Zu Hause bei Japanern

Wenn eine Japanerin und ein Ausländer zusammen durch die Stadt laufen, bedeutet das für Japaner, dass es sich um ein Paar handelt. Was es dann aber bedeutet, wenn eine Japanerin zwischen zwei Deutschen durch die Stadt läuft, wollte Yuri uns nicht verraten. Unsere Feststellung, eine Japanerin, die sich nicht entscheiden kann, ließ sie leider nicht gelten. Heute sollte diese Art von Kommentaren noch weiter gehen, schließlich waren wir beide zur Abschiedsfeier von Yuri eingeladen. Frei nach dem Motto des Prinzen-Liedes „Was soll ich ihr schenken, ohne sie zu kränken?“ standen wir beide nun vor einem großen Problem: Was schenken wir einer Japanerin, die garantiert nichts aus Japan braucht und an deutschen Sachen auch nicht so interessiert sein dürfte? Die Idee blieb bei einem T-Shirt hängen. Ein T-Shirt, wie einfallslos, wird der geneigte Leser jetzt denken, aber weit gefehlt. Letzten Samstag hatte sich Andre ein T-Shirt mit einer 8-Bit-Rollenspielfigur aus dem Jahr 1987 gekauft. Dafür wurde er von Yuri ausgelacht und geärgert. Sie bestand darauf, dass sie nie so etwas anziehen würde und falls ihr Bruder so etwas haben will, würde sie es beseitigen. Was lag nun näher, ihr etwas zu besorgen, das sie nicht wegschmeißen darf, da es sich um ein Geschenk handelt? Sie war doch eindeutig interessiert an dem T-Shirt? Gesagt, getan und mich im Laden erst mal belehren lassen, dass irgendwie nur Ausländer das T-Shirt kaufen. Das letzte Mal am Sonntag ein großer blonder. Tja, Zufälle gibt es!

Nun ging es ans Verpacken und Beschriften. Das Shirt wurde noch mit unseren Namen und Andres Spitznamen versehen und so gut es ging eingepackt. Anschließend ging es endlich los, nur waren wir schon vier Minuten verspätet. Genau jetzt gab es schon den ersten Anruf, wo wir denn bleiben. Nach einiger Sucherei und einer fast halbstündigen Verspätung, fanden wir dann auch endlich das Haus. Es handelte sich um die Privatwohnung eines Group Mori-Mitglieds mit einer kleinen Küche, einem kleinen Wohnzimmer und anschließendem Tatamizimmer, wo nachts die Betten rausgeholt werden. Es war auf jeden Fall sehr schön, mal irgend eine japanische Wohnung zu sehen und die Idee kennenzulernen, den Lüfter gleichzeitig als Wasserkocher zu missbrauchen. Es wurde ein feucht-fröhlicher Abend. Es gab Sushi zum selbst basteln und andere Köstlichkeiten. Unter anderem entschuldigte sich die Dame noch einmal, dass ich im April nicht vom Flughafen abgeholt wurde und wir nichts von der Willkommensparty von Group Mori wussten, da müssen wir wohl durchs Raster gefallen sein. Besonderes Highlight war aber Yuris Blick, als sie das T-Shirt sah. Trotzdem sah sie es sportlich und probierte es sogar an. Wir beide stellten dann auch das Hauptgesprächsthema dar. Der Mann des Group Mori-Mitgliedes und eine weitere junge Musikantin löcherten uns mit Fragen, die Yuri im Notfall übersetzten musste. An Lebensmitteln und Getränken mangelte es auch nie und im Notfall hatten wir in Sekunden etwas Neues zu essen. Immer darauf bedacht, keinen Fehler zu machen, schafften wir es irgendwie, die Fragen alle zu beantworten. Nur mein Studienfach musste ich anders definieren. Geschichte – insbesondere Generationengeschichte – zu erklären, ist ziemlich schwierig und führte zu einem doppelten Erklärungsversuch. Yuri bekam auf Deutsch eine Erklärung von mir und das Group Mori-Mitglied eine auf Englisch von Andre. Auch zum Thema Freundin wurden wir befragt und wir wurden den Verdacht nicht los, dass sie uns am liebsten mit irgendwem verkuppeln wollte. Das können wir aber auch selber und ein wenig flirtete Andre mit Yuri schon, wenn auch nur aus Spaß. Anschließend wurden uns noch Fotos gezeigt und wir redeten viel. Das erste Aufbruchsignal wurde deshalb auch von mir und der Japanerin gekonnt ignoriert. Andre dagegen, hat gar nichts mitbekommen. So wurden wir erst 1.00 Uhr raus geschmissen. Yuri wird uns auf jeden Fall fehlen und besonders eine Geschichte von ihr war traurig. In Mannheim hat sie keine Freunde, mit denen sie etwas unternehmen kann. Am liebsten hätte sie uns mit nach Deutschland genommen. Schade, dass man da nicht aus der Ferne helfen kann.

Nach langen Verabschiedungen und zwei Umarmungen durch sie, ging es dann doch nach Hause. Wir werden sie auf jeden Fall im Auge behalten und Group Mori hat uns schon für die nächsten Sachen vorgemerkt. Ach, und dass wir Dai mit der anwesenden Japanerin verkuppeln wollten, verraten wir ihm lieber nicht, leider ist es aber an seiner Raucherei gescheitert.

1 Kommentar

    • Daniel auf 2. Juni 2010 bei 00:46

    geile sache das ding mit dem tshirt!

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