Schon wieder ist fast ein Monat herum und einmal mehr steht eine große Konversationsparty des MafuMafu an. Mittlerweile haben sich die Vorteile unter den Studenten herumgesprochen. Kostenloses Essen und Trinken, einige Japaner zum Sprechen und lustig ist es meistens auch noch. So machten sich diesmal mehr Ausländer als üblich auf dem Weg zur Veranstaltung. Mit so einem Zuspruch hätten die Veranstalter laut eigenen Aussagen nie gerechnet. Bevor es aber zu der Veranstaltung gehen konnte, musste ich irgendwie erst einmal in die Innenstadt kommen. Das war gar nicht so leicht, wie es sich anhört.
Am Rathaus findet mal wieder ein Fest statt. Selbst redend, dass ich dort vorbei schauen musste. Meine Freude über eine wirklich mal neue Standanordnung wechselte aber schnell in Zweifel. Wie sich herausstellte, handelt es sich bei dem Fest eher um ein Kinderfest. Einige interessante Gegebenheiten gab es aber auch für den armen Ausländer zu betrachten. Zum einen wäre da die Bühne mit einem Liveauftritt zu nennen. Die junge Dame war wirklich nicht zu beneiden. Bei kaltem Wetter musste sie alleine auf der Bühne eine peinliche Choreographie in sehr kurzem und durchlässigem Kleid durchziehen. Eine morgige Erkältung der Dame würde mich nicht wundern. Zu ihrem goßem Unglück sind Japaner ohne Bier auch noch ziemlich zurückhaltend. Ihre Animationsversuche des jungen und alten Publikums misslangen allesamt und geklatscht wird in Japan offensichtlich aus Prinzip nicht. Trotzdem gab sie mit Kinder- und Erwachsenensongs ihr Bestes, das Publikum auf ihre Seite zu lenken. Viel beliebter als dieser Liveauftritt war aber ein ganz anderer Stand, zehn Meter weiter. Dort wurde gerade ein Schönheitswettbewerb live ins Fernsehen übertragen. Wie man sich vorstellen kann, hatten die Zuschauer alle Stielaugen und es bildete sich eine große Traube. Wieso die Damen so beliebt waren, erschloss sich mir aber beim besten Willen nicht. Nicht nur, dass alle wie 13 aussahen und auch so sprachen – nein, sie waren auch noch total überschminkt und extra stark auf niedlich getrimmt. Aber gut, dass Japaner nun einmal einen anderen Geschmack bei Frauen haben als wir Europäer, habe ich ja schon vor einer ganzen Weile gemerkt.
Im Anschluss an das Festival kam ich am Oktoberfest vorbei. So langsam merkt man, dass das Fest nun schon eine ganze Weile geht. Das Zelt war nicht ganz so gut besucht wie sonst und die Band sieht auch nicht mehr ganz so motiviert aus, wie es anfänglich einmal der Fall war. Wie der Zufall so wollte, kam mir eine bekannte Japanerin entgegen, die mich gleich auf das Fest zog. Den Namen der jungen Dame kenne ich zwar nicht, aber immerhin haben wir zusammen schon den Fuji-San in Angriff genommen, da kann ich nicht einfach weiter gehen. Ein großes Glück für mich. Unter ihren Freunden befand sich doch wirklich eine Jet-Lehrerin, die einen Master in Neuester Geschichte in England absolviert hat. Diese junge Dame muss ich mir vormerken. Echt anspruchsvolle 100-prozentige Fachgespräche erfreuten mein Herz, während sich die Anderen über Gott und die Welt ausließen und ihre Vorlieben verrieten. Einige Trinkgeschichten sollten manchmal wirklich im privaten Raum bleiben, aber gut, in Ansätzen waren wir ja im Privaten. Endlich war es vollbracht. Die Zeit bis zum Konversationstreffen war überbrückt und ich hatte es auch noch irgendwie geschafft, halbwegs pünktlich zu erscheinen.
