Hier spielt die Musik

Wieso muss die Post in diesem Land eigentlich jedem Klischee über sich gerecht werden? Gestern hatte Shimizu dankbarerweise für heute Vormittag einen Termin mit der Post vereinbart, bei dem mir meine reparierte Kamera wieder überreicht werden sollte. Zwischen 8 und 13 Uhr wollten sie dafür da sein. Wie nicht anders zu erwarten, klingelte es zwei Minuten nach 8 schon auf dem Haustelefon. Da ich dieses nicht schnell genug erreichen konnte, hatte ich Glück im Unglück. Als ich unten angekommen war, wollte der Lieferdienst schon wieder mit meinem Paket abfahren. Mit Mühe und Not konnte ich dieses Schicksal aber zum Glück noch einmal abwenden. Endlich habe ich wieder eine Kamera, es wurde auch Zeit. Alles funktioniert wieder. Das hoffentlich einmal meiner Pechsträhneim Hinblick auf sich selbst zerstörende Elektrogeräte in meinem Besitz entgegen. Über Pentax ansich als Serviceleister kann ich in diesem Zusammenhang auch nur lobend sprechen. Wenn man den Dokumenten glauben darf, haben sie fast alle Teile der Kamera durch neue ersetzt. O.k., wie die alle kaputt gewesen sein sollen, erschließt sich mir nicht wirklich. Ich gehe aber einfach mal davon aus, dass der Fehler anders nicht eingrenzbar gewesen sein wird. Auf jeden Fall habe ich dank Garantie jetzt eine fast 100 Prozent neue Kamera. Das heißt, ich habe es auch endlich wieder leichter, irgend welche Fotos zu machen.

Ansonsten habe ich heute den Tag im Büro verbracht. Besonders ein Buch über die Vorwehen des Zweiten Weltkrieges hielt mich dabei in Beschlag. Aus Erfahrungen mit Jie, einem alten Mitbewohner von mir, hatte ich ja schon eine grobe Idee, was Chinesen von den Japanern halten, aber dieses Werk schlug alle meine Erwartungen um Längen. Ich habe ein Buch einer chinesischen Autorin in die Hände gespielt bekommen, die die Ereignisse plastischer darstellen, als ich es zum Beispiel bis dato je in einem Buch über Deutschlands Taten gesehen habe. Gleichzeitig habe ich aber nie den Abscheu gegenüber einer anderen Nationalität dazu auch derartig stark herauslesen können. Es ist auf jeden Fall interessant, diese Buchmeinung mit dem Wissen der Japaner zu vergleichen und genau dies betrieb ich heute und versuchte, die goldene Mitte zwischen beiden Meinungen zu finden. Da Japan selbst heute aber noch nicht den besten Ruf bei seinen Nachbarländern errungen hat, ist es immer wieder interessant, mit Japanern und Asiaten aus den Nachbarländern über Geschichte zu sprechen, die Divergenz ist beeindruckend. Aber auch anderweitig beschäftigten wir uns im Büro vernünftig. Mein zweiter Betreuer fand eine alte Prinzen-CD eines ehemaligen Professors. Also nutzte ich die Gelegenheit, um eine der bekanntesten ostdeutschen Bands vorzustellen und sie kam auch wirklich gut an. Shimizu hat mittlerweile einen Ohrwurm und lag mir noch den gesamten Abend mit dem Prinzensong ?Tiere sind zum essen da? in den Ohren.

Abends wurde aber eines klar: Nur im Büro herumsitzen, schadet eindeutig der Konzentration. Ein wenig Luft kann nicht schaden. Kurzerhand entschied ich mich, einer meiner Lieblingsablenkungsmethoden zu folgen. Mit dem Rad ging es herunter in die Innenstadt und kurzerhand streifte ich durch die Einkaufsmeile. Gerade wenn alle Geschäfte geschlossen sind, blüht diese erst richtig auf. Anstelle von Geschäften finden sich alle Arten von Künstlern und Performern dort ein. Auch heute sollte ich Glück haben und eine ortsansässige Band nutzte die geschlossene Arkade als Hintergrund für ein Livepromokonzert. Zwar standen am Anfang nur Frauen um die Herren herum, mit der Zeit wurde es aber voller, da viele spontan verweilten, um der Musik zu folgen. Das ist der entscheidende Vorteil von Sendai. Wenn man etwas Abwechslung sucht, findet man sie sehr schnell und ein gutes Livekonzert hat schließlich auch noch niemandem geschadet.

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