Tag 21 – Im Kenkyoshitsu

Es ist der 20.08. und noch immer habe ich Professor Morimoto nicht getroffen. Das ist ein Umstand, der geändert werden muss, denn nur Herr Morimoto kann mir mit meinen Doktorplänen und der erhofften Veröffentlichung der Masterarbeit helfen. Kurzerhand ging es also ins Kenkyoshitsu. Wie erwartet war Herr Morimoto nicht da. Was wundere ich mich noch, wo ich es doch geschafft habe, den guten Herrn in einem Jahr ungefähr fünf bis zehn Mal zu Gesicht zu bekommen. Als ich das Kenkyoshitsu betrat, ging das Chaos los. Die Bachelorstudenten schauten mich entsetzt an. Einige kannten mich noch, aber die Aussicht, Deutsch sprechen zu müssen, war laut ihren Gesichtern nicht wirklich erstrebenswert. Der Ersatz für meinen eigentlichen Betreuer Kawamura, eine junge Dame, die in ihrem Leben ein Mal in München war und damit Expertise für ganz Deutschland beanspruchte, war mit meinem Auftauchen komplett überfordert. Zwei Masterstudenten und alte Bekannte retteten den Tag. Mit der einen Studentin war ich beim Karaoke war und sie hat vor Professor Morimoto Heavy Metal gesungen und der zweite Student war der Fußballfreak des Kenkyoshitsus, welcher kurzfristig von den BA-Studenten geholt wurde, um mich zu unterhalten. Nichts leichter als das, mit Fußball kann man mich ja immer ablenken. Und so hatte man Zeit, um Morimoto ans Telefon zu holen, damit dieser mich abspeisen kann. So habe ich jetzt wenigstens einen Termin für morgen bekommen und muss nicht mehr so suchen. Er schien über den Anruf auch sehr überrascht gewesen zu sein, es war aber nett, sich mal wieder mit ihm zu unterhalten.

Während des Gesprächs mit Morimoto hatten die Japaner gleich noch für mehr Chaos gesorgt, indem sie Shimizu als Unterstützung gerufen haben. Dass der arme Junge besseres mit seiner heute ankommenden Freundin zu tun haben könnte, wurde komplett ignoriert. Zum Glück sah Shimizu das auch so und erschien nicht. Ich wurde aber verdonnert auf ihn zu warten, bis klar wurde, dass er nicht kommt. Kurzerhand machte ich meinem Ruf alle Ehre und half einer BA-Studentin bei den Hausaufgaben. Die junge Dame kann kein Deutsch, muss aber Frakturschrift lesen. Wie sinnlos das ist, zeigte sich an der Tatsache, dass sie die Worte nur abschrieb und ihr deshalb die Fehler nicht auffielen, weil sie den Satz nicht verstand. Sie freute sich aber sichtlich über Hilfe. Weil ich beim Nachhause gehen zwei der Japanerinnen die Tür aufhielt, wurde ich von diesen kurzerhand zum Gentleman ernannt. Schön, dass es auch endlich mal manchen Leuten auffällt, könnte ruhig auch in Deutschland passieren. Die Angst, die sie vor mir haben, konnte ich ihnen auf jeden Fall nehmen.

Nach einer Shoppingtour und der Feststellung, dass im alten Yodobashi-Gebäude heute eine Festhalle steht, in welcher ein Oktoberfest inklusive überteuerter Preise von bis zu 35 Euro pro Bier und peinlicher Musik stattfindet, ging es Orsolya treffen. Eine von Orsolyas Freundinnen war da und wieder einmal ging es Sushi essen. Wir müssen halt ausnutzen, jetzt noch gutes Sushi zu bekommen. Im Anschluss ging es in Richtung Südstadt, wo es ein großes einstündiges Feuerwerk gab. Die Reise dafür lohnte sich auf jeden Fall, auch wenn die schiere Masse an Japanern und die Tatsache, dass trotzdem alles ruhig blieb, fast interessanter erschien, als das Feuerwerk.

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Ein Hühnchen muss ich jetzt nur noch mit Andre rupfen. Der Herr war vor ein paar Tagen bei Frau Omori, Mitglied von Group Mori und Verkupplerin vom Dienst. Bei dieser Gelegenheit hat er meine Nummer dagelassen und ich hatte heute einen Anruf auf dem Anrufbeantworter: Wenn ich in Sendai sein sollte, soll ich doch gefälligst mal vorbeischauen. Meine Begeisterung ist bei solchen netten Einladungen leider nicht die Größte, ich werde aber mal schauen, ob man es nicht unterkriegt. Jetzt stehen morgen aber erst einmal Professor Morimoto und Mayumi an.

1 Kommentar

    • Sven auf 21. August 2012 bei 22:30

    Wo es noch kostenloses Essen bei Frau Omori gab, war sie die Größte! Also gib deinem Herzen einen Stoß..

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