Urlaubserholung

Wer kennt das nicht? Es ist Urlaub und es wurde natürlich viel zu viel gegessen. Jedenfalls nach meinem Geschmack trifft diese Einschätzung auf den Urlaub in Sapporo ziemlich genau zu. Aus diesem Grund gibt es nur ein Mittel, um den Umständen entsprechend auf dieses Problem zu reagieren, ich machte eine Fahrradtour. Gut, wirklich groß anders zu meinem normalen Vorgehen ist das nicht. Besser als zuhause rumsitzen, wie das die anderen Sappororeisenden heute durchgehend betrieben haben, war die Tour aber auf alle Fälle. Sowieso ist die Abneigung der Japaner gegenüber längeren Fahrradtouren, oder noch viel schlimmer, längeren Spaziergängen nicht feierlich. Immer wieder berichten mir Japaner, wie schrecklich es doch das erste Mal in Europa für sie war, als ein Europäer sie fragte, ob sie denn spazieren gehen möchten und dieser Spaziergang im Anschluss dann auf einmal mehrere Stunden ging. Gelohnt hat sich die Tour auf alle Fälle jetzt schon. Sendai hat wirklich einige Straßen, deren Besichtigung sich wirklich lohnt und das Wetter war auch noch sehr mild. Spazieren gehen schön und gut, aber doch nicht länger als zwanzig Minuten! Kein Wunder also, dass Japanerinnen alle den lieben langen Tag Diät machen wollen, indem sie nichts essen. Sport ist Mord, ist hierzulande der Hauptslogan. Besonders problematisch ist diese Einstellung zur Nulldiät bei mir bekannten Japanerinnen. Wenn Rieko oder Yuka auf einmal kommen, sie müssen Diät machen, dann kann man sich nur an den Kopf fassen. Kein Gramm Fett an ihrem Körper, aber sie sind ja angeblich zu fett. Dazu fällt mir wirklich nur noch Thomas Frage ein, ob die Damen schon mal deutsche Frauen gesehen haben?

Beim Thema Thomas bin ich aber auch schon bei meiner heutigen Hauptbeschäftigung. Nachdem ich mich in meiner Lieblingsart aufgemacht hatte, um neue Straßen zu entdecken und dahin zu gehen, wo noch nie ein Ausländer zuvor gewesen ist, fand ich einige neue Gebiete und auch Geschäfte. Leider wird man als Ausländer aber automatisch immer angeschaut, als ob gerade ein Alien den Laden betreten hat. Auf fiese Blicke könnte ich ja gut verzichten, aber ich kann es ja nicht ändern. Als alter Valentinstagsmuffel war für mich aber vor allem erschreckend, wie ausgeprägt die Vorbereitungen auf dieses ?Fest? sind. Egal welcher Laden, alle haben schon Mitte Januar angefangen, für das Großereignis die Vorräte umzustellen. Aber heute war es extremst, besonders da vermutliche die gesamte Damenwelt Sendais in den Geschäften auf Schokoladensuche war. Mal schauen, was das am 14. wird. Aber ich gehe eh davon aus, dass ich später am 14. April in bester Koreanertradition den Black Day begehen kann. Da muss ich dann schwarze Soba essen, da ich keine Schokolade abbekommen habe. Eins muss man den Koreanern lassen, ihre Trauerfeiern haben mehr Stil, als die der Deutschen, die vermutlich Frustsaufen angestellt hätten.

Überwältigt und halb umgetrampelt von Heerscharen von Frauen, machte ich mich mit meinem Rad lieber wieder auf den Weg. Ich befand mich gerade am Hintern der Welt, als ich auf einmal eine Einladung erhielt. Besagte Yuka, deren Deutsch viel besser ist, als das aller Japaner der Germanistik in meinem Büro zusammen, ließ anfragen, ob ich Lust auf ein Treffen hätte. Kein Frage, für Treffen bin ich immer zu haben und ich spreche gerne mit ihr Deutsch, aber die Fahrt zum MafuMafu gestaltete sich schwieriger als gedacht. In absoluter Dunkelheit konnte ich froh sein, überhaupt das Ziel gefunden zu haben. Wirklich einfach war es aber nicht. So stand ich nun leicht verspätet im Cafe. Yuka erschien auch gleich und so stand einer gepflegten Konversation nichts mehr im Wege. Leider bin ich aber bekannt wie ein bunter Hund und so wurde ich auch andauernd in andere Gespräche eingebunden. Besonders interessant war aber ein Angebot von Thomas. Wenn ich nicht Japan verlassen würde, würde er mir einen Job im Cafe besorgen. Das auf andere Zugehen, wie er es perfektioniert hat, würde ich seiner Ansicht nach auch sehr gut hinbekommen und da er ja bald für einen besseren Job aufhört, hält er mich für einen mehr als geeigneten Nachfolger. Gut aber, dass ich mich bald in die Heimat aufmache, sonst hätte ich es wenigstens durchdacht. Mehr als Geldverdienen neben dem Studium wäre es aber eh nie geworden, dafür mag ich Geschichte viel zu sehr. Trotzdem ist es nett, solche Möglichkeiten an der Hand zu haben. Interessant waren aber auch die anderen Gäste des Lokals heute.

Japaner vertragen bekanntlich keinen Alkohol und nach ein bis zwei Bier waren sie dementsprechend auch gut aufgelegt. Dass es noch viel schlimmer gehen kann, zeigt besonders Kokubuncho, da man dort die ersten sich übergebenden Japaner schon ab 19 Uhr erleben kann. Auf jeden Fall waren die Japaner gut fertig und sangen auf einmal die verschiedenen ihnen bekannten Nationalhymnen. Viele waren das nicht, aber man hat ja noch Ausländer im Raum. Kurzerhand wurde bei uns gebettelt, zu singen. Es dürfte ja meine Abscheu gegenüber dem Singen bekannt sein, solange es keine Fußballlieder sind. Trotz allem ließen wir uns breitschlagen zu singen und so gab es ein Duett der deutschen Nationalhymne. Nur das ebenfalls geforderte Auferstanden aus Ruinen konnten wir beide nicht. Eine Schande eigentlich, aber wann brauchte man das schon mal? Die Japaner waren auf jeden Fall absolut von unseren Liedern begeistert und steigerten sich bei ihren Rezitationen immer mehr, um ihre Lieder möglichst originaler zu bekommen.

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