Die Japaner sind in einem Punkt ziemlich altmodisch. Alle was sie machen, geht normalerweise mit der neuesten Technik und meistens dadurch elektronisch. Es hat seinen Grund, warum japanische Handys den deutschen Handys um Meilen voraus sind. Zum Neujahr hingegen besinnen sie sich dann doch auf die alten Werte. Die Postkarte wird wieder herausgeholt und an alle Bekannten und wichtigen Persönlichkeiten werden welche geschickt. Dazu stehen sogar an den normalen Briefkästen gesonderte Schlitze bereit, um einen schnellen Versand zu garantieren. Egal ob Boss, Kindergärtnerin oder Familie, man weiß nie, wann man die Gunst einer Person mal wieder benötigt, also wird auch wirklich an alle geschrieben. Um Mayumi in diesem Punkt mal zu erwähnen, sie war in diesem Jahr gezwungen, 80 Neujahrskarten zu verschicken. Da Bedruckung als unhöflich gilt, musste natürlich auch jede einzeln beschriftet werden und dabei reicht natürlich nicht nur ein Satz. Nein, die ganze Karte wird von oben bis unten vollgeschrieben. Zurück bekommt man dann in etwa die Hälfte der Karten, da die höheren Personen einem natürlich nicht schreiben. Meine persönliche Quote sieht da schon etwas besser aus. Ich habe tatsächlich null Karten geschrieben und eine bekommen. Dafür, dass eigentlich kaum einer mal meine Adresse kennt, eine beachtliche Zahl. Dazu kommt, dass alle Japaner, die mal im Ausland waren, sowieso nur sehr lange Mails geschickt haben. Heute gelang es mir dann auch, endlich diese eine Karte, die Kanayo mir geschickt hatte, zu entziffern. Bei der großen Anzahl an unbekannten Kanjis war das auch eine Kunst für sich. Auf jeden Fall, was soll ich sagen? Der japanische Höfflichkeitsfluss sogar unter Freunden ist wirklich unbeschreiblich. Ich hätte eventuell ein paar Wünsche geschrieben und dann ist gut, aber Kanayo dankt mir für die verschiedensten Sachen im letzten Jahr. Felix geht sogar soweit, dass in Deutschland so ein Text leicht geändert schon als Liebesbrief durchgehen könnte. Da fühle ich mich ja fast schlecht, nur eine normale SMS geschrieben zu haben. Aber auch vom Äußeren können sich solche Karten sehen lassen. Aufwendig gestaltet und der Text mit den verschiedensten Zeichen gestaltet, die man normalerweise nur in Mails erwartet. Egal ob Herz oder Sterne, hinter jedem Satz muss etwas stehen. Japanerinnen haben schon einen interessanten Schreibstil. Auf jeden Fall habe ich mich sehr gefreut über die Karte, auch wenn einige der SMS auch ziemlich interessant waren. Nur über das Design lies sich einige Male wirklich laut lachen. Die Nachricht von Kaori passt unter anderem in dieses Schema. Sie ist so auf süß getrimmt, dass keine über 12 Jahre alte Deutsche die so abgeschickt hätte. Beeren, Smilies und die Farben rosa und pink dominieren dabei die Nachricht. In Japan ist das aber ganz normal und die Damenwelt bemüht sich extremst, dieses Image aufrecht zu erhalten, was ihnen auch irgendwie immer wieder gelingt.
Ich selbst musste heute an jemanden im Süden Japans etwas verschicken und es stellte sich als interessante Geschichte heraus. Die Postbeamten sahen mich den Laden betreten und gingen erst mal geschlossen etwas nach hinten, um sich verschwörerisch zu beraten. Nach dieser Strategiesitzung wurde mir sofort eine Japanerin zugeteilt, die etwas Englisch konnte und von da an nur mich durch alle Schritte des Versendens begleiten musste. Man fühlt sich schon etwas schlecht, wenn man den Verkehr so aufhält, aber ich hätte die Dame ja gar nicht gebraucht. So etwas eigenständig bin ich ja schon, aber erklär das mal einem Japaner. In letzter Zeit passiert mir das sowieso wieder häufiger. Ich betrete einen Modeladen und ich habe mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Verkäufer genau in meiner Nähe, der so bald ich ein wenig verwirrt schaue, sofort angesprungen kommt. Da kann der Laden noch so überfüllt sein, ich scheine wirklich immer so verloren auszusehen.
2 Kommentare
Zum nächsten Jahreswechsel hat dann meine an Dich zu schreibende Karte eine neue Anschrift und eine neue Absenderadresse (aber nicht das Texas in Amerika).
6 geschickt keine bekommen 🙁
deine quote scheint eindeutig besser 😉
btw ich bin in letzter zeit untergetaucht, werde aber wie es ausschaut in 2 wochen mit der uni fertig sein. du wirst dann wieder von mir hören 😉
bzw sieht so aus als würde ich in der zweiten februarhälfte irgendwann in sendai sein 🙂