Merke, in der Nähe von Japanern sollte man seine Worte sehr weise und vorsichtig wählen, sie nehmen sie sehr genau. Ein Rückblick auf die Jahresendfeier des Büros in der Mitte des Dezembers: In einer ruhigen Minute hatte ich mir Kazaoka geschnappt. Kazaoka ist ein älterer Japaner, der gerade von einem Ein-Jahres-Aufenthalt in Bonn in das schöne Sendai zurückgekehrt ist. Aus vorherigen Gesprächen mit ihm war mir bekannt, dass er ebenfalls ein Fußballfan ist. Mehr noch, sein Bruder hat in der Jugendmannschaft von Jubilo Iwata gespielt. Iwata, das ist gleichzeitig der Fußballverein, von dem ich als erstes etwas gehört habe, als ich mich Ende der Neunziger zum ersten Mal über japanischen Fußball informierte. Als Verein mit blau-weißem Logo und großen Erfolgen dank seiner Jugendarbeit, hatte ich mir als Ziel gesetzt, ihn wenigstens ein Mal zu schauen. Als Jubilo nun sein Gastspiel in Sendai gab war es endlich so weit. Aber einen Schal beziehungsweise den Handtuchersatz für Schals gab es zu diesem Zeitpunkt nicht zu erwerben. Kein Problem, ich habe ja Kazaoka. In der ruhigen Minute fragte ich ihn, ob er mir nicht eines der Handtücher und eine Anstecknadel besorgen kann. Kein Problem, über Neujahr war er in der Heimat und machte sich auf die Jagd. Erfolgreich war diese aber nicht. Nach Neujahr war der Fanshop noch geschlossen, so dass er mit einem normalen Laden vorlieb nehmen musste. Dort fand er etwas, wenn auch etwas anderes, als ich erwartet hatte. Zurück in der Gegenwart traf ich ihn heute endlich das erste Mal, seit dem Neujahr. Sofort als er mich sah, rannte er los und brachte mir meine Lieferung. Zwei Anstecknadeln, eine von Jubilo und eine von den S-Puls waren vorhanden. Dazu gab es noch einen echten Schal vom Erzrivalen Jubilos, den S-Puls. Ein Handtuch hat er nicht gefunden, also wurde es der Schal, der ein Geschenk für mich darstellte. Alles protestieren half nichts, wenn ein Japaner etwas schenken will, dann macht er es. Dadurch besitze ich nun einen sehr schönen Schal, der einfarbig schwarz und auf der anderen orange ist und sehr dezent den Vereinsnamen darauf stehen hat. Da so ein Schal hier in Japan wirklich teuer ist, werde ich morgen erst mal einen Austausch durchführen und Kazaoka im Ausgleich mit einem FCM-Fanartikel beschenken. Ob das ein Wimpel oder Schal wird, muss ich aber noch entscheiden.
Diese Situation ist aber typisch für Japan. Man muss sehr aufpassen, weil Japaner es auch mögen, teure Geschenke zu machen. Wenn jemand bei einem Essen zahlen möchte, kann einem gleich klar sein, dass das vom Aussucher gewählte Restaurant einen dementsprechend hohen Preis hat. Viel schlimmer wird es aber bei Geschenken. Nach einem Geschenk bekommt man mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Gegengeschenk im gleich hohen Wert zurück. Das fängt schon bei Schokolade an. Gebe ich zum Beispiel Nobu etwas deutsche Schokolade, habe ich am nächsten Tag mit hoher Wahrscheinlichkeit einen großen Haufen japanische Schokolade vor der Tür liegen. Das schöne ist, es gleicht sich alles aus. Auf der anderen Seite ist es natürlich sehr anstrengend, wenn man jemandem nur eine Freude machen möchte. Um es mit Thomas Worten zu meinem gewonnenen Fleisch noch einmal auszudrücken. ?Schenke das Fleisch einer Frau. Entweder sie heiratet dich, oder sie schläft wenigstens mit dir.? So unrealistisch, wie sich dieser Spruch anhört, ist er aber wirklich nicht.
Auf der anderen Seite haben wir Zuwachs im Büro bekommen. Für zwei Wochen ist ein Gastprofessor in Sendai, der den Studenten über andere Fachthemen berichten wird. Der Herr ist ein alter Bonnveteran und kann nach seinem zweijährigen Deutschlandaufenthalt besser Deutsch, als alle Professoren der Fakultät zusammen. Wie er das Herz der restlichen Studenten erreichen kann, hat er auch raus, was seine Art sehr interessant macht. Um das Eis mit den Studenten zu brechen, denen er etwas über klassische Musik berichten wollte, holte er kurzerhand seinen iPod mit Klaviersoftware heraus und lies eine Studentin kurz etwas vorspielen. Innerhalb weniger Minuten war dadurch das Eis gebrochen. Auch in anderen Gesprächen schaffte er es in wenigen Minuten, näher an die Studenten zu gelangen, als es vermutlich den meisten Professoren der Fakultät in mehreren Jahren gelingt. Es ist auf jeden Fall sehr interessant, sich mit ihm zu unterhalten, besonders da er auch Göttingen kennt. Da er aber auch in Japan sehr viel herumgereist ist, konnte er mir auch gleich noch Tipps über Sapporo geben. Die Reise haben wir schließlich heute auch bezahlt. Man glaubt gar nicht, was es für ein komisches Gefühl es ist, mit 2.200 Euro herumzureisen, die nicht alleine mir gehören. Um so erleichterter war ich, es wenigstens abgeben zu können. Eigentlich hätte ich gerne per Karte gezahlt, das Reisebüro in Japan nimmt aber keine. Dementsprechend waren wir nicht die einzigen Leute, die heute in bar bezahlten und in der kurzen Zeit in der wir zahlten, gingen grob geschätzt 12.000 Euro über den Tisch. Man stelle sich solche ein Vorgehen mal in Deutschland vor. Auf jeden Fall bleibt jetzt nur noch, auf gutes Wetter zu hoffen und dann auf Hokkaido unseren Spaß zu haben. Ich bin gespannt!