Matsushima die Dritte

Alle guten Dinge sind drei. So lautet die alte Lebensweisheit und genau nach diesem Prinzip lebte ich heute. Mittlerweile habe ich Matsushima, einen der angeblich drei schönsten Plätze Japans, schon zweimal besucht. Keines der beiden Male konnte der Ort mich wirklich überzeugen. Im Frühjahr mit Orsolya und den anderen war es kalt und nebelig, im Sommer mit Dennis dann nur noch nebelig und wirklich beeindruckend war der Ort nicht. Aber ich gebe ja allen mehrere Chancen. Dementsprechend fuhren meine Eltern und ich heute mit dem Zug nach Matsushima. Eigentlich auch nicht, da wir einige Stationen vorher ausstiegen, um die Fähre nach Matsushima zu nehmen. Ein neuer Ansatz, um die Faszination des Ortes zu verstehen, da ich das Fahren mit der Fähre aus Kostengründen bisher immer vermied. Das Wetter hatte auf jeden Fall ein Einsehen mit unserer Entscheidung. Der Himmel war fast wolkenlos und die Sonne strahlte. Wir hatten somit beste Voraussetzungen für eine Bootsfahrt.

Es konnte also losgehen und die Besatzung des Schiffes legte sogar englische Erklärungen für uns drei ein. Aufgrund der günstigen Witterungsbedingungen war das Meer ruhig und wir hatten eine angenehme Fahrt. Einzig verwunderlich war die große Anzahl an Möwen, die unserem Schiff folgten. Wie sich herausstellte, verkauft das Schiffspersonal etwas Futter, auf das sich die Möwen stürzen. Dementsprechend ist es möglich, Möwen per Hand zu füttern und einige Japaner machten von dieser Möglichkeit nur all zu gerne Gebrauch. Einer davon hatte nach einer dreiviertel Packung aber genug von dem Spaß und drückte mir noch einige von den Stangen in die Hand. Also war ich an der Reihe, zu füttern. Meiner Meinung nach ist es auf jeden Fall nichts, was ich öfter machen möchte und das bis heute alle Passagiere dabei unverletzt in Matsushima angekommen sind, verwundert mich allerdings sehr. Die Schnäbel der Möwen sind ganz schön hart und treffen einen bei den Schnappversuchen schon leicht bis härter. Nachdem die Möwen genug gefüttert wurden, konnten wir uns alle nun endlich dem eigentlichen Sinn der Überfahrt zuwenden, den über 260 Inseln von Matsushima. Ich muss zugeben, aus dieser Perspektive auf einem Boot, sahen sie schon beeindruckender aus und die Namen einiger Inseln, die immer mit dem Aussehen der selbigen zu tun hat, sind mir jetzt auch klarer geworden. Einen der Top drei Plätze würde ich dem Gebiet trotzdem noch nicht geben, in meiner persönlichen Achtung ist das Gebiet aber doch gestiegen. Vor Ort ging es dann noch in einen Liebestempel und ein botanisches Sperrgebiet. Wenn man schon einmal in einem Schreingebiet ist, muss man auch einen traditionell japanischen Tee trinken. Um dieser Weisheit Folge zu leisten, versuchten wir uns auch an Matcha, echtem japanischen grünen Tee. Ein Hochgenuss, den man nicht genug loben kann. Matcha ist mit gutem Grund einer der Besten der Welt. Da wir einen Wochentag haben, stellten wenigstens die Besucher kein so großes Problem dar und wir konnten einiges ablaufen. Der Hafen bleibt aber aufgrund seiner Tourismus-Bauten ziemlich hässlich und wer nur ihn kennt, wird die Faszination der Inselgruppen vermutlich nie nachvollziehen können.

