Vom Kochen und schwarzen Humor

Der heutige Tag hat eines ganz eindeutig gezeigt: Japaner verstehen keinen schwarzen Humor. Schade eigentlich, denn so ganz unverbreitet ist dieser ja in Deutschland nun nicht. Als ich heute im Büro saß, bot ich der deutschen Professorin etwas Schokolade an. Die Frage, ob sie es annehmen kann oder nicht, denn es könnte ja vergiftet sein, überraschte mich nicht sonderlich, so dass ich das Spiel einfach mitspielte. Ein kleiner Schlagabtausch an Kommentaren in diese Richtung folgte und uns beiden war klar, dass das nur ein großer Spaß war. Nicht so aber bei den Japanern. Als die Professorin den Raum verlassen hatte, blieben nur fragende Gesichter zurück und ein armer Deutscher, der das eben Geschehene erst einmal in aller Ausführlichkeit erklären durfte. Wie aber erklärt man Leuten, die kaum Deutsch sprechen, bitte schwarzen Humor? Das war ein fast unlösbares Problem. Ich versuchte es trotzdem und ich glaube, sie haben es wenigstens etwas verstanden. Auf der positiven Seite wurde Riekos deutsche Zusammenfassung ihrer Masterarbeit sehr gelobt, offensichtlich haben wir nicht so extrem daneben gelegen. Was erwartet man aber auch, wenn ein wirklich alter Student, in die sechzig Jahre zählt er immerhin schon, auch ein 55 Seiten Resümee seiner Arbeit abgibt. Da die Flut der Abschlussarbeitsresümees der Bachelorstudenten mittlerweile aber im Büro einfliegt, bin ich momentan ein viel gefragter Mensch. Deutsch ist halt keine leichte Sprache, so dass meine Hilfe gerne mal in Anspruch genommen wird, was auch so öffentlich von den Professoren vorgeschlagen wird. Ich mache es aber auch wirklich gerne, so dass ich ihnen heue schon viel helfen konnte.

Helfen musste ich mir aber auch selber und nur Alex ist daran schuld. O.k., das hört sich vielleicht etwas hart an, aber für heute war ich mit Nobu, Rieko und ihm zum Essen verabredet, da Nobu noch nie Milchreis gegessen hatte und sich dieses Gericht nicht wirklich vorstellen konnte. Kurzerhand entschieden wir, es ihm zu zeigen und heute war der große Tag. Da gibt es nur ein kleines Problem: Alex ist Veganer und der Hauptbestandteil von Milchreis, neben Reis, ist nicht wirklich Vegan. Alternativen mussten also her. Gut, dass es Sojamilch gibt. Aber nur Sojamilch und Reis fand ich dann doch etwas dürftig, also suchte ich Vanillezucker. Natürlich blieb dieser Versuch aber nicht erfolgreich, außer dass einige Verkäufer beim Anblick eines Ausländers jetzt davon rennen, habe ich nichts erreichen können. Sie bemühten sich alle sehr, aber helfen konnten sie mir in fünf Läden nicht. Kurzerhand kaufte ich eine Vanilleschote und schmiss noch Schale von einer Zitrone in den Topf und der Milchreis stand. Passenderweise waren auch andere Gäste heute da, die zusammen mit Kim feierten. So viele misstrauische Blicke wie heute, habe ich bei einem Kochversuch noch nie bekommen. Kein Asiat konnte sich vorstellen, dass das schmecken soll. Wenn ich da an die Gruselgeschichten von seinen Milchreiserfahrungen in Deutschland denke, die er selbst heute noch zum Besten gibt, bin ich aber nicht wirklich verwundert. Wohlweislich, dass der Reis nicht allen schmecken muss, hatte ich kurzerhand auch noch alles für Kartoffelsalat besorgt. Kartoffelsalat, der nicht aussieht wie Kartoffelbrei, ist hierzulande auch ziemlich unbekannt, so dass wir da die nächsten Blicke hatten. Meinen Gästen schmeckte es aber auch sehr gut, auch wenn ich viel improvisieren musste. Kartoffelsalat in veganer Ausführung hatte ich bis dato schließlich auch noch nicht hergestellt. Anschließend gab es von meinen Japanern noch Süßigkeiten und wir schauten das Spiel der japanischen Nationalmannschaft. Meinen Japanern hat es auf alle Fälle sehr gut gefallen und bei meiner Abschiedsfeier, von der ich bis jetzt offiziell noch nicht mal etwas wusste (schließlich hatte ich nicht mal eine in Göttingen vor mittlerweile 10 Monaten geschafft) wollen sie mich gebührend verwöhnen. Wenn mein Japanisch mich nicht ganz verlassen hat, hat Nobu auch noch irgend etwas anderes vor, da lasse ich mich aber überraschen. Es ist schon fies, dass es hierzulande viele Verschwörungsmöglichkeiten gibt. Mit Deutsch sprechenden Leuten wird im Notfall auf Deutsch gewechselt und ist ein Asiat in der Sprache bewandert, reden wir einfach schneller. Dasselbe machen die Japaner natürlich auch im Japanischen, so dass ich nicht genau weiß, was mich erwartet. Aber mal schauen. Es heißt ja schließlich nicht umsonst, kommt Zeit, kommt Rat. Nachdem mich alle Gäste verlassen hatten, schaute ich mit den verbliebenen Japanern noch Fußball zu Ende. Die Japaner gewannen nach Elfmeterschießen gegen Südkorea. Südkorea spielte? Keine Frage, dass mein Koreaner auch nicht weit war. Beim Ausgleich in der 121. Minute hallte ein Aufschrei durch das Haus, als ob Nordkorea endlich besiegt wurde. Man könnte meinen, alle Koreaner haben genau in diesem Moment aufgeschrien. Trotzdem (und gerade für den Hausfrieden sehr wichtig) haben die Japaner gewonnen, auch wenn sie nur das Nötigste gegeben haben. Dadurch dürfte es am 29. im Finale spannend werden und meine Mitbewohner werden alle schauen.

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