I“m an alien I“m a legal alien

Die ersten Tage in Japan sind immer die ereignisreichsten und spannendsten des ganzen Aufenthaltes, dementsprechend kann ich natürlich auch nicht damit geizen. O.k. gut, auf das Verschlafen am ersten Tag hätte ich locker verzichten können, doch meine vier Stunden Schlaf waren garantiert nicht daran Schuld. Aber ich berichte lieber von Anfang an. Acht Uhr morgens ging es zum Treffen mit den Auslandsbetreuern von @home. Blöd nur, wenn man fix und fertig ist und keine Lust hat aufzustehen. Die paar Minuten länger im Bett bleiben entwickelten sich schnell in ein gehetztes „Mist, ich bin spät dran“. Na ja, einer muss ja den Ruf der Deutschen als immer pünktliche Menschen vernichten, dann kann ich das auch gleich übernehmen.
Danach ging es zum Rathaus, um die Alien-Registrierungskarte abzugeben. Endlich, nach tausend sumimasen, hatten wir Zeit, um andere Menschen kennen zu lernen, die nicht nur Japanisch sprechen. Gesagt getan und erst mal Amanda (USA, Halbjapanerin, 21, Ingenieurin) und Orsolya (Ungarn, Bio, 25, kann Deutsch) kennen gelernt. Dazu hat sich auch noch Mohamed (Lybien, 27, Ingenieur) gesellt. Damit war die lustige Runde für den Tag zusammen. Gut, ich bin negativ aufgefallen, weil ich als Einziger eine vernünftige Wohnung habe. Aber das wird durch Ausgleichsbesuche der Betroffenen bei mir abgegolten. Also wurde sich flugs auf Englisch ausgetauscht. Blöd nur, dass so eine Truppe, trotz 20 zusätzlicher Studenten, natürlich Aufsehen erregt. Alle paar Minuten kam ein Japaner auf uns zu und hat uns ausgequetscht.

Irgendwie kam ich dabei nicht allzu gut weg. Natürlich war das Hauptproblem mein Name. Ist ja schon schlimm genug, dass meine Eltern einen Namen gefunden haben, mit dem schon Europäer so ihre Probleme haben. Was von meinen beiden Name der Vorname ist, war genauso unklar wie die Aussprache beider Namen. Bei Reik brechen sich alle die Zunge und mein Nachname ist meist noch nicht mal im Ansatz als der Name zu erkennen.
Weiter ging es mit dem Wohnort. Fast alle Japaner scheinen schon mal Deutschland bereist zu haben. Aber Magdeburg kennt keiner, Berlin ist schwierig und Hannover unmöglich, doch Leipzig, ja, das kennen sie alle. Ich hätte vermutlich mehr Werbung für Magdeburg oder auch Göttingen mitbringen sollen. Anstelle von Göttingen kennen sie alle nur Heidelberg.
Nach der Diskussion über den Wohnort reichte dann zu allem Überfluss noch der Hinweis auf das Geschichtsstudium und sie waren endgültig schockiert. Ich bin hier einer der ersten ausländischen Geschichtsstudenten und das wirkt doch immer noch so verwirrend, dass alle lieber das Thema oder gleich den Gesprächspartner wechseln. Es hat schon einen Grund, warum die anderen alle Naturwissenschaften studieren.

Drei Stunden und einen DVD-Austauschvertrag mit einem pakistanischen Doktoranden später, hatten wir endlich unsere Alien-Karte in der Hand. Nie stimmte der Songtext von Sting – „I““““““““m an alien I““““““““m a legal alien“ mehr. Jetzt noch schnell ein Bankkonto und Sparheft besorgt und etwas zu essen gesucht, der Mob ist hungrig.

Das @home-Team hatte sich auch ein schönes traditionelles Restaurant ausgesucht. Es gab genau zwei Hauptspeisen auf dem Plan: Tempura mit Fisch oder Schwein. O.k., wurde mein Einwurf des Vegetarier-Seins noch mit einem Herzinfarkt und „sortiere doch einfach aus“ quittiert, sorgte der Einwurf des veganen Inders (nein Lars, zu meiner Enttäuschung nicht aus dem Punjab) schnell für ein Zusammenbrechen des Betriebes. Das halbe Restaurant suchte eine Alternative fürs Essen und die Kunden halfen lautstark mit. Ich glaube, mit Fischessen fange ich besser bald an, wenn das so weitergeht. Ist eh besser, weil das, was man hier meist zu essen bekommt, oft undefinierbar ist. Wir gehen schon so weit, alle Sachen nur einmal zu besorgen und dann notfalls Warnungen auszugeben. Gleichzeitig lernte ich auch einen neuen Trick. Hat sich je jemand gefragt, wie die Japaner es zwei, drei Stunden mit verschränkten Beinen sitzend aushalten? Ich hab es versucht und kurz bevor ich aufgeben wollte merkte ich, dass unter dem Tisch einfach eine Aussparung war und man so bequem wie an einem Tisch sitzen konnte.

Weiter ging es shoppen. Der 100-Yen-Shop steckt jeden unserer Euro-Shops locker in die Tasche. Auf 6 Etagen shoppen ist schon lustig, wenn alles gleich kostet. Weiter ging es dann Eis besorgen. Das allseits beliebte Macha- und Wasabieis war genauso vertreten, wie die doch etwas ungewöhnliche Sorte „geräucherter Thunfisch“. Die Crêpes mit Eis waren dagegen für meinen Geschmack etwas zu stark von Zucker untersetzt, aber einen Crêpe ohne drei Eiskugeln und Soße wollten sie mir leider nicht verkaufen. Bei der anschließenden entsetzten Frage, ob das so ohne Eis überhaupt essbar wäre war ich nur froh, dass unsere französischen Begleiter schon weit weg waren. Allgemein kann ich auch Bananenmilch aus 100 Prozent echten Bananen und Milch empfehlen. Das es weder nach dem einen noch nach dem anderen geschmeckt hat, war natürlich purer Zufall.

Nach ausgeprägtem Shopping ging es dann zur Unterkunft zurück und Punkt 20.00 Uhr waren wir wieder in den Wohnheimen. Jetzt bleibt mir nur noch, auf meinen Datteln zu kauen, die ich den Lybiern im Austausch gegen gute deutsche Schokolade abnehmen konnte. Wenn das so weitergeht, werden wir bald auch noch als Terroristen gesucht.

Das Auftreten unserer Vierergruppe sorgte auf jeden Fall überall für ein kleineres Aufsehen. Dafür habe ich Partner für Besuche der örtlichen Fußballstadien gefunden. Ausgezeichnet, wenigstens ein kleiner Ausgleich für die Qualen einiger verpasster FCM-Spiele. Das der eine als Japaner Bayern-Fan ist, werde ich ihm aber noch austreiben müssen. Ein Schweinsteiger, sein Lieblingsspieler, ist schließlich nie besser als ein Prest oder Bauer. Aber ich habe ja noch ein paar Tage Zeit.

1 Kommentar

    • Daniel auf 6. April 2010 bei 23:32

    ???????

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