Die Antwort lautet McCartney…….

Donnerstagmorgen, der übliche Schrecken steht an. Früh aufstehen und mit dem Rad rüber zur Uni quälen, immer in dem Wissen, dass bei der Japanischlehrerin viel Nachbearbeiten von Nöten sein wird, denn im Kurs versteht sowieso niemand etwas von ihr. Nachfragen wird bekannterweise auch gleich als Beleidigung ausgelegt, also versucht man es gar nicht erst. Ein Umstand, der die hohe Abwesenheitsquote der Studenten am Donnerstag erklärt. Aufbauend für mich ist eigentlich nur eine Sache, die Koreaner verstehen mittlerweile zum Großteil auch nichts mehr, was könnte es also besseres geben als sich direkt mit ihnen zu verbünden. Mittlerweile sieht der Unterricht aus diesem Umstand so aus, dass einer noch etwas weiß und mitarbeitet und der Rest versucht nur zu überleben. Zum Glück ist unser Bündnissystem aber bestens ausgebaut und im Unterricht hört man nur nach das Flüstern der Studenten, die den gefragten Studenten mit der Antwort aushelfen. Aber ich muss feststellen, ganz unverdient ist diese Hilfe nicht. Es ist zwar nicht die feine englische Art, aber wenn die Koreaner bei den Kurztests mit ihren Büchern arbeiten, ohne dass die Lehrerin etwas sagt, können einige Hilfen beim Fragen beantworten auch nicht verkehrt sein. Aber so ein Kurs hat bekannterweise auch seine Vorteile und sei es nur der Fakt, dass er nach 280 Minuten vorbei ist.

Da saß ich nun komplett in der Japanischzone und versuchte, meinen Kopf wieder zu ordnen und mich nebenbei ein wenig mit Olga zu unterhalten, als ich auf einmal eine SMS bekam. ?Die heutige Antwort lautet McCartney.? Wer schreibt bitte so etwas und vor allem, was will er mir damit sagen? Gleich mal den Absender überprüft und es handelte sich um Shimizu. Mein erster Reflex war eine Antwort mit dem Text ?Ich will Lösen! Die Frage lautet: ?Welcher Beatle ist heute Vegetarier??. Wohl wissend, dass er kein Wort verstehen würde, unterließ ich es lieber und machte mich schnell auf dem Weg zum Büro. Dort traute ich meinen Augen nicht. Gestern hat bekanntlich die Zeit der Adventskalender angefangen und in guter Tradition löse ich bei einem Kalender im Internet Quizfragen. Den Kalender habe ich gestern Shimizu gezeigt und da saß er nun mit drei anderen Studenten, alle mit elektronischen Wörterbüchern bewaffnet. Er hatte die Frage soweit es ihm möglich war übersetzt und dann versucht, mit ihnen die Lösung heraus zu bekommen. Mein Professor Herr Morimoto wäre stolz auf mich. Wenn ihm in der deutschen Literatur vor einem Jahr jemand erzählt hätte, dass vier Studenten freiwillig in der Mittagspause Rätsel auf Deutsch lösen, er hätte sie wohl für unzurechnungsfähig erklären lassen. Gut, aufgrund ihrer Sprachkenntnisse hatten sie den letzten Teil der Frage nicht richtig verstanden, aber der Ansatz war auf jeden Fall richtig und mit einem Muttersprachler gelang es mit ihrem Ansatz dann auch ganz schnell, die richtige Lösung zu finden. Mich freut es ja Rätselpartner gefunden zu haben, aber wirklich, ein wenig mehr könnte Shimizu ab jetzt schon in seinen SMS schreiben, so dass ich ihn auch verstehe.

Ansonsten habe ich das Büro mit einer Enthüllung schockiert, jedenfalls die anwesenden Studenten. Ich verstehe tatsächlich zum Großteil, was sie erzählen. Das ist eine Tatsache, die sie nie für möglich gehalten haben und sich deshalb auch gerne mal im meinem Beisein über mich unterhalten haben. Shimizu hat aber mittlerweile aus praktischen Gründen mitbekommen, dass ich sie verstehe und es heute den anderen verraten. Zu schade aber auch! Wenigstens konnte ich so mit meinen dieses Semester wirklich guten Kurztests des Grammatikkurs etwas angeben. Dann half ich Shimizu, seinen Deutschkurs vorzubereiten. Mein Gott – kein Wunder, dass die alle kaum Deutsch können, bei so bescheidenen Aufgaben würde ich auch meine Probleme bekommen. Sie bekommen einen japanischen Satz und sollen den wortwörtlich ins Deutsche übersetzen. Das ist schon aus Logikgründen total unpraktisch wenn man bedenkt, dass japanische Sätze eine Ordnung der Fakten nach Wichtigkeit haben, die in einer direkten Übersetzung keinen Sinn macht. Das ist ja gerade das Problem, was die Sprache für Europäer so schwer zu sprechen macht, weil wir auch vom Gefühl aus unsere Anordnung versuchen. Wieso bringt man es den Japanern erst falsch bei, um ihnen später ?hoffentlich? mal das Richtige beizubringen? Ich werde das japanische Sprachlernsystem wohl nie verstehen!

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