Sendai an sich hat nicht all zu viele Sehenswürdigkeiten, die man Gästen vorstellen könnte. Natürlich verfügt die Stadt schon um ein paar Orte, nur ob man damit mehrere Tage füllen kann, bleibt fragwürdig. Um uns aber nicht zu langweilen beschlossen wir für den heutigen Tag, eine Runde heraus zu fahren und den Ort. Hiraizumi zu besichtigen. Gleichzeitig bot das mal wieder die Gelegenheit, den Shinkansen zu nutzen. Das ist eine Beschäftigung die ich unbedingt ausnutzen musste.
Hiraizumi selber stellt einen verschlafenen Ort in der Iwate-Region dar. Wäre nicht seine Geschichte, so würde er wohl aufgrund seiner Größe kaum einmal Besucher haben. Vor knapp 800 Jahren sah das Bild aber noch ganz anders aus. Die ?sh? Fujiwara, ein mächtiger Clan, beherrschten von etwa 1.000 an für rund 200 Jahre T?hoku. Als Hauptstadt und Regierungssitz wählten sie dazu den Ort Hiraizumi aufgrund seiner strategisch günstigen Lage und seiner spirituellen Bedeutung. Diese Wahl führte zu einem Aufschwung der Stadt, deren Bedeutung für Kunst und Kultur gleichmäßig mit anstieg. Die Stadt wurde einer der größten Japans und die Funde von Porzellan und anderen Gegenständen belegen eindeutig den Reichtum der Stadt. Nach dem Aussterben des Geschlechts, verfiel aber auch die Macht und der Reichtum der Stadt und ihre Bedeutung schwand schnell.
Schon die Touristeninformation am Bahnhof machte klar: Wir sind etwas besonderes. So gab es zur Abwechslung wirklich einmal deutsche Karten. Warte – deutsche Karten? Da kann doch etwas nicht stimmen und vom ganzen Schreibstil hatte ich schnell Thomas im Verdacht. Wer anderes sollte solche Übersetzungen denn erstellt haben? Was soll ich sagen, ich hatte recht. Spät abends berichtete uns Thomas von der dazugehörigen Geschichte. Auf jeden Fall entschieden wir uns für den mehrere Kilometer langen Wanderweg, um den Ort zu erkunden. Es stellte sich als eine eindeutig gute Entscheidung heraus. Wie schon auf Yamadera, waren die Herbstfarben schon weit verbreitet. Es war ein Mekka für Hobbyfotografen. Allgemein hat der Ort aber so einiges zu bieten. Egal, ob Park, Tempel oder Ausgrabungen, für jeden Geschmack ist etwas zu finden. Dazu sahen die Tempel auch noch sehr gut aus. Besonders der goldene Pavillon, der in einer Hütte unter Verschluss stand, stellte sich als sehr ansehnlich heraus. Wieso der Ort unter anderen ausländischen Touristen kaum bekannt ist, verwunderte mich schon sehr. Den Blicken nach zu urteilen, bilden Ausländer auf jeden Fall nicht das Standardbild des Ortes. Wie gesagt, die Tempel waren den Spaziergang wert und die Unbekanntheit des Ortes ist sehr unverständlich. Vermutlich liegt es einfach an der Tatsache, dass man versucht, den Ort nach dem Gedankengut des Ortes zu verkaufen und erreicht dadurch nicht die Anzahl an Besuchern, die man sich eigentlich wünscht. Der Versuch, sich als UNESCO-Weltkulturerbe zu bewerben, scheiterte an dem selben Problem.
Nach einem längerem Aufstieg zum Haupttempel des Ortes, entschieden wir uns, ein leichtes Essen zu uns zu nehmen, um uns zu kräftigen. Wirklich klein wurde das Essen aber nicht. Mein Vater bestellte dabei ein Gericht, wo ihm zu Tempura eine selbst zuzubereitende Sojasoße bereitgestellt wurde und anschließend 18 Schüsseln mit Sobanudeln gereicht wurden. Das hört sich nach besonders viel an, ist es aber nicht. Im Endeffekt hätte er vermutlich auch nicht mehr oder weniger bekommen, wenn er ein normales Sobaessen genommen hätte. Die Idee, sich selber den Dip anrühren zu können und verschiedene Geschmacksrichtungen ausprobieren zu können, gefiel mir aber richtig gut. Bitte mehr davon! So kann man wirklich das Beste für sich herausholen.
Nach dem Essen begaben wir uns langsam nach Hause. Was sollte man mit dem angebrochenen Tag noch machen? Wir entschieden uns, zur riesigen Buddhastatue am nördlichem Ende des Ortes Sendai zu fahren. Mittels Linienbus war das Erreichen der Statue auch kein Problem. Leider war sie aber gerade geschlossen worden und wir standen vor verschlossener Tür. Wir entschieden uns für den taktischen Rückzug, nachdem wir das Aussehen der Statue auf Fotos festgehalten hatten. Auf dem Rückweg geschah es dann. Normalerweise hat jeder Mitfahrer des Busses beim Einstieg eine Nummer zu ziehen, um dadurch eine Verifizierung der Fahrtkosten zu ermöglichen. Leider vergaßen wir dies aus verschiedenen Gründen, so dass ein Japaner all sein Englisch herausholte und uns alles erklärte. Es ging zwar trotzdem alles gut, aber der Japaner stand schon Gewehr bei Fuß, um uns bei unserem Ausstieg aus der Predulie zu helfen. Zum Glück brauchten wir es aber nicht. Nach etwas Shoppen in der Innenstadt, ging es erst einmal etwas Essen. Wir entschieden uns für ein sehr leckeres Okonomiyaki Restaurant. Nachdem dort die Grundlage gelegt war, zogen mein Vater und ich auch noch einmal zum MafuMafu.
Dort angekommen zeigte sich eine sehr breit gefächerte Gästeliste. Aus allen Altersklassen waren Leute anwesend. Besonders gut haben wir uns mit unseren Nachbarn verstanden, die seit heute 33 Jahre verheiratet sind. Irgendwie hatten sie einen Narren an meinem Vater gefressen, so dass er ein Bier von dem Paar ausgegeben bekam. Dies ist eine sehr seltene Geste in Japan. So ging es eine ganze Weile hin und her und es wurde ein sehr lustiger Abend. Ich glaube, mein Vater versteht mittlerweile, warum ich öfter mal dort aufzufinden bin. Ansonsten kann ich nur noch einmal Hiraizumi für zukünftige Japanreisende vorschlagen, ein wirklich schöner, wenn auch von den meisten vergessener Ort, in der Nähe Sendais.
2 Kommentare
Sven, in welcher Reihenfolge hast Du die Schälchen links von Dir
verputzt ? Alle geschafft?
Von unten nach oben und von rechts nach links! 🙂 Das war doch nur eine bessere Vorspeise, denn in jeder der 18 Schüsseln ist nur die Menge, wie sie in Deutschland auf eine Gabel passt.