Der Einstieg wurde einmal mehr aus den üblichen Spielen gebildet. Wie immer war ich nicht ganz schlecht und durfte mir einen Preis aussuchen. Aus Kommunikationsproblemen verzichtete ich sogar auf die Hälfte meines Preises. Es gab zwei 500 Yen Buchgutscheine und ich suchte mir dies aus. Vollkommen sicher, dass der Preis einer der Gutscheine ist, versicherte ich auf Nachfrage der Veranstalter noch einmal, dass 500 Yen sehr gut sind. Eine blöde Sache, da wie ich später herausfand eigentlich gefragt wurde, ob ich den zweiten Gutschein noch gebrauchen kann, aber was soll es? Immerhin konnte sich so noch ein zweiter Gewinner freuen.
Bei der Veranstaltung waren auch mal wieder die kuriosesten Gäste vertreten: Soldaten, die lieber Lügengeschichten erzählen als zuzugeben, dass sie als Militärs arbeiten. Eine ältere Frau, ihres Zeichens Group Mori Mitglied, sah mich dagegen als Erlösung all ihrer Probleme. Ihr Sohn, irgend etwas um die dreißig Jahre alt, sitzt den ganzen Tag nur zu Hause rum und hat auch zu wenig Freunde. Jetzt will sie ihn auf irgend einer Party mit mir bekannt machen und ich soll ihn doch überzeugen, etwas zu unternehmen oder einfach nur ein Freund werden. Zum Glück habe ich ja gar nichts anderes zu tun. Auf der nächsten Group Mori Party sollte ich wohl lieber etwas vorsichtiger sein. Aber auch ansonsten waren interessante Menschen vertreten. Orsolya hatten es dabei besonders die Kinder angetan. In bester Mutter- oder große Schwestermanier kümmerte sie sich hingebungsvoll um die Kleinen, die schon früh von ihren Eltern in Sprachschulen geschickt wurden, um Englisch zu lernen.
Anschließend wollte ich eigentlich nach Hause, Orsolya überzeugte mich aber noch von einem MafuMafu-Abstecher, um Thomas noch einmal für die fehlenden Informationen betreffens des Lions Cub in den Hintern zu treten. Leider war der Laden hoffnungslos überfüllt. Zur Stoßzeit drangen knapp 60 Leute in den kleinen Laden ein. Da ich immer mehr an die Kasse gedrückt wurde, übernahm ich kurzerhand die Initiative und half den Mitarbeitern etwas aus, immerhin sind wir ja alle mittlerweile schon alte Bekannte. Zusammen schafften wir es, den großen Ansturm zu überstehen. Ich wollte mich schon endlich nach Hause begeben, als Thomas noch einmal meine Hilfe anfragte. Ein betrunkener Japaner belästige zwei Japanerinnen mit Nähe, Berührungen und Worten und ignorierte Thomas mahnende Worte, ob ich nicht einmal kurz eingreifen könnte? Kein Problem und sich erst einmal ziwschen den Opfern und dem Täter aufgebaut. Demonstrativ nach einem bösen Blick nahm ich ein kurzes Gespräch mit den Damen auf. Ihm war das gar nicht recht, aber schnell suchte er sich, nachdem wir den Größenunterschied etwas verdeutlicht hatten, doch lieber an anderen Tischen Opfer. Immer wenn ich mich aber von dem Tisch entfernte, kam er wieder. So blieb ich dann doch, bis die Damen gingen, auf gut Deutsch bis zur Schließzeit des Lokals. Wenigstens war das Gespräch mit den beiden nicht ganz öde und als Dank wurde mir auch gutes Essen angeboten, leider aber mit zu viel Fleisch versehen. Betrunkene Japaner können auf jeden Fall sehr nervig werden, zum Glück bin ich aber abschreckend genug gewesen. Warum ich aber in einer Kneipe, wo ich nicht arbeite, trotzdem arbeite, wird wohl für immer mein Geheimnis bleiben. Späteren Japanreisenden kann ich derartige Treffen aber wärmstens ans Herz legen, um Japaner kennen zu lernen. An Begegnungen mangelt es einem auf keinen Fall, auch wenn man aufpassen muss, dann nicht solche Fälle zu treffen, wie die ältere Dame.