Diskutieren an der Uni? Keine gute Idee!

Herr Shimizu, Herr Reik hat recht, gehen sie nach Göttingen für ihren Auslandsaufenthalt, da haben sie am meisten davon! Ich glaubte nicht richtig zu hören, als ich diese Aussage heute im Büro hörte und die anderen waren noch geschockter als ich. Die deutsche Professorin hat sich noch nie von ihrer Meinung abbringen lassen und die Tatsache, dass ich diskutiert habe und München als Standort für Shimizu offen attackiert habe, soll ein Umdenken bewirkt haben? Gut, mich überraschten auch noch andere Dinge: zum Beispiel dass ich mich gegen Göttingen und für Berlin ausgesprochen hatte und dass ich mal wieder mit Herr Reik angesprochen wurde. Wann lernen die Leute endlich, meinen Vornamen von meinem Nachnamen zu unterscheiden? So schwer ist das nun auch wieder nicht. Besonders überraschte aber die Aussage, dass sie die letzten Tage noch ein paar Mal über den Disput nachgedacht habe und dass Shimizu im Endeffekt eh auf mich hören wird. Letzteres mag zweifellos richtig sein, aber im Allgemeinen war das keine Diskussion, die noch Tage lang beschäftigen sollte. In Japan aber auf der anderen Seite vermutlich schon. Wie ich heraus bekommen habe, würde es hier niemand wagen, Personen mit höherem Ansehen zu widersprechen, selbst wenn diese damit leben können. Selbst mein oberster Prof widerspricht anderen Professoren nur im größten Notfall. Da war die Verteidigung des Nordens von Deutschland schon ein Großereignis. Als wir wieder alleine waren, kamen die anderen Studenten erst einmal zu mir, um sich bestätigen zu lassen, dass sie richtig gehört haben. Im Endeffekt muss ich die nächsten Tage mit Shimizu mal durchgehen, was er denn nun als Bewerbung schreibt. Immerhin hat er heute schon die höchste Ansprechform überhaupt verwendet: das Sama (Hochgeehrter), um sich meine Dienste zu sichern.

Eine andere Person, die sich meine Dienste gesichert hat, ist Rieko und ich muss sagen, ich bin froh, wenn sie ihre Arbeit endlich abgegeben hat. Ich saß heute nur bis 23.00 Uhr in der Uni, um mit ihr noch einmal die formellen Dinge ihrer Arbeit durchzugehen. Andere Studenten waren zwar auch da, aber ihr Wissen über die formelle Gestaltung einer Hausarbeit ließ auch sehr zu wünschen übrig. Aber jetzt mal ehrlich: Was ist so schwer daran zu verstehen, dass eine Überschrift nicht alleine auf einer Seite steht oder dass Bilder direkt mit den Quellenangaben versehen werden müssen. Sie machte teilweise Anfängerfehler, die normalerweise in Deutschland schon im ersten Semester beigebracht werden. So erfährt man zum Beispiel gleich am Anfang des Studiums, dass Wikipedia keine Quelle für eine Magisterarbeit darstellt. Bis nach Japan ist das aber noch nicht durchgedrungen. Trotzdem machen wir gute Fortschritte und die Arbeit ist schon bis auf Seite 71 vorgedrungen und braucht nur noch geringe Überarbeitungen. Gleichzeitig verlerne ich nicht alle Eigenschaften, wie man eine gute Arbeit schreibt. Schließlich muss ich es auch bald genug selbst wieder machen.

Selber machen musste ich heute aber auch einige Kurse. Ich helfe ja nicht nur anderen Menschen oder diskutiere mit ihnen. So gab es heute im Japanisch Kurs einen Crashkurs im Neujahrskarten schreiben. Als ich sah, wie groß der Haufen war, den meine Japanischlehrerin letztes Jahr erhielt, bin ich froh, nur ein armer kleiner Student hier zu sein. Knappe 50 Stück hatte sie erhalten, alle mit persönlicher Nachricht und meistens auch noch selbst gestaltet, zum Beispiel mit Bildern ihrer Kinder. Natürlich ist das Verfahren mit dem Karten schreiben zu Neujahr und Weihnachten auch in Deutschland verbreitet, so schlimm ist es bei uns aber nicht. Dafür kann man in Japan aber auch gleich etwas gewinnen und die Chance steigt, je mehr Karten man bekommt. Die übliche Neujahrskarte hat eine Losnummer aufgedruckt, mit der man eine Hawaii-Reise gewinnen kann. Je mehr Leuten man also Karten schickt, desto mehr bekommt man zurück und desto höher ist die Chance auf den Gewinn. Wie es aussieht, geht das System ziemlich gut auf und Mayumi berichtete mir gerade, dass sie sich einen ganzen Tag dafür nahm, um Karten zu schreiben. Zum Glück kenne ich die Adressen meiner Bekannten immer nicht, darum bin ich zu nichts verpflichtet. Vielleicht sollte ich aber eine Entschuldigungsneujahrskarte an die deutsche Professorin schicken. Die ist dann dafür, dass ich die Frechheit besaß, zu diskutieren und dass Shimizu auf jeden Fall nördlich des Weißwurstäquators leben wird.

4 Kommentare

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    • Dieter auf 15. Dezember 2010 bei 11:04

    Sama Reik!

    Wenn ich viele Mails schreibe, gehen diese dann auch wie die Neujahrs-
    karten in eine Verlosung ein? Hier müßte der Gewinn dann allerdings
    ein „1.FC Magdeburg-Ehrenringträger-VIP-Heimspielaufenthalt“ sein!

    Viele Biguncle-Grüße aus Magdeburg

    • admin auf 15. Dezember 2010 bei 18:27
      Autor

    Dieter-sama,
    die Ehrenansprachen wie Herr (san) oder halt sama kommen immer an den Ende des Namens.

    Das mit den Mails klappt nur bei bestimmten Leuten und ist jetzt glaube ich auch schon ein Jahr her. Ich hätte da aber noch die Vorlage, wie die Aussehen müssen ;-P Ich würde dir natürlich aber auch einen gönnen.

    Viele Grüße zurück.

    • Dieter auf 16. Dezember 2010 bei 09:48

    Reik-sama,

    ich würde die Mails doch für Dich schreiben wollen, damit Du gewinnst!!!

    • admin auf 16. Dezember 2010 bei 20:29
      Autor

    Och Dieter-sama,
    du weißt doch, ein Treuering reicht. ;-P Über E-Mails freue ich mich aber natürlich auch ohne Gewinnchancen.

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