Das Problem mit den Namen

Wie kommt es eigentlich, dass wenn ich von anderen Leuten schreibe, immer nur ausländische Namen oder Kaoris Name fällt? Bin ich japanerfeindlich und unterhalte ich mich mit meinen Departmentleuten nicht oder wo liegt das Problem? Erst mal, ich kommuniziere regelmäßig mit ihnen. Das eigentliche Problem lässt sich auf zwei einfache Punkte reduzieren, die ich im Folgenden kurz erläutern möchte. Punkt Nummer eins: Es ist ziemlich schwer, Japaner in Gespräche zu verwickeln, in denen man nicht das Gefühl hat, dass sie gleich abhauen möchten. Der zweite Punkt ist von ziemlich trivialer Natur: die Namen. O.k., das Problem, dass mich die halbe Welt kennt, ich aber nie die Namen weiß, ist mir jetzt schon etwas länger bekannt. Hier in Japan wird das Ganze dann aber doch etwas auf die Spitze getrieben. Ich habe in meinem Lab rund 50 Leute, von denen im Schnitt vielleicht täglich 10 anzutreffen sind und 7 den harten Kern bilden. Die haben es einfach und müssen sich nur meinen Namen merke. Für mich ist das aber etwas komplizierter, da Japaner im Englischen dazu auch noch gerne nuscheln und man erwartet, dass ich mir die Namen nach der ersten Vorstellung auch noch merke. Meine Codenamen wie „Knubbelnase“ und „Kalklatte“ sind zwar für die einfachere Einordnung ziemlich praktisch, aber im echten Leben wohl weniger praktikabel. Trotz allem lerne ich die Leute langsam näher kennen und ich muss wohl dringend Telefonnummern austauschen, um die Namen mal herauszubekommen. Da lobe ich mir Facebook oder Studi, die erleichtern das Leben ungemein, leider haben die Japaner es aber nicht so mit diesen Programmen.

Heute war ein extremer Tag, an dem dieses Problem zum Tragen kam. Nach meiner obligatorischen Kanjistunde besuchte ich mein Department. Passenderweise betrug die Anzahl der möglichen Gesprächspartner im Labor 0 und die Anzahl der anwesenden Japaner 6. Alles kein Hindernis. Erst mal habe ich die Ruhe mit der Allzweckwaffe Schokolade gelockert und dann habe ich festgestellt dass mich so ziemlich gar keiner versteht. Ich bin dann in die Ecke verschwunden, habe ein Karl Marx-Karrikaturenbuch auf Deutsch geschnappt und gewartet was denn so passiert. – Notiz an mich selber: Japanischlernanstrengungen maximieren! – Der Vorteil dieser zurückgezogenen Position ist, dass man auf der einen Seite gut den Gesprächen folgen und ohne das Wissen der Japaner sein Verständnis der Sprache schulen kann und auf der anderen Seite befinde ich mich in so einer Lage, dass ein schnelles Einbinden in irgendwelche Aktivitäten ermöglicht wird.

Lange brauchte ich auch nicht zu warten und schon wurde ich mit einem zierlichen „Nachname+san, Text berichtigen?“ aufgeschreckt. O.k. das Nachname+san muss ich einigen dringend abgewöhnen. Ich weiß ja, dass es die übliche Variante ist, aber bei japanischen Namen hört sich das noch vernünftig an, bei deutschen Namen finde ich es unpassend. Also wurde schnell ein großer Text berichtigt und einige interessante Fakten über die Dame dabei herausgefunden. Danach ging es wieder in die Achtungsposition, aus der immer mal kurze Versuche unternommen wurden, um mich einzubinden. Richtig was geworden ist das aber leider nichts. Dafür habe ich mittlerweile drei Ansprechpartner im Department und einige zumindest so halbwegs.

Neben der bekannten Kaori ist dabei mein alter Tennispartner hervorzuheben: Schimizu-san (Codename Knubbelnase – der Name könnte sich noch ändern, wenn endlich mal jemand deutlich seinen Namen ausspricht). Sein Deutsch und Englisch sind ziemlich unterdurchschnittlich, was uns die Kommunikation sichtlich erschwert, er ist dabei einer der wenigen, wo ich es wirklich bedauere. Neben seinem Sportinteresse sticht besonders sein Musikgeschmack hervor. Wer Mustapha von Queen kennt und dann noch mag, muss schon einen besonderen Geschmack haben. Aber auch Pink FLoyd und einige andere Bands wie Genesis mag er. Dementsprechend tauschen wir uns eigentlich nur mit Musikbegriffen aus.
Neben ihm stechen noch zwei Damen heraus. Beide können Deutsch und haben schon mal kurz Deutschland besucht. Fuji-san (Angaben ohne Garantie ;-p) zeichnet sich durch ihr löchern nach Backrezepten aus. Die zweite Dame hat ebenfalls einen exquisiten Musikgeschmack, denn welcher Japaner hat schon eine Prinzen-Musiksammlung? Mit diesen drei Personen sind immer auf irgendeine Art und Weise Gespräche möglich.

Trotz allem gelingt mir das Ganze mit Gewalt auch bei den anderen. So ist es eine gute Gelegenheit, mit Japanern den gleichen Nachhauseweg zu haben. Dabei wurde z.B. die Dame ausgequetscht, der ich bei den Hausaufgaben geholfen habe. Auch eine gute Übung für mein Japanisch, da die deutschen bzw. englischen Fragen meist nicht verstanden werden. Besonders ihr Hobby, Handynovellen zu schreiben, erscheint mir ziemlich interessant. Passt aber auch zu der ziemlich zurückgezogenen Art der Dame. Dazu muss man wissen, das Handynovellen der neueste Schrei in Japan sind. Handys können hier ja alles, also auch z.B. Fernsehen und jetzt wurde die Marktlücke für den Japaner gefunden, der nicht immer Bücher mitschleppen kann. Mangas und Bücher können sehr günstig als Fortsetzungsgeschichten im Internet gekauft und auf dem Handy gelesen werden. Das sie da anständige Geschichten schreiben kann, ist schon ziemlich beeindruckend.

So ich hoffe ich konnte ein wenig Einblick in das Alltagsleben in meinem Department geben und die Gründe aufzeigen, warum in diesem Blog zu 90 Prozent nur Ausländer vorkommen. Ich muss jetzt schnell weiterlernen, schließlich will ich mich mit meinem Queenfan bald richtig austauschen können.

1 Kommentar

    • Daniel auf 14. Mai 2010 bei 08:59

    Handynovellen, ich würde ja sagen , dass es mich überrascht….tut es aber nicht, beweist nur das sie uns 2 schritte voraus sind.

    ps ich frage beeser nicht wie du auf ““kalklatte““ kommst…

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