Elfmeterschießen oder Rückspiel?

Im Stadion wird es langsam laut. Die Gästefans aus Magdeburg skandieren ?Auswärtssieg, Auswärtssieg?. Doch kann man in dieser Situation überhaupt von einem Sieg sprechen? Genau diese Frage stellt sich der Trainer, als es zum Elfmeterschießen kommt. Was wäre, wenn doch keine Entscheidung erzwungen werden kann? Was, wenn man ein Rückspiel ausspielen muss? Wie konnte es nur so weit kommen?

Wir sehen, ich bin wieder da. Aber ich glaube, so langsam überrascht das wohl auch keinen mehr. Vor 6 Jahren betrat ich das erste Mal das Land der aufgehenden Sonne und seitdem ist es für mich eine Art zweite Heimat geworden. Ein Rückspiel würde dementsprechend wohl die Frage aufwerfen, ob man in solchem Zusammenhang noch von einem Auswärtsspiel reden kann.

Im Sommer, nach meiner Reise nach Japan, verbrachte ich erst einmal noch spontan ein paar Tage in Ungarn. Das ist ein schönes Land, auch wenn man an vielen Ecken die Probleme sieht, die auch so wunderschöne Städte wie Magdeburg plagen – die Altlasten des Ostens. Die Ungarn sind ein sehr freundliches Volk und Segeln auf dem Balaton hat auch sehr viel Spaß gemacht. Nach meiner Rückkehr schaffte ich es nach vielen Anläufen, meine Masterarbeit zurückzubekommen, ohne die es mir nicht möglich gewesen wäre, auch nur in Ansätzen weiter zu planen. Das Ergebnis dieser Arbeit – die unter japanisch-deutscher Flagge stand – ist nun so gut, dass ich gerne meinen Doktor machen würde. Dieses Unterfangen ist aber leichter gesagt als getan. Betreuer wollen gefunden werden, Themen ausgedacht und dann sollte auch eine Finanzierung stehen, da die noblen Unterstützer meines bisherigen Studiums von dieser Last ebenfalls einmal befreit seien wollen.

Das kleinste Problem stellte das Thema dar. Was liegt näher, als eine Problemfrage zu bearbeiten, welche mich schon bei der Masterarbeit beschäftigte und so in der Form noch nicht in deutschen Medien behandelt wurde? Also werde ich mich mit den deutschen Spezialisten in Japan, die den Japanern im neunzehnten Jahrhundert nach der Öffnung Japans bei der Verwestlichung halfen, beschäftigen. In diesem Zusammenhang werde ich den mit ihnen verbundenen Kulturtransfer untersuchen und viel wichtiger noch deren Selbstverständnis, mit dem sie in einem Land agierten, welches weder dem wirklichen kolonialen Kontext, noch den westlichen Standards entsprach. Schon an dieser Aufgabe sehen wir das erste Problem. Japan ist nicht gerade das Hauptthema in Deutschland und schon gar nicht die von mir gewählte Zeitphase. Dankbarerweise konnte ich doch einen Professor überzeugen, sich meiner anzunehmen. Er fordert aber einen Spezialisten zum Thema Japan als Zweitbetreuer. Da für mein Thema ein Aufenthalt in Japan eh zwingend erforderlich sein wird, befinde ich mich mal wieder hier – diesmal auf der Jagd nach einem Professor und der Ermöglichung dieses Aufenthalts. Als hilfreich haben sich all meine Kontakte in Japan erwiesen. Masami habe ich mehrere Treffen mit potentiellen Betreuern zu verdanken und Shimizu und Orsolya haben mir bei dem Aufenthalt gut weitergeholfen. Aber ich muss sagen, dass ich es besonders meinem alten Betreuer Kawamura zu verdanken habe, dass ich schon wieder hier bin. Noch als ich friedlich auf dem Balaton schipperte, fragte dieser bei mir an, ob er meinen Namen und in diesem Zusammenhang den FCM in einem Lehrbuch verwenden darf. Weiterhin fragte er, ob ich nicht gleich noch die Kontrolle übernehmen würde, ob es sich bei seinem Ausdruck auch um ?echtes Deutsch? handelt. Gesagt, getan und obwohl ich es auch so gemacht hätte, erhalte ich die nächsten Tage hier eine Belohnung für die Arbeit, welche mir den Luxus zweier Japanbesuche in einem Jahr ermöglicht.

Bevor es aber zum Ernst des Lebens kommen kann, musste ich erst einmal Japan erreichen. Diesmal geschah dies mit Quatar Airways, von denen ich schon viel Gutes gehört hatte. Ganz konnten sie mich heute nicht überzeugen. Dies lag wohl aber zu einem Großteil an meinen fehlenden Nerven nach mehreren Verspätungen und an einer Meute Fußballfans. Anstelle der angekündigten vier Stunden Aufenthalt in Doha hatte ich so 5 Minuten, um zum Gate zu kommen, nachdem der Flug sich dank einer Sicherheitskontrolle in Frankfurt verspätete. Auch der zweite Flug erreichte über 45 Minuten zu spät sein Ziel, was eine Meute Brasilianer, die zur Club-WM flogen, um ihr Team zu unterstützen, nicht sehr leicht fiel. Kurzerhand wurde gesungen und das Flugpersonal genervt. Dies ist eine Tat, die immer auf die armen Mitreisenden zurückfällt. Verbunden mit einer 45-minutigen Schlange beim Visa, kam ich so geschlagene zwei Stunden zu spät aus dem Flughafen heraus.

Dafür fand ich heraus, dass ein Brasilianer Deutsch gelernt hatte und es entstand ein interessantes Gespräch mit seinem Schuldeutsch. Dies ging auf jeden Fall viel besser, als ein Gespräch mit meinen beiden Sitznachbarn. Als diese ein Gespräch anfangen wollten, verstand weder der Rumäne noch der Brasilianer Englisch und ich durfte immer mit der Stewardess raten, was die beiden Herren nun diesmal für ein Problem hatten. Wieso halb so große Japaner im Vergleich zu mir es immer schaffen, die Plätze mit Beinfreiheit zu bekommen und sich dann trotzdem noch am liebsten versuchen langzulegen, wird wohl auch für immer ihr Geheimnis bleiben (zumal mir diesmal Dennis fehlte, um mich in meinem Kampf um normale Beinfreiheit zu unterstützen). Das alles war bei einem 19-Stunden-Flug nicht das Angenehmste, aber Fliegen war für mich schon immer nur ein notwendiges Übel. Ich bin jetzt in Japan, das erste Calpis ist gekauft und nun geht es nach Sendai, wo sich im Laufe der Woche der Ernst des Lebens abspielen wird. Die regelmäßige Berichterstattung der letzten Urlaube werde ich dabei vermutlich nicht beibehalten, aber ich werde von Mal zu Mal ein paar Bilder oder besondere Ereignisse aufzeigen.

Auch wenn ich glücklicherweise dem Weihnachtsstress entkommen bin, wünsche ich den werten Lesern eine schöne Vorweihnachtszeit und bis bald!

Schreibe einen Kommentar

Deine Email-Adresse wird nicht veröffentlicht.