore Sapporo. Nach dem Überstehen des Kindergeländes stand ich vor der Tür des Museums und genau in diesem Moment wurden sie zugemacht. Ich hatte um 5 Minuten meine Chance auf Ausgleich verpasst. Kein Problem für mich, aber trotzdem ärgerlich. Ein echtes Vereinsmuseum wäre schon interessant gewesen!

Im Anschluss ging es noch einmal auf das Skulpturenfest und Sushi essen. Sushi lohnt sich hier besonders, da der Fisch sehr, sehr gut ist. Viel erschreckender war aber die Tatsache, dass wir bei der Restaurantsuche erst einmal noch auf ein paar Skandinavier aus Sendai getroffen sind. Es ist ja nicht so, dass die Stadt groß wäre oder so, da ist solch ein Zufall schon wieder ziemlich amüsant. Bei ihren Flirtversuchen wollten wir sie dann aber nicht zu sehr stören, schließlich sollten sie die letzten Tage hierzulande noch richtig nutzen.

Leuchtende Schneemänner

Gut, eine Stunde später aufstehen sorgt schon mal dafür, dass alle müden Krieger auch rechtzeitig auf der Matte stehen, um in die Schlacht zu ziehe. Das ist doch schon mal ein Anfang. Das heutige Ziel unserer Reise ?Spass und Spannung mit Ausländern in Hokkaido? war Otaru. Otaru ist eine kleinere Stadt, etwa 35 Minuten entfernt von Sapporo, weshalb es heute per Zug in diese Richtung ging. Die Stadt selber ist dabei noch nicht einmal wirklich besonders, einige hässliche Gebäude reihen sich an die nächsten. Trotzdem war es die Nummer eins Touristenattraktion Japans, die ich bisher besucht habe. Kein Wunder auch, denn es findet im Moment ein beleuchtetes Schneefigurenfest in der Stadt statt.

Wirklich, ich habe nichts gegen Chinesen, wie meine ganzen chinesischen Freunde wie Jie, Zhen und co. beweisen dürften, aber heute hätte ich einen echten Hass auf Chinesen entwickeln können. Sie waren wirklich überall in der Stadt, machten einige der Schneefiguren kaputt, drängelten, schubsten und sie schafften es auch noch, alle Wege zu den Attraktionen zu verstopfen. Bevor uns dieses Problem aber erst einmal treffen konnte galt es, überhaupt die Feststraße zu finden. Auf dem Weg durch die noch stärker als Sapporo verschneite Stadt fanden wir uns auf mit Schneelawinen bedeckten Fußwegen wieder und in Parks, wo maximal noch die Zäune zu sehen waren. Mir persönlich gefiel dieser Part auch viel besser, da man so wenigstens etwas sieht. Immer spielte aber auch die Angst mit, gleich Russisch sprechen zu müssen. Alle Werbeschilder waren auch in kyrillischen Buchstaben angefertigt, denn es finden sich in den anschließenden Hafenanlagen doch auch genug russische Schiffe ein.

Die eigentliche Hauptattraktion der Stadt ist aber eigentlich der Glashandel, so dass wir einigen Glasbläsern bei der Arbeit zuschauen konnten. Wirklich spannend war das Ganze aber leider nicht, da die ganzen groß angekündigten Museen eigentlich Shops mit kleinen Geschichtsabteilungen waren. Shoppen ist bekanntlich nicht meine Lieblingsbeschäftigung, aber bis abends zogen wir es durch. Abends dafür sah es dann wirklich beeindruckend aus. Auf zwei großen Straßen wurden Schneemänner mit kleinen Teelichtern beleuchtet. Ein imposantes Ereignis, wenn man es sah. Die Chinesen versuchten alles, um mein Leben zu erschweren. Da hatte jemand aber die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Ich schaffe es nicht umsonst, auch in den vollsten Fußballstadien der Welt meinen Weg auf leicht kritikwürdige Art und Weise zu bahnen und genau so ging ich irgendwann auch einfach nur noch vor. Etwas Besseres, um durch die Menschenmenge zu kommen, gab es aber nicht. Immerhin gab es so ein paar nette Fotos.

Endlich, nach all der Kälte, aber auch der schönen Erfahrungen, sollte es zurück gehen. Aufgrund einiger leichten Blessuren unserer Mitglieder, wurde das Ganze aber hinaus gezögert. Orsolya hatte Probleme mit dem Knie und einige andere waren auch nicht mehr ganz fit. Hoffentlich geht es ihnen morgen wieder besser, sonst müssen wir notgedrungen einen ruhigen Tag einlegen. Eigentlich wollte ich mit fünf gesunden Leuten nach Sendai zurück kommen und nicht nur auf dem Schiff als Krankenschwester missbraucht werden. Dafür hat der gestrige Tag schon gereicht. Da haben wir an einem Taxi jemandem geholfen, der medizinische Probleme hatte. Er war vom Sitz gefallen und der Taxifahrer war total überfordert. Kein Problem, icn bekam ihn hoch und wir erklärten dem Taxifahrer dann, doch bitte mit dem Mann ins Krankenhaus zu fahren. Etwas zerknirscht lies er sich erweichen. Ob der alte Mann im Krankenhaus angekommen ist oder nicht, wäre aber wirklich mal nett zu wissen.

