Eine Zugfahrt die ist lustig…..

Wer kennt nicht das Gefühl? Der letzte Tag in einer Stadt und gesehen hat man bei weitem noch nicht alles. Eigentlich hatte man noch so viel mehr Pläne und jetzt soll man schon wieder irgendwo anders hin fahren. Um diesem Gefühl etwas entgegen zu setzen, entschieden wir uns heute, nicht direkt in die nächste Stadt zu fahren, sondern erst einmal noch etwas Kyoto zu erkunden. In der Nähe des goldenen Pavillons existiert noch ein Tempel, auf allen Karten nur mit einem normalen Tempelzeichen bedacht, aber immerhin in einem Reiseführer mit zwei Sätzen beschrieben. Da er aber eine Pagode hat und sich mein Vater langsam zum Pagodenfan entwickelt und auch die zwei Sätze sich ziemlich gut anhörten, entschieden wir uns, dem Tempel einen Besuch abzustatten. Eigentlich hätten wir diesen Besuch schon vor zwei Tagen unternehmen sollen, schließlich waren wir am goldenen Pavillon. Aber damals entschieden wir uns, der Karte zu vertrauen und besuchten ihn nicht. Ein Problem, was der Tempel wohl häufiger hat. Trotz überfüllter Straßen und Wochenende fanden wir kaum Menschen am Tempel vor. Sehr zu unserer Freude eigentlich, kann man solche Tempel doch bei Ruhe viel mehr genießen, als wenn man von allen Seiten weggeschoben wird.

Der Tempel stellte für uns aber auch gleich eine Überraschung dar, war er doch einer der Besten, die wir in Kyoto gesehen haben. Als Teil eines Kaiserpalastes war er auf einem großen Gelände verteilt und auch verhältnismäßig kostbar ausgestattet. Das wirkliche Highlight war aber der Palast selber. Ein japanisches Haus, mit eingebautem Schrein, umrandet von japanischen Gärten. Vor allem von diesen Gärten können sich die europäischen Landschaftsgärtner eine Scheibe abschneiden. Alles war perfekt geschnitten und aufeinander abgestimmt. Ein kleiner Wasserfall und ein See komplettierten das Bild. Leider war es aber, als wir den Garten fast fertig besucht hatten, auch schon aus mit der Ruhe. Zum einen kam eine Reisegruppe, nur aus Deutschen bestehend, an. In einem Park und Museum, wo nur wenige Leute überhaupt den Weg hin finden, stört so etwas natürlich erheblich die Ruhe. Eines der erheblichen Vorteile des Tempels stellte ja gerade die Tatsache dar, dass durch das Understatement des Touristikbüros der Tempel als nicht wichtig für die Touristen eingestuft wird und dadurch der Tempel durch Invasionen von Besuchermassen verschont bleibt. Da wir aber auch langsam in zeitliche Probleme mit unserem Shinkansen kamen, war es eh besser, das Weite zu suchen.

Irgendwie schafften wir es auch noch rechtzeitig zum Zug und konnten auf große Fahrt gehen. Da wir einmal umsteigen mussten, gelang es uns auch, die Arbeiten des Personals einmal ein wenig unter die Lupe zu nehmen und wir müssen sagen, das Gerücht, dass Japaner wie eine geölte Maschine funktionieren, stimmt. Der Zug kommt dreizehn Minuten vor Abfahrt ans Gleis in Tokyo. Dann werden nicht etwa die bereits in Reihe und Glied bereitstehenden Menschen in den Zug gelassen, sondern das Putzpersonal schwärmt aus und reinigt in 10 Minuten den Zug. Nun sollte man meinen, dass der Zug sich aus diesem Grund verspäten wird, aber weit gefehlt. Innerhalb von zwei Minuten haben sich wirkliche alle Reisenden in den Zug begeben und der Zug kann pünktlich auf die Sekunde abfahren. Sollte eine Minute vor Abfahrt noch eine Schlange irgendwo stehen, kommt auch der Schaffner und versucht diese schnellstmöglich aufzulösen. Gleichzeitig ist nicht nur das Beobachten des Personals ein Schauspiel, auch die Mitfahrer sind interessant. So saß mein Vater heute neben einem Japaner, der in den gesamten zwei Stunden aß und mit Sake nachspülte. Meine Mutter hatte es dagegen noch besser erwischt und hatte einen Hentaifan (Hentai = japanische Pornografie) an ihrer Seite. Der Herr musste seine Magazine im Shinkansen öffentlich lesen. Wobei es eh beachtlich ist, welche Doppelmoral die Japaner in diesem Zusammenhang haben. Kauft eine Dame im Laden eine Damenbinde, so wird diese zwei mal verpackt, so dass keiner sehen kann, was man gekauft hat. Auch ausländische Pornografie ist als Einfuhr nicht gestattet. Auf der anderen Seite ist das Lesen des Themas in der Öffentlichkeit etwas ganz normales und überall findet man Materialien zu dem Thema, die meist auch nur leicht zensiert sind und deshalb für den Jugendschutz leicht ungeeignet sind. Aber gut, anderes Land, andere Sitten.

Um 18.45 Uhr war es dann aber endlich so weit, wir betraten meine Heimat, Sendai. Überraschenderweise war es hier doch um einiges kälter als in Kyoto, aber wir werden das Beste daraus machen. Besonders meine Mutter hat die Stadt aber auf jeden Fall überrascht. Waren ihr zwar bis dato die Ausmaße der Stadt an sich bekannt, so ist sie über die Größe der Stadt jetzt in live doch etwas überrascht. Da es schon relativ spät war, begaben wir uns nur kurz zu dem Hotel meiner Eltern, nur um dann noch einmal durch die Haupteinkaufspassagen zu rennen und um ein passendes Restaurant zu finden. Im Endeffekt gab es für meine Eltern Rinderzunge, eine regionale Spezialität der Region.

Mal schauen, wie das Wetter morgen mitspielt, aber ich finde auf jeden Fall etwas, was ich meinen Eltern zeigen kann.

1 Kommentar

    • Brigitte auf 8. November 2010 bei 13:31

    Willkommen in Sendai. Bin auf die nächsten Berichte gespannt.
    Viele Grüße aus dem kühlen Deutschland.

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