Sonnenschein über Sendai

Deutschland geht im Winter unter. Die Zeitungen zählen schon die Opfer des Wetters und bei bis zu 10 Grad Minus und Schnee ist der Weg zur Arbeit nicht immer ganz angenehm. Währenddessen, auf einer kleinen Insel rund 10.000 km östlich von Deutschland, haben ein paar ausländische Studenten nichts besseres zu tun, als in kurzen Hosen und Trikots Fußball zu spielen. Man merkt also, um mich muss man sich keine Sorgen machen. Hier in Sendai ist das Wetter noch ziemlich warm. Besonders wenn die Sonne am Himmel zu sehen ist, gibt es überhaupt keinen Grund sich zu beschweren. Temperaturen von bis zu 15 Grad Celsius sind noch als sehr angenehm zu bewerten und verleiten einige Leute sogar noch, mit kurzen Hosen auf die Straße zu gehen. Wirklich kalt wird es eigentlich nur in den Zimmern, wo keine Sonne hinreicht. Besonders mein Zimmer kühlt sich aus unbegreiflichen Gründen relativ stark ab, wobei ich auch keine Veranlassung sehe, die Klimaanlage anzuschmeißen, weil die Temperaturen dazu noch bei weitem nicht ausreichend weit im Keller sind.

Letzten Mittwoch hatte Mohamed mir schon angekündigt, dass aufgrund des noch relativ guten Wetters einige Studenten Fußball auf dem Campus spielen. Immerhin war die Uni so freundlich, direkt auf dem Hauptplatz des Zentralcampus ein Basketball- und ein Fußballfeld zu errichten. Ein guter Grund im blau-weißen Trikot dort zu erscheinen. Ich war zwar etwas spät dran, wurde aber schnell eingewechselt und es war eine sehr lustige Zeitüberbrückung. Mit einem Tor, zwei Vorlagen und keinem Gegentreffer als Torwart lässt sich meine Quote sogar relativ sehen. Solange ich treffe, regt sich zum Glück auch keiner über die tausenden versprungenen Bälle auf – der Herr Georgi lässt grüßen. Als Verteidiger bin ich aber eher zu gebrauchen. In bester Prest-Manier einfach mal dazwischen zu gehen liegt mir mehr. Das Wetter lud aber unzweifelhaft zum Spielen ein und einige Japaner schauten uns auf einmal sogar zu, wie wir spielten.

Anschließend fühlt man sich auch viel besser im Büro. Wobei, im Büro war heute eh nicht viel los. Die Leute waren alle nicht anwesend, so dass ich in Ruhe arbeiten konnte. Auf einmal kam zwar jemand, aber der hatte nur den Plan, in Ruhe ein Origami herzustellen. Man erinnert sich: ich war zu blöd, wenigstens einen Kranich herzustellen und der fing auf einmal an, einen Teufel zu basteln. Na gut, wer zu viel Langeweile hat, den soll man nicht aufhalten. Ich wäre aber vermutlich gepflegt untergegangen bei dem Versuch. Dafür ging es abends dann als Ausgleich ins MafuMafu. Wir waren schon eine Weile nicht mehr da und was gibt es besseres, als derartig den Abend ausklingen zu lassen. Schon beim hereinkommen wurde ich lautstark mit meinem Vornamen von einer Japanerin begrüßt. Keine Ahnung, woher die den immer wissen, aber zwei Stunden lang arbeitete ich mich an die Erinnerung heran, woher ich die junge Dame überhaupt kennen könnte. Wie sich herausstellte hatte sie einen ostdeutschen Exfreund und ich hatte sie vor ewigen Zeiten mal getroffen. Ihre Geschichten waren aber wirklich göttlich. So berichtete sie ihre Erfahrungen mit Deutschland. Diese Berichte fingen mit der Kleidung an. Die tiefen Ausschnitte der Deutschen sagen ja wohl eindeutig die Ziele der Damen aus, während die Miniröcke der Japaner doch so viel subtiler sind. Gänzliches Unverständnis hatte sie dann aber für ihre Schreckenserfahrung mit dem FKK-Strand. Als der Bruder ihres Exs auf einmal nackt vor ihr stand, ging bei ihr gar nichts mehr und sie hat sich dort so geschämt und vermutet jetzt, alle Deutschen wären so freizügig wie der Bruder. So kann man auch das Bild einer Nation kaputt machen! Im Großen und Ganzen war es zwar sehr lustig, aber viel zu voll. Eine Gruppe von neu angekommenen Studenten hatte sich eingefunden und mal wieder viel zu viel getrunken. Besonders ein Amerikaner war fertig mit der Welt und wurde nur lauter und lauter. So macht der Kneipenbesuch viel weniger Spaß, weil der für mich wichtigste Punkt mit den Gesprächen wegfiel. Dass Orsolya und ich zur Verabschiedung als Stammkunden jetzt schon umarmt werden, hat uns dann aber doch überrascht. Nächstes Jahr wird die Kneipe dann wohl pleite gehen, wenn wir weg sind.

2 Kommentare

    • Dieter auf 4. Dezember 2010 bei 10:54

    Hallo Reik!
    Da hier alle RL-Spiele des Wochenendes ausfallen, ist Dein Bericht vom
    Fußball unter fernöstlicher Sonne -noch dazu in den Farben der Größten
    der Welt- eine willkommene Abwechslung!!
    Wie kann man als Torwart vorm Gegner Tore und Vorlagen produ-
    zieren?! Hilfestellung für Tischer angeraten…??

    • admin auf 4. Dezember 2010 bei 20:44
      Autor

    Beste Grüße zurück in den deutschen Winter.

    Tischer und Beer könnten beide bei mir viel lernen, zum Beispiel wie man nicht über den Ball tritt. Nein, des Rätsels Lösung ist einfach, dass ich nach 15 Minuten ins Tor gegangen bin, weil keiner Torwart spielen wollte. Da hat uns aber dann ein großer Spieler vorne gefehlt, so dass ich nach 30 Minuten wieder für die Schlußoffensive draußen stand. Tipps an den Rest des Teams gebe ich natürlich auch gerne weiter. Ich würde notfalls als neuer Trainer bereitstehen ;-P.

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