Schneesturm in Sapporo

Sapporo ist für viele Dinge berühmt. Egal, ob das leckere Essen, die Natur um die Stadt oder die Sportvereine wie Consodole Sapporo und die Fighters, eines zeichnet die Stadt aber besonders aus, das Bier. Sapporo Bier ist eine der bekanntesten Marken Japans und auch eine der wenigen Marken, die man im Ausland auch einmal zu sehen bekommt. Wie kommt dieser Unterschied zu den anderen Biermarken Japans zustande? Ganz einfach, die Brauerei hatte die richtigen Lehrmeister, um genau zu sein die Bierbrauergemeinschaft aus Berlin. Deutsche Lehrmeister, das konnte ja nur gut werden und so ist es dann auch gekommen. Um das Jahr 1870 befand sich der Gründer der Sapporo Brauerei in Berlin und erlernte dort alle Grundlagen, um im Anschluss an seine Rückkehr, mit Hilfe einiger deutscher Maschinen seine eigene Brauerei zu gründen und den Gerstensaft nach Japan zu bringen. Aus diesem Grund ging es für uns heute Morgen direkt nach unserem Hotelwechsel erst einmal zu dieser Brauerei, um die Geschichte nachvollziehen zu können. Zugegeben, es lohnte sich sehr, wobei der freie Eintritt noch beeindruckender war, als das kleine Museum selber. Ein privates Museum umsonst betreten, dieser Umstand ist in Deutschland eher selten. Highlight wurde aber die brauereieigene Gaststätte. Wir besorgten ein Dreierpack der wichtigsten Biersorten der Brauerei und dazu noch Mischungen, wie das neu entstandene Schokoladenbier. Ein ekliges Gesöff nebenbei, wo man froh ist, dass dieses es noch nicht nach Deutschland geschafft hat. Zusammen testete unsere kleine Gruppe nun fachmännisch die verschiedenen Biersorten, nur um festzustellen, dass sie von Mal zu Mal schlechter wurden. Trotzdem bekamen wir die Gläser weg.

Im Anschluss ging es in einem Schneesturm zum nächsten Stadtteil weiter, wo uns ein weiterer Teil des Schneefestes erwarten sollte. Auf dem Weg dorthin blamierten wir aber noch mal alle Ausländer in Japan, indem wir unserem Alter entsprechend eine Schneeballschlacht starteten. Der Teil des Festivals, den wir diesmal aufsuchten, war aber mehr auf Kinder ausgerichtet, dafür aber mit sehr vielen Selbstmachaktionen versehen, die die Kleinen auch wirklich animierten. Nur der Schneesturm verhinderte natürlich, dass man die Möglichkeiten wirklich ausnutzen konnte. Also ging es so lange bis sich der Schnee beruhigte, erst einmal in ein Baseballstadion mit Dach, wo man sich an Lebensmittelständen dank der vielen Proben gut ernähren konnte. Anschließend nutzten die Kleinen in unserer Gruppe aber auch alle Möglichkeiten der Beschäftigung. Vom Rodeln, über das Schneeballwerfen und Basteln war alles vertreten. Besonders eine Sache hatte es uns aber angetan: Es gab die Möglichkeit, Schneemänner per Post zu verschicken. Ein Freund von uns konnte aufgrund von Klausuren leider nicht mit auf die Reise gehen, also schickten wir ihm einen Schneemann. Dazu wurde dieser in einer Styroporfassung geformt und darin verschickt. Die Packung konnte noch gestaltet werden, wobei uns Männer ein japanischer Mitarbeiter bemitleidete, wie wenig wir in diesem Prozess sagen durften. Mal schauen was er zu unserem ?Brief? so zu sagen hat. Wenn er den Schneemann nicht mit nach Schweden zurück nimmt, sind wir auf jeden Fall schwer beleidigt.

Anschließend ging es für uns zurück in die Stadt, um Curry, ein mittlerweile japanisches Leibgericht, zu essen. Besonders für Alex war das gut, da wir diesmal alle zusammen essen konnten. Anschließend ging es noch auf das Schneefest, wo sich unsere Wege trennten. Die meisten Damen gingen gemeinsam Eislaufen, während Alex, Laura und ich gemeinsam etwas Warmes suchten. Dabei machte Alex einen großen Fehler, er zeigte mir den Sapporo Fanshop auf dem Fest. Eigentlich wollte ich nur eine Anstecknadel besorgen, bis auf Hello Kitty-Versionen gab es aber keine. Man stelle sich solche Motive einmal in Deutschland vor, ein klarer Fall von „Vermarkter oder Präsidum raus“ (und am besten beides), hierzulande handelt es sich dagegen um einen legitimen Fanartikel, bei dem sogar männliche Fans zuschlagen. Mein Geschmack war es aber nicht, so entschieden wir, einmal aus Spaß im echten Fanshop zu schauen. Leider waren wir im falschen von drei Gebäuden, so dass eine Angestellte dieses Gebäudes uns aus dem fünften Stock bis auf die Straße begleitete, um uns das Richtige zu zeigen. Man stelle sich solch freundliches Personal mal in Deutschland vor. Nach einer langen Kaffeesession zum Aufwärmen, wo sich uns der Rest der Gruppe dann wieder anschloss, ging es zurück ins Hotel, da uns der ganze Schneesturm doch einiges an Kraft gekostet hatte.

