Bei der Arbeit

Irgend etwas scheint das Beamtentum gegen mich zu haben! Egal, ob in Deutschland oder in Japan, überall versuchen sie, mir das Leben so schwer wie möglich zu machen. Heute ging es für mich als erste Amtshandlung raus zur Stadtverwaltung, meine Krankenversicherung wollte gekündigt werden. Ansich ist dies eine kleine Sache von wenigen Minuten, wäre da nicht das lästige Problem mit der Sprache. Japan wäre aber nicht Japan, wären die Mitarbeiter nicht vorbereitet und so lag ein Zettel mit vorgefertigten Phrasen, um darauf zeigen zu können, für die Beamten bereit. So weit so gut, aber auf einmal entschied meine Sachbearbeiterin, die Englischsprachige vom Dienst zu rufen. Das war eine ältere Dame, deren einzige Aufgabe darin besteht, die ganze Zeit zwischen den Etagen zu springen und alle etwaigen englischen Fragen zu beantworten. So erschien diese Dame, auch wenn ich sie nicht wirklich benötigte. Ich verriet ihr das Geheimnis, dass ich Japanisch verstehe. Keine zwei Minuten später saß ich wieder vor der Bearbeiterin und wir mussten warten. Da fing die Dame auf einmal an, sich über die gesamten Ausländer aufzuregen, die alle zur gleichen Zeit das Land verlassen und ja alle kein Japanisch können. In diesem Moment konnte man ein Erröten im Gesicht der Übersetzerin sehen. Sie baute dann schnell in das Gespräch ein, dass ich alles verstehe und schon hatten wir eine peinliche Ruhe am Tisch. Wenigstens klappte es alles und es war erfrischend, einmal einen Japaner zu erleben, der auch wirklich seine echte Meinung vertritt. So etwas gibt es hierzulande nicht häufig.

Als ich das Gebäude nach dieser Erfahrung verließ, konnte ich gleich noch einmal das japanische Verhältnis zu Ausländern erleben. Die Nationalisten Japans fuhren mit mehreren Kleinbussen und lauten Durchsagen durch die Stadt und propagierten ein freies und reines Japan. Zu diesem Zweck fuhr man in Dreiergespannen, wo der erste Fahrer etwas ins Mikro rief und die anderen Fahrzeuge sprachen es nach. Die Polizei war zum Glück auf das Vorgehen vorbereitet, konnte aufgrund der Gesetzgebung aber nicht viel machen. Die einzige Handhabe war, die Lautstärke der Durchsagen zu überprüfen. Das wurde auch mit Testmikros getan, wobei das bloße Ohr schon sagte, dass es viel zu laut war und in den Ohren dröhnte. Im Endeffekt wurden die zu lauten Busse angehalten, die verringerten die Lautstärke für eine Minute, nur um daraufhin weiterzumachen. Bin ich froh, dass diese Art des Umzuges in Deutschland verboten wäre.

Um nur einmal mehr zu beweisen, dass japanische Beamte mich nicht mögen, kam es im Büro heute gleich noch zu einem zweiten Fall von Beamtenwillkür. Vor Tagen hatte ich eine Studienbescheinigung bestellt und heute wollte ich sie abholen. Wie immer wurde ich ignoriert, aber diesmal stand Shimizu in der Nähe bereit, um einzugreifen. Trotzdem dauerte es sehr lange, bis wir sie überzeugt hatten, dass ich eine Bescheinigung geordert hatte. Doch was für ein Schreck war es später, als ich mein Geburtsdatum gesehen habe: 1967 ist eventuell doch etwas zu früh oder ich habe mich gut gehalten. Rieko scherzt schon immer mit mir, was das Prüfungsamt gegen mich hat, aber langsam glaube ich wirklich, dass die absichtlich gegen mich arbeiten.

Am Abend ging es dann noch einmal ins MafuMafu. Thomas letzter Tag war angebrochen. Leider war die Hauptattraktion zu allem Überfluss zu spät, so dass die beiden Köche alleine bei knapp 30 Gästen leicht am rotieren waren. Das ist eine Tatsache, die ein Stammgast, der mit allen Mitarbeitern befreundet ist, nicht zulassen darf. Kurzerhand schnappte ich mir die Getränke, schenkte aus, wusch mit ab und unterstützte sie so gut ich konnte. Mein Freibier war dadurch gleich mit gesichert. So wurde es ein sehr anstrengender Abend, aber auch ein sehr lustiger. Besonders nachdem Thomas da war, wurden die Japaner sehr aktiv. Viele sprachen mich als neuen Mitarbeiter an. Einige waren sogar sehr interessiert. Das Einzige was nicht klappte, war mein Studium zu erklären. Trotz Versuche auf Japanisch hat das wohl keiner verstanden. Trotz allem blieb Thomas Star des Abends. Er bekam Geschenke, Küsse von Japanerinnen, mehr als ein Stammgast weinte beim Abschied und alle waren sich einig, dass das MafuMafu ohne ihn anders sein wird. Wobei, bald haben sie einen neuen Starkellner, dann wird alles anders. Orsolya hat heute einen Posten zugesagt bekommen und mich wollte man eh am liebesten behalten und das, obwohl ich ein Glas auf dem Gewissen hatte. Dank Facebook wird der Abschied aber garantiert auch nicht für immer sein und Thomas will unbedingt mal nach Magdeburg kommen. Ich bin gespannt, ob es einmal dazu kommt.

2 Kommentare

    • Dieter auf 23. Februar 2011 bei 10:18

    Anfrage: Muß man in Japan nicht so ein niedliches weißes Hygienemützchen tragen, wenn man im Gastronomie-Bereich tätig ist…?!

    • admin auf 23. Februar 2011 bei 22:09
      Autor

    Haarnetz oder Mütze würden ja die Frisur vernichten, so etwas kann ich nicht unterstützen. 😛 Nein, in Japan sind die Regeln alle etwas anders und vermutlich würde der eine oder andere Prüfer hierzulande einen Nervenzusammenbruch bekommen, wenn zum Beispiel ein Feuermelder mal wieder mittels Klarsichtfolie ausgeschaltet wird, damit er nicht immer beim Kochen losgeht.

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