Manchmal gibt es Dinge, die sich unerledigt oder unvollständig anfühlen, obwohl man sie gemacht oder besucht hat. Für mich stellt Hiroshima so einen Ort dar. Vor mittlerweile fast 5 Jahren, bei meinem ersten Besuch Japans, war ich mit Dennis schon einmal in Hiroshima. Damals machten wir einen Tagesabstecher aus Osaka und die Stadt gefiel mir wirklich. Genießen konnte ich es damals aber nicht, da Dennis und ich durch einen dummen Zufall mich gerade vergifteten und ich dank eines schlechten Tees nicht hundertprozentig fit war. Aus diesem Grund haben wir in diesem Urlaub einiges nicht gesehen, was wir eigentlich geplant hatten. Als sich jetzt die Möglichkeit ergab, noch einmal zu reisen war mir ziemlich schnell klar, dass ich das Versäumte nachholen möchte.
Aus diesem Grund ging es heute sehr früh mit dem Shinkansen in Richtung Hiroshima. Shinkansen fahren ist sowieso eine super Angelegenheit, ist er doch ziemlich bequem, hat Steckdosen am Sitz und die Sitzreihen lassen sich sogar umdrehen, dass man aus Prinzip immer in Richtung der Fahrtrichtung sitzen kann. Wenn jetzt nicht der Preis für ein Ticket so hoch wäre, ich wäre noch viel häufiger mit ihm gefahren. Auf jeden Fall verlief die Fahrt aber ruhig und ich konnte am Nachmittag meinen Fuß auf den Boden von Hiroshima setzen. Schon nach den ersten Schritten war es aber so, als ob ich nie weg war. Ich war zwar bisher vielleicht nur 6 Stunden in Hirsohima, aber ich konnte mich noch an alle Kleinigkeiten erinnern und die Wege auch sehr schnell finden. Diese Wegfindungsroutine sollte sich auch als sehr nützlich erweisen, da mich die Touristeninformation zu meinem Hotel mit dem Taxi oder mit der Straßenbahn fahren lassen wollte. Aus meiner Sicht sieht man aber viel mehr, wenn man läuft und so entschied ich mich kurzerhand zu einem Gewaltmarsch zum Hotel.
Das Hotel selbst überraschte mich aber sehr positiv. Einige werden sich noch an meine Flüche über die Jugendherberge erinnern. Hier in Hiroshima habe ich ein Einzelhotelzimmer, das 300 Yen weniger als ein Teil eines Zimmers in der Jugendherberge kostet, das ich mit 6 anderen Personen teilen musste. Dafür habe ich ein eigenes Zimmer, das normalerweise als Doppelzimmer genutzt wird, viel Platz und eine geniale Lage, 5 Minuten vom Hiroshima Dome und von der Innenstadt. Man könnte also schon sagen, dass ich einen absoluten Glücksgriff mit dem Hotel gemacht habe. So sollte es sich leben lassen, auch wenn es alleine etwas langweiliger werden dürfte, als sonst mit meinen Freunden. Gleichzeitig spielte mir die Lage für den heutigen Tag absolut in die Hände. Da ich spät da war und erst einmal die Taschen loswerden wollte, hatte ich wenig Zeit für die Stadt. Aus dem Grund fiel die Entscheidung, den Atombombenpark direkt neben meinem Hotel zu besichtigen. Als im Jahr 1945 die Bombe über der Stadt explodierte und fast alles zerstörte, da fand die Explosion ungefähr 800 Meter über diesem Park statt. Da damals nur wenige Gebäude überhaupt noch irgendwie standen und erkennbar waren, entschied die Regierung kurzerhand, eines der Gebäude als Mahnmal stehen zu lassen, den sogenannten Hiroshima Dome. Er wurde mit Stahlstreben gestützt und stellt ein ständiges Denkmal gegen das Vergessen dar. Ein weiteres prominentes Mahnmal für den Abwurf der Bombe sind die Kraniche. Überall auf dem Gelände kann man Origamikraniche (die Zeichen der Stadt) finden, die zusammengesetzt werden und teilweise komplette Nachrichten darstellen. Auf jeden Fall stellt der Park eine imposante Kulisse dar und ist einen Besuch wert. Nur warum das Atombombenmuseum nur zwei Stunden täglich geöffnet hat, so dass ich es heute nicht besuchen konnte, verstehe ich nicht. Aber zum Glück habe ich ja noch ein paar Tage Zeit für einen Besuch.
Im Anschluss an den Park ging ich noch ein wenig durch die Stadt. Neben einem kurzen Livekonzert sah ich auch ansonsten einiges von ihr und bin mittlerweile der Meinung, dass ich verstehe, warum die Stadt mir im Jahr 2006 so sympathisch war. Im Prinzip ist Hiroshima wie Sendai, nur dass es berühmter ist. Egal ob vom Baustil oder auch von der Einwohnerzahl, Sendai und Hiroshima unterscheiden sich in diesem Zusammenhang nicht viel und beide Städte stellen damit den perfekten Lebensraum für mich dar. Eine der wichtigsten Dinge, die für meinen Aufenthalt noch vorgesehen waren, konnte ich am Abend dann auch gleich noch abschließen. Zum ersten Mal aß ich Okonomiyaki nach Hiroshima Art. Diese ?Pfannenkuchenabart?, die ich schon in der anderen Form sehr mag, hat hier in Hiroshima noch eine weitere Zubereitungsmethode, so dass sogar Nudeln herein kommen. Es hat auf jeden Fall sehr gut geschmeckt, auch wenn ich mich beim Krieg zwischen den beiden Herstellungsarten raushalten muss, schmecken doch beide Sorten aus meiner Sicht gleich gut. Jetzt benötige ich nur noch ein Restaurant für Okonomiyaki in Deutschland und ich bin wunschlos glücklich!
2 Kommentare
Lieber Reik, ich wünsche dir viel Spaß und schöne Erlebnisse auf deiner
letzten Fahrt in Japan. Ich freue mich schon auf dein Kommen.
Liebe Grüße
Autor
Danke für die Wünsche. Das ist zwar immer aufs Schlimme, denn eine Weile würde ich es hier noch aushalten. Aber so gibt es endlich wieder echten Käse, echtes Brot und den wichtigsten Fußballverein der Welt. Natürlich ist es auch schön, alle Leute wiederzusehen! Also bis bald in Deutschland!