Es sollte bekannt sein: Findet irgendwo Sport statt, so bin ich nicht weit. Ist der Sport dazu noch umsonst, dann erst recht. So ergab es sich, dass ich gestern meine angedachte Fahrt nach Saitama mit direktem Verbleib in Tokyo abgeblasen habe. Ich bleibe noch ein wenig in Sendai, um Baseball zu schauen. Yuka, eine Japanerin mit perfekten Deutschkenntnissen, bekommt von dem Getränkehersteller Santory immer Dauerkarten und hat mir diese überlassen. Keine Frage, dass ich da hingehe. Vorher ging es aber erst einmal mit Yuka nach Izumi, wo ein Grillen einer Englischlehrgruppe stattfand. Obwohl ich keinen kennen sollte und ich ewig nicht in Japan war, kannte mich die Hälfte der Leute gleich als großen Deutschen, der schon mal da war. Gleichzeitig versuchte man verzweifelt, Yuka und mir eine Beziehung anzudichten, obwohl der ebenfalls anwesende Freund Yukas eine andere Sprache sprechen sollte. Zusätzlich traf ich unter anderem noch eine Japanerin, welche kurz in Chemnitz studiert hat und alle Deutschen des Jahres 2010 kannte. Sie stellte sich als radikale Buddhistin heraus. Ich bekam von ihr auch eine Zeitung über die Vorteile des Buddhismus geschenkt, dank dem hohen Kanji-Anteil wird das Lesen aber wohl nie möglich sein.
Nach dem Grillen ging es zum Bahnhof – Shimizu wartete. Baseball ist der Nationalsport der Japaner und anstelle von Fußbällen schenken Väter hier ihren Kindern Baseballhandschuhe und spielen Ballfangen mit ihnen. Trotz dieser Umstände hatte Shimizu schon sehr lange kein Spiel mehr gesehen und das galt es zu ändern. Die Ham Fighter sind dabei ein ernstzunehmender Gegner, welcher oft Erster oder Zweiter wird und viel Geld investiert. Yuka ging deshalb auch fest von