Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte. Dieser Spruch ist wohl jedem meiner geneigten Leser hier bekannt. Was ich bis heute noch nicht wußte ist die Tatsache, dass dieser Spruch wohl aus Japan stammen muss. Aber der Reihe nach: Wie in jedem Land gibt es in diesem Wohnheim Studenten, die für ihre Wohneinheit Verantwortung übernehmen. Als Ausgleich bekommen sie dafür eine längere Wohnzeit zur Verfügung gestellt und müssen sich nur etwas um die neuen Studenten kümmern und bei der Ausrichtung der Wohnheimspartys mit zur Hand gehen. Kein Wunder also, dass dieser Posten sehr beliebt ist, da das Wohnheim im Vergleich zu richtigen Wohnungen um einiges billiger ist. Dieser Fakt ist aber auch in Göttingen zum Beispiel nicht anders, egal ob der Verantwortliche Haussprecher oder Advisor heißt. In Deutschland stellen sich Studenten zur Wahl und dann wird demokratisch abgestimmt, hier in Japan läuft das etwas anders ab. Es darf sich jeder Japaner und mit großen Ausnahmen auch noch ein Koreaner mit perfekten Japanischkenntnissen bewerben. Die alten Advisor machen daraufhin ein Casting und die besten Studenten werden genommen. So kann es aber auch zu dem Fall kommen, dass zwei Studenten aus einer Wohneinheit gewählt werden. Wie geht man in solchen Fällen nun vor? Eigentlich sollte man meinen, einer zieht den Kürzeren und wird in eine andere Wohneinheit gesteckt und der andere bleibt in seiner originalen Wohneinheit, da er alle Probleme innerhalb dieser schon kennt. Dieses Vorgehen wäre in Japan aber viel zu leicht, wie meine Mitbewohner Abe und Kim feststellen mussten. Es wäre ja ungerecht, wenn einer der Bewerber benachteiligt werden würde, kurzerhand werden beide aus der Wohneinheit entfernt. Dieses Vorgehen ist nur dann schlecht, wenn keine Wohneinheiten für Graduiertenstudenten, also mit eigener Dusche und Toilette, mehr zur Verfügung stehen. Kurzerhand müssen beide jetzt in Wohneinheiten des anderen Typus umziehen und sind natürlich dementsprechend unzufrieden. Riekos Antwort auf die Frage, wieso solch eine Entscheidung gefällt wurde und nicht wenigstens einer verbleiben durfte, war kurz und bündig: So ist es halt gerecht. Da kann man wirklich nur sagen: Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte.
Aber auch wer sich eine eigene Wohnung leisten will, hat es nicht viel einfacher, wenn ich meinen Bekannten glauben darf. Nicht nur, dass Vermieter- und Maklergebühren fällig werden, Ausländer werden im Allgemeinen verdächtigt, potentielle Mietnomaden zu sein, die bei ihrer Abreise verbrannte Erde hinterlassen. Kein Wunder also, dass kein Japaner gerne an Ausländer vermietet und vor der Vermietung sicherheitshalber Interviews mit den Bewerbern und vor allem mit deren Bürgen führt. Bürgen? Ja, in Japan bekommt nicht einfach irgendwer eine Wohnung, man braucht einen Bürgen, der im Notfall für Reparaturen oder Mietzahlungen einspringen kann. Bei Studenten sind das zumeist die Betreuer, aber sobald man nicht mehr studiert, kann das richtig problematisch sein. Ich kenne Fälle, wo Ausländer seit ewigen Zeiten in Japan leben und viele sehr enge Freunde haben, aber keiner bereit ist, zu bürgen. So kann ein Zusammenziehen mit der Freundin schon manchmal sehr beschleunigt werden. WGs darf ein Ausländer so zum Beispiel auch nicht führen. Ein Kumpel wollte eine Dreier-WG mit zwei anderen Ausländern aufmachen. Das gestattete der Vermieter nicht, nur im Anschluss eine WG mit zwei Japanern und einem Kanadier zu gestatten. Man merkt, die Wohnungssuche hat es hier manchmal in sich.
Ich selber wollte heute in der Uni einiges mit meinen werten Kommilitonen abklären, aber wider Erwarten tauchte in der gesamten Zeit meiner Anwesenheit kein einziger von ihnen auf. Solch einen Fall hatte ich auch noch nicht. Als Ausgleich kam es auf einmal zu einer Invasion von fremden Studenten, die offensichtlich bei einer Vortragsreihe von Professor Morimoto waren und nun im Büro eine Party organisieren wollten. Kurzerhand hatte ich auch eine Scheibe Brot und etwas Aufstrich in der Hand. Deutsches Brot nebenbei, also sehr lecker. Trotzdem reichte es mir nach ewiger Vorstellungsorgie und einigen Verständnisproblemen dann doch, so dass ich lieber ging und bei Rieko im Büro um Asyl bat, was mir auch gönnerhafter Weise gewehrt wurde. So konnten die Studien weiter vorangehen, wenn auch in ungewohnter Umgebung. Aber immerhin, selbst da fanden mich meine Kommilitonen, so dass ich auch gleichzeitig wieder in die Resümeegeschichte eingebunden werden konnte. Wenn ich irgendwann nicht mehr da bin, werden die schon was vermissen, da bin ich mir sicher.