Valentinstag, der Tag der Verliebten. Eindeutig also ein Tag, der mich in meiner momentanen Lage nicht wirklich interessieren muss, oder? Nein, falsch, ich befinde mich schließlich in Japan und hier ticken die Uhren ein wenig anders als im Rest der Welt. Valentinstag ist einer der wichtigsten Feiertage Japans. Eigentlich wurde er erst in den sechziger Jahren aus Amerika importiert, avanciert aber heute von der Bedeutung auf einer Höhe mit Weihnachten. Dies liegt nicht alleine daran, dass es einer der wenigen Tage im Jahr ist, wo man sich gegenseitig beschenken kann. Wobei, das gegenseitig beschenken ist auch so eine Sache. Die Schokoladenindustrie hat es geschickt verstanden, das Maximum aus dem Tag herauszuholen.
In Deutschland schenken sich die Verliebten bekanntlich Schokolade beziehungsweise Blumen und der Tag ist erledigt. Wirtschaftlich gesehen ist der Hauptgewinner der Blumenhandel, da diese romantischer sind, als Schokolade. Hierzulande ist das Verschenken von Blumen verpöhnt und der Hauptgewinner ist eindeutig die Schokoladenindustrie. Gerüchteweise macht diese am 14. Februar und 14. März in etwa 20 Prozent ihres Jahresumsatzes an Schokoladenverkäufen. 14. März? Richtig gelesen! In Japan ist der Valentinstag zweigeteilt. Heute fand nur die weibliche Seite des Valentinstages statt. Anstelle des Geliebten wird hierzulande am 14. Februar allen wichtigen Personen Schokolade geschenkt. Dem Vorgesetzten genauso wie den Mitarbeitern, Freunden und natürlich den Geliebten. Dabei gibt es zwei Arten von Schokolade. Die einfache Verpflichtungsschokolade, die zwischen zwei und fünf Euro liegt und die meist zwischen zehn und zwanzig Euro liegende echte Valentinsschokolade. Einfach so verschenken kann man die Schokolade natürlich auch nicht, also wird sie noch einmal extra schön in rosa verpackt. Je rosaner die Verpackung dabei ist, desto wichtiger ist die beschenkte Person oder desto verliebter ist man.
Bis zu diesem Punkt hört sich der Valentinstag noch ziemlich ungerecht an. Die Frauen müssen schenken und die Männer brauchen nichts zu machen. Aus diesem Grund gibt es noch den 14. März, den White Day. An diesem müssen sich die Männer mit weißer Schokolade revanchieren. Dabei müssen sie aber nur die wichtigsten Beschenkerinnen des Valentinstages zurück beschenken. Nur ist dabei aber ein ziemlich ungenauer Ausdruck. Gleichzeitig ist gefordert, dass das Geschenk in etwa dem Wert des Valentinstagsgeschenkes entspricht, sonst bekommt man im nächsten Jahr mit hoher Wahrscheinlichkeit nur Verpflichtungsschokolade geschenkt. Noch einen Schritt weiter gehen übrigens die Koreaner, für alle die das japanische Brauchtum seltsam finden. Die Koreaner haben noch am 14. April einen dritten Feiertag, an dem alle Koreaner, die an White Day oder am Valentinstag keine Schokolade bekommen haben, traditionelle schwarze Soba essen.
Die beste Liebesschokolade stellt natürlich selbstgemachte Schokolade dar. Welche Ausmaße das selber Herstellen von Schokolade annimmt, sieht man an einem Erlebnis meinerseits gestern Nacht. Mir waren die Getränke ausgegangen, so dass ich um drei Uhr morgens noch einmal schnell in den Supermarkt gefahren bin (Erwähnte ich schon, dass ich Japan für so etwas liebe?). Um diese Uhrzeit war es überall ruhig, aber im Supermarkt herrschte noch rege Betriebsamkeit mit acht Japanerinnen, die mit Kochrezepten den Laden unsicher machten, um die letzten Zutaten für ihre Schokolade zu besorgen. Für Schokoladenfreunde ist der Tag aber auf alle Fälle ein absoluter Glücksfall. Im Büro häufte sich heute die Schokolade unserer weiblichen Mitstudentinnen. Teilweise wurde dabei wirklich die feinste Schokolade auf den Tisch gestellt, die ich mir vermutlich nie selber kaufen würde. Selber bekam ich zwei Sachen. Auf der einen Seite hatte Kanayo etwas Schokolade selber hergestellt und auf der anderen Seite hatte Rieko mir etwas besorgt. Besonders Riekos Geschenk war interessant. Wenn rosa Verliebtheit ausdrückt, was will sie mir dann mit dunkelblauem Geschenkpapier sagen? Nein, Scherz beiseite, die Schokolade ist auf jeden Fall von bester Qualität und ich bin immer noch begeistert, nach 24 Jahren meine erste Valentinsschokolade bekommen zu haben. Da ich aber ein emanzipierter Europäer bin und am White Day lieber schon wieder in Deutschland sein will, besorgte ich lieber auch ein wenig Süßes und gab etwas zurück. Das überraschte die Japanerinnen zwar ein wenig, sie freuten sich aber auch über die Gleichberechtigung. Am Abend gingen wir dann noch gemeinsam in ein Sushirestaurant und ich stellte wieder einmal fest, dass ich die letzten Wochen meines Aufenthaltes unbedingt noch die japanische Küche genießen muss, sie ist eindeutig eher als deutsche Küche nach meinem Geschmack. Ohne japanische Küche wird mir echt etwas fehlen und ich werde wohl Shimizu immer etwas schicken lassen. Das wird ein reger Austausch. Ich bekomme japanische Lebensmittel und er Lakritze, so sollte es auf alle Fälle klappen.