Groundhopping Vissel Kobe

Beim Fußball in Deutschland klappt es momentan ja nicht ganz so, wie es sollte. Egal welches unterstützenswertes Team, alle haben ihre Hänger. Aus diesem Grund entschieden wir uns heute dafür, mal wieder ein japanisches Fußballspiel zu sehen. Ausschlaggebend war die Tatsache, dass wir in nächster Umgebung ein Spiel in einer WM-Arena anschauen konnten. Nachdem dies in Yokohama schon nicht geklappt hatte, war dies eine lohnenswerte Aussicht. Also ging es heute früh los in die Richtung des schönen Kobes. Genau dieses Kobe, das für sein Rind weltweiten Ruhm gewonnen hat.

Kobe liegt nur knapp eine Stunde mit der Regionalbahn von Kyoto entfernt und war dementsprechend auch leicht zu erreichen. Angekommen stellte man schnell den ganz unterschiedlichen Flair zu Kyoto fest. Die Stadt ist eigentlich kaum mit einer anderen Stadt Japans zu vergleichen. Ist Kyoto eine Mischung aus alten und neuen Gebäuden, so ist in Kobe wirklich alles neu. Wirklich froh über diesen Radikalumbau sind die Bewohner der Stadt zwar nicht. Nach dem verheerenden Riesenerdbeben im Jahr 1995, mit über 5.000 Toten und der damit verbundenen Zerstörung der halben Stadt, blieb aber gar nichts anderes übrig, als einen kompletten Neuaufbau zu starten.

Unser erstes Ziel stellte aber nicht die Stadt an sich dar, sondern das Kobe Wing Stadion, eine moderne 31.000 Menschen fassende Arena, die für die WM 2002 errichtet wurde und sich durch zwei bogenförmige Tribünen auszeichnet. Heutiger Hauptnutzer ist der Verein Vissel Kobe. Diese Mannschaft nimmt im japanischen Vergleich eine eher als Fahrstuhlmannschaft anmutende Rolle ein, verfügt aber immerhin über einen japanischen Nationalspieler als Stürmer. Ob das etwas Gutes bedeuten muss, sei aber mal dahin gestellt. Die Japaner nehmen (wie sie bei der WM wieder bewiesen haben) Jeden, der halbwegs weiß, wie ein Tor aussieht, als Stürmer mit. Um dieses Jahr ein wenig mehr Erfolg zu haben, verpflichtete man in Kobe drei Brasilianer, die in der Innenverteidigung, im Mittelfeld und im Sturm für Akzente sorgen sollen. Diese Entscheidung sorgte in Japan für ziemlichen Wirbel, da normalerweise meist nur ein oder maximal zwei Ausländer in einem Team vertreten sind. Sogar in Animes wurde deshalb auf die Problematik hingewiesen. Leider dauerte die Anpassung der Spieler zu lange und der Nationalstürmer verletzte sich zu allem Überfluss noch, so dass man momentan auf dem 17. Platz der Tabelle und damit auf einem Abstiegsplatz steht. Der Gegner von Vissel war dagegen ein alter Bekannter. Vegalta Sendai gab sich die Ehre. Man kann also sagen, ich hätte ein Auswärtsspiel gehabt.
Schon der Weg zum Stadion gestaltete sich interessant. Am Bahnhof in Kobe wurde erst einmal ein fußballinteressierter Schaffner zur Hilfe geholt, der mir den Weg schildern musste. Auf dem Weg zum Stadion gab es noch einen kleinen Abstecher in einen nahen Kombini, wo mein Vater zusätzlich gleich noch eine große Flasche Kaffee gewann. Passenderweise darf man auch wirklich alles mit ins Stadion nehmen, so dass der Gewinn uns vor gar keine Probleme stellte. Auch ansonsten war das Drumherum um das Fußballspiel göttlich. Keine Kontrollen, kostenlose Programme und sehr hilfreiches Personal. So einen Zustand wünsche ich mir so sehr mal in Deutschland. In alter Tradition schnappte ich mir auch erst einmal eine junge Japanerin, die mir den wichtigsten Spieler nennen musste und ich kaufte mir eine Schal-Handtuch- Kombination mit dessen Nummer und dem Vereinslogo. Da Spiel konnte also beginnen.

Beide Fanblocks waren auch gleich lautstark bei der Sache und das Spiel begann schnell. Beide Seiten spielten sehr offen, wobei Vissel mit schnellen Aktionen und vielen Schüssen glänzte, während Vegalta eher langsamer und besonnener wirkte. Gleichzeitig glänzte Vegalta auch mit Fehlpässen und Fehlaktionen, die auch nach wenigen Minuten zum 1:0 führten. Ein Aufsetzerschuss vom Strafraumrand konnte vom Torwart nicht pariert werden. Der Torwart sah dabei nicht gerade gut aus. Trotzdem war er noch Mann des Tages bei Vegalta, da er Schlimmeres verhinderte. Aber nur bis zur Mitte der ersten Halbzeit, wo ein Distanzschuss unhaltbar im Tor zappelte, dabei sollte es trotz intensiver Bemühungen Vegaltas auch bleiben. Es fiel auf, dass das Spiel um einiges schneller war, als zum Beispiel bei der Begegnung von Yokohama. Vegalta glänzte vor allem durch technische Schwächen. Die Spieler versuchten zwar, mehrere Spieler am Stück auszuspielen, scheiterten aber oftmals an der eigenen Technik. Nur der Schiri erschien sehr fragwürdig. Selbst bei hartem Einsteigen von hinten pfiff er teilweise nicht mal ein Foul. Trotzdem war es ein interessantes Spiel, das den Abstiegskampf noch spannender gemacht hat.

Anschließend ging es noch einmal in die Innenstadt und wir besichtigten die Küstenpromenade. Auf Kobe-Rind mussten wir verzichten, da die Preise dafür doch etwas zu übertrieben teuer sind. Dafür ging es in ein Yakitorirestaurant, das vermutlich noch nie Ausländer gesehen hatte. Die japanische Besitzerin, eine altere Dame, verstand zwar nur die Hälfte, irgendwie bekamen wir aber etwas zu essen und geschmeckt hat es auch noch. Kobe ist auf jeden Fall eine Reise wert und falls ich mal wieder dort in der Gegend bin, werde ich wohl mal dort vorbei schauen. Dass das Heimteam gewonnen hat, war auch nicht verkehrt, so hat die Stimmung nach dem Spiel wenigstens gestimmt. So wirklich identifizieren kann ich mich mit dem Spiel von Sendai auch nicht, so dass mir die Niederlage egal war. Nur die Fans sind beachtlich und haben gut Stimmung gemacht. Morgen geht es dann nach Sendai mit meinen Eltern. Mal schauen, wie ihnen meine jetzige Heimat gefällt.

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