O.k, noch mal zum Mitschreiben: Wie konnte es nochmal passieren, dass ich auf einmal mit Jeans und Hemd auf dem Tennisplatz stehe und ein Doppel spielen muss? Nein, ich fange lieber von vorne an. Zu meiner Freude war heute 9.30 Uhr ein Treffen mit Kaori angesetzt. Wider Erwarten wußte sie auch nicht so genau, was sie mit mir machen wollte. Dementsprechend beschloss ich, meiner Lieblingsbeschäftigung nachzugehen. Es ging zum Kaffeetrinken. Dabei wurde mit ihr gleich erstmal ein Abkommen über das weitere Vorgehen geschlossen.
Ich werde ihr ein wenig Deutsch beibringen und sie mir die entsprechenden japanischen Worte. Dementsprechend unterhielten wir uns knapp drei Stunden auf Japanisch/Deutsch und Englisch. Auf diesem Weg sollte ich auf alle Fälle schnell genug die Wörter drauf haben, um mich richtig unterhalten zu können. Besonders interessant war aber der Gang über das Gelände, da die Orientierungsphase immer noch nicht zu Ende ist und die Clubs immer verzweifelter um Mitglieder werben. Ein besonderes Schauspiel stellte dabei der Tanzclub dar, der alle möglichen Tänze offen auf der Straße präsentierte. Aber auch der Auto-Tuner-Club mit seinen aufgemotzten Fahrzeugen hat einen bleibenden Eindruck hinterlassen.
Nachdem ich mich endlich verabschiedet hatte und beim Kurs „Kanji 1“ aufgeschlagen bin, habe ich gleich eine Notfall-SMS bekommen – ich solle mich doch bitte nach der Stunde sofort im Büro einfinden. Nebenbei bemerkt, wenn ich in Deutschland so eine Nachricht mit animierten Hintergründen und x-Smylies bekommen würde, ich würde den Versender vermutlich auslachen. Hier ist das aber offensichtlich normal. Also nach dem Kurs die Beine in die Hand genommen und rüber gerannt. Aber was war los? Nur ein Informatikstudent, der geschlagene 2 Stunden auf mich gewartet hat, um mein Tandempartner zu werden. Das Gerücht meines Erscheinens hat nach seiner Aussage sogar die Informatik erreicht und da er mal in Deutschland war und nicht alles verlernen möchte, möchte er regelmäßig mit mir ein Bier trinken gehen. Wieso es über mein Erscheinen Gerüchte gibt, erschließt sich mir zwar noch nicht ganz. Ich werde wohl mal bei Gelegenheit einen Japaner verhören müssen, was hier los ist.
Da ich durch die ganzen Aktionen ein eigentlich eingeplantes Hanami verpasst habe, wurde ich von meinen Kollegen gefragt, ob ich nicht mit zum Tennis gehen will. Eigentlich kein Problem, ich hab ja Zeit, aber ich kann nicht spielen (hab keine Turnschuhe mit). Gesagt, getan und die Wartezeit mit japanischen Brettspielen, wie Go, vergeudet. So oft, wie ich verloren habe, muss ich auf jeden Fall so ein Glück in der Liebe haben! Wieso merke ich davon dann nur nichts? Also hieß es rauf auf den Tennisplatz und den Damen und Herren zuschauen. Wieso ich nach 5 Minuten einen Schläger in die Hand gedrückt bekommen habe und zum Spielen verdonnert wurde, hat sich mir zwar nicht erschlossen, aber egal. Zum Glück habe ich in Göttingen auch schon mal gespielt. Besonders einer meiner Kommilitonen wollte mich ärgern. Als er merkte, dass ich die Basis kenne, fing er an, mit Slice und Spin zu spielen und mal kurz und mal lang. Blöd nur, dass ich irgendwie gerade so noch mithalten konnte. Ich lasse mir ja nicht alles gefallen. Insgesamt waren es auf jeden Fall zwei sehr lustige Stunden. Auch wenn ich mir später den Spott anhören mußte, dass ich aussah wie ein Trainer, weil ich normale Klamotten anhatte. Der heutige Tag hat auf jeden Fall gezeigt, dass ich endgültig in meinem Büro anerkannt werde und nebenbei, dass ich mich nicht um Tandempartner schlagen muss, die kommen irgendwie von selber.