Die Titanic ist heil angekommen

Wenn ich heute eines für mein Leben gelernt habe dann ist es, dass ich nie und nimmer in meinem Leben eine Kreuzfahrt absolvieren werde, da kann ich noch so alt werden. Nach 11 Stunden Überfahrt hat sich bei mir ziemlich schnell ein Lagerkoller eingenistet. Das würde ich nicht über mehrere Tage, geschweige denn Wochen überstehen. Wir lebten zwar nicht unbequem und es gab viele Annehmlichkeiten, trotzdem ist diese Art der Reise einfach nichts für mich. Die Fahrt selber verlief aber um Glück ziemlich ruhig, bis auf einige etwas unausgeruhte Studenten der Tohoku Universität am frühen Morgen. Wir verbrachten die Fahrt im bootseigenen Kino, beim Konzert und in der Spielhalle verteidigte ich meinen Driftkönig-Titel gegen die ewige Herausforderin Orsolya. Nur die Nacht selber hätte entspannter sein können, da die Matten ziemlich hart waren und bereits am frühen Morgen eine Durchsage kam, dass das Büfett für etwaige Interessierte eröffnet sei. Viel zu früh, insbesondere wenn man noch drei Stunden schlafen könnte. Das sollte sich am restlichen Tag stark rächen, da einige von uns deshalb tagsüber ziemlich durchhingen.

Um 11 Uhr war es dann aber endlich so weit, wir landeten und betraten um ersten Mal den Boden von Hokkaido. Viel davon hatten wir aber trotzdem noch nicht, da wir mittels Bus erst einmal Sapporo erreichen mussten und man im Bus fast gar nichts von der Insel sieht. Es bleibt zu hoffen, dass sich dieser Umstand in den nächsten Tagen noch ändert. Unser Hotel dagegen erwies sich als ziemlich luxuriös, dafür dass es das Billigere von beiden war. Trotzdem überforderten wir die Angestellten. Irgendwie verwechselten sie uns mit einer anderen Buchung und gaben uns ein Drei- und ein Zwei-Personen-Zimmer. Es bedurfte all unserer Überzeugungskräfte, um diesen Umstand zu erklären. Jetzt sitzen wir aber in ziemlich bequemen Zimmern, die wir auch gleich beziehen durften, was den Gepäcktransport vereinfachte. Nur Victoria musste sich für das Team opfern und mit Alex und mir ein Zimmer beziehen. Aber das wird sie überleben, da wir sie natürlich besonders gut behandeln.

Endlich konnte es losgehen, es galt die Stadt zu erobern, jedenfalls fast. Leider waren nicht alle gut vorbereitet auf die Überfahrt gegangen und die Mägen der Truppe meldeten sich. Kurzerhand ging es einmal quer durch die Stadt auf der Suche nach einem Hokkaido Ramenshop. Gar nicht so einfach, da die meisten, die wir auf einer Karte hatten, den Personen nicht genehm waren, so dass die Suche sich ziemlich langwierig erwies. Dazu kam, dass Alex Veganer ist und wir ihn nicht alleine nach Essen suchen lassen wollten. Da Hokkaido-Ramen sich nur durch eine andere Fleischsorte unterscheidet, gingen wir halt zusammen los und suchten etwas Essbares. Wir wurden schnell fündig und entdeckten dadurch trotzdem die Hokkaidoer Küche. Alles an Suppen wird hierzulande viel stärker gesalzen als im Rest Japans, so dass ich mir das extra Essen der Brühe sparen musste, da ich es wirklich nicht herunter bekommen hätte. Den anderen im Ramenrestaurant ging es aber genauso.

Durch diese Essensuche wurde es aber auch ziemlich spät, so dass wir nur noch ein wenig über das Skulpturenfest schlenderten. Es waren war nicht alle Skulpturen fertig, aber es sah schon ziemlich beeindruckend aus. Morgen müssen wir es uns aber noch einmal kurz im Sonnenlicht anschauen. Nur eines muss wirklich kritisiert werden, der deutsche Staat ist nicht mit einer Skulptur vertreten, aber mit einem Maibaum. Wofür benötigt man im Februar bitte einen bayrischen Maibaum? Immerhin gibt es etwas deutsches, aber eine Figur wäre besser gewesen. Für einen ersten Tag war der Tag auf jeden Fall sehr erfolgreich und er wurde auch mit sehr leckerem Essen abgeschlossen. Mal schauen wie es morgen so ablaufen wird, aber wir werden wohl mehr machen als heute.