Anschließend ging es zurück nach Sendai. Gestern hatten wir uns ein Fleischrestaurant ausgeschaut, wo man selber sein Fleisch grillen kann. Das wollten wir besuchen und es sollte sich lohnen. Verschiedenste Sorten Fleisch, Gemüse und Fisch wurden aufgetischt und von uns gegrillt und gegessen. Das selber Grillen gibt dazu dem Ganzen den letzten Schliff. Man kann wirklich entscheiden, wie man das Essen gerne hätte. Einziges Manko stellte die Tatsache dar, dass sie herausfanden, dass ich ein wenig Japanisch verstand. Deshalb fing man an, nur noch mit mir und nur auf Japanisch zu reden, was die ganze Sache anstrengender machte. Trotzdem war fast alles sehr lecker, auch wenn wir bei einigen Sachen gerne gewusst hätten, was wir da eigentlich essen. Mhh, eigentlich ist das falsch, wir können normalerweise froh sein, nicht zu wissen, was wir gegessen haben. Anschließend an das Essen überschlugen sich aber noch die Ereignisse. Meine Mutter wollte die Toilette aufsuchen, aber das Restaurant besaß nur eine östliche Hocktoilette. Sie wollte deshalb darauf verzichten. Darauf folgte eine der Mitarbeiterinnen ihr noch auf die Straße, um ihr eine private Toilette, irgendwo hinter vielen engen Gängen versteckt, zu zeigen. Sie ließ sich auch nicht von dem Vorhaben abbringen. Natürlich konnte die Kellnerin uns dann nicht unbewacht alleine rumstehen lassen und verwickelte uns, mit ihrem letzten Schulenglisch, in ein Gespräch. Da wir Fotos machen wollten, bestand sie darauf, uns zu fotografieren. Aber so nicht mit uns! Ich schnappte sie mir kurzerhand und schon musste sie auch posieren. Aufgrund des Höhenunterschieds stand sie aber lieber gleich einige Stufen höher. Es entwickelte sich noch ein sehr lustiges Gespräch. Besonders, da man vorher nur Japanisch mit uns sprach, war das sehr verwunderlich, aber angenehm.

Um den Tag angenehm abzuschließen, zeigte ich meinen Eltern anschließend noch das MafuMafu. Thomas zeigte sich von seiner besten Seite und es wurde ein sehr lustiger Abend. Die benachbarten Japaner quetschten uns aus und meine Eltern sahen einen normalen Abend in der Bar. Ich denke, das hat ihnen auch Spaß gemacht, wobei das zusätzliche Essen, was wir von Thomas noch gestellt bekommen haben, wirklich kaum noch notwendig war, wir waren eigentlich auch so voll. Im Großen und Ganzen zeigte sich aber, dass man keine Angst vor japanischen Restaurants haben braucht, auch wenn man keine Ahnung hat, was man eigentlich bestellt. Es gibt kaum etwas wirklich schreckliches in der japanischen Küche und wenn, dann wird man auch rechtzeitig davor gewarnt. Besonders das Grillen am Tisch, mit einem im Tisch verbauten Grill, wird man aber leider in Deutschland nie finden, da es wohl gegen alle Auflagen verstößt. Als Japan-Reisender kann man in solchen Restaurants aber den meisten Spaß haben. Matsushima hat dazu bei mir auch Punkte gut gemacht, auch wenn ich erst einmal Yamadera im Vergleich sehen will. Ich vermute, das wird Matsushima wieder Punkte kosten, aber immerhin kann ich endlich eine Empfehlung für den Ort geben, auch wenn es nicht uneingeschränkt ist und Sonnenschein ohne Nebel als Voraussetzung hat.

1 Kommentar

    • Dieter auf 9. November 2010 bei 10:10

    Ich glaube, Ihr erlebt bei dieser Reise mehr als bei allen früheren
    Urlauben zusammen!
    Ilka, was ist gegen eine vernünftige Hocktoilette einzuwenden ? Früher
    hatten schon die alten Germanen dazu noch einen Knüppel (zum Wölfeverjagen…)
    Und Reik , Handschuh schützt vor Möwenpick. Aber woher so schnell bekommen,oder?
    Alles Gute und viel Spaß weiterhin!

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