Mhh, o.k. trotz des gut gemeinten Angebotes von Daniel werde ich das Yakuzadasein wohl lieber nicht anfangen. Jeder, der schon einmal den Film Ichi The Killer gesehen hat, wo ein Mitglied eben jener sich für ein Vergehen selber ein Stück der Zunge abschneidet, der dürfte diese Ablehnung wohl verstehen. Damit bleiben mir nicht mehr viele Alternativen, als mich ein leben lang bei Orsolya im Zimmer zu verstecken oder Lehrer in einer Sprachschule zu werden. Da gehe ich wohl doch lieber erst einmal nach Hause und fliehe dann wieder rüber, wenn Vegalta doch einmal einen neuen Trainer benötigt. Aufgrund einer Abflugzeit um 21 Uhr hatte ich kurzerhand beschlossen, erst am 10.03. direkt zum Flughafen zu fahren. Zwar hatte ich von Kazaoka ein Angebot, bei ihm zu übernachten, aber eine freundliche Anfrage mit Süßigkeit in der Hausverwaltung brachte mir noch viel schneller eine Lösung. Ich durfte noch eine Nacht länger im Zimmer bleiben und hatte damit einer Ausnahmeregelung erhalten, die es sonst nie gibt. Zu diesem Zeitpunkt ahnte ich noch nicht, dass ich das Zimmer eigentlich gar nicht brauche. Nach dem Abschiedssushi gestern ging es kurzerhand zu Orsolya rüber, wo David, Orsolya und ich im Endeffekt die Nacht durchmachten und quatschten und an den Konsolen spielten. Hätte ich das gewusst, hätte ich mir den Ärger mit der Wohnung auch sparen können, aber egal, so war die Sache doch viel einfacher und schlafen hätte ich eh nicht gekonnt. Um 8 Uhr war es dann so weit. In einem feierlichen Abschied wurde der letzte Artikel aus dem Zimmer genommen. In einem Flaggengang, wie es sich für Nationalflaggen gehört, rollte ich die FCM-Fahne ein und verabschiedete mich dadurch von meiner Wohnung, die mir fast ein Jahr lang sehr gute Dienste geleistet hatte.
Punkt 9 Uhr stand ich unten und wartete auf mein Taxi, aber in bester Studentenmethode hatte mein Taxiorderdienst in Form von Rieko versagt, so dass mir die Verwaltung eines rufen musste. Kurze Zeit später kam auch Orsolya, deren Abschiedsgeschenk ich bewusst auf ihrem Tisch vergessen hatte und die sich so genötigt fühlte, doch noch mit zum Bus zu kommen. Rieko wachte auch noch rechtzeitig auf und so ging es zu dritt los. Dank der Hilfe der beiden fand ich auch in Rekordzeit den Bus und sie halfen mir bei diesem schweren Gang. Schwer kann man dabei sogar im doppelten Sinne verwenden, da mein gesamtes Gepäck vermutlich an der 50 kg Grenze entlang schrammte. Umso schwerer war das manövrieren in Tokyo nach 5 Stunden Fahrt und unzähligen Abschieds-E-Mails dann auch zu bewerten. Irgendwie schaffte ich es aber nach Narita, wo ich sehr zu meiner Überraschung sogar mit meinem klaren Übergewicht im Handgepäck durchgekommen bin und man mir gleich auf Anhieb einen Sitzplatz in der Notausgangsreihe verschaffen konnte.
Was will man mehr? Noch einen letzten Abschied und der kam in Form von einem Anruf von Shimizu. Er war einen Tag vorher nach Chiba gekommen und von da aus nach Narita um mich zu verabschieden. Gemeinsam wurden die letzten Erledigungen getan und ich gab noch einen Drink aus. Wir schafften es sogar, mit unseren vier Sachen genau das Kleingeld in meiner Börse zu verbrauchen, so dass ich nur mit Scheinen zurück komme, was ziemlich praktisch ist. Von Shimizu gab es dann noch einen Fächer zum Abschied, viel überraschender kam aber eine Nachricht von einem Mitstudenten, die Shimizu mitbrachte. Horikawa, ein absoluter Autofreak, bedankte sich in dieser für meine Hilfe bei seiner Bachelorarbeit, ohne die er laut eigener Aussage nie bestanden hätte. Ich bin zwar anderer Meinung, aber gut. Auf jeden Fall bekam ich noch ein Gruppenbild und ein Spielzeugauto geschenkt. Der Name des Spielzeugautos in gesprochener Form? Rai ku, also genau wie Japaner meinen Vornamen aussprechen würden. Unter Eindruck dieses Geschenkes und vieler Eindrücke von einem Jahr Japan musste ich mich nun in den Flieger schmeißen und auf geht es Richtung Heimat. Jetzt muss ich noch viel zu viele Stunden im Flieger überstehen, eh ich wieder festen Boden unter den Füßen habe. Wenn alles glatt geht, bin ich aber bald wieder in Deutschland anzutreffen.
4 Kommentare
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du glückspilz, dass du gestern schon geflogen bist und nicht erst heute… das klingt ja alles ziemlich heftig, was da so berichtet wird nach dam erdbeben…
Okay, inzwischen bist du also schon auf dem Heimflug. Umso besser, glaub ich…
Lieber Reik, hatten uns bei den Meldungen heute morgen ernsthaft
Sorgen gemacht! Muß sehr,sehr schlimm besonders in Sendai sein…
Gott sei Dank -muß selbst ein Materialist sagen-, daß Du auf dem Heimweg bist…
Gute Ankunft in Frankfurt und Gruß an die Eltern!
Oh Reki, wir haben uns solche Sorgen gemacht und sind nun erleichtert und froh, dass du wieder in Deutschland bist! Sicher hast du die Bilder aus Japan schon gesehen! Wir hoffen, dass alle deine japanischen Freunde wohl auf sind und danken dem Schicksal, dass es dir gut geht!
Liebe und zugleich traurige Grüße senden dir Anja, Steffi, Martin und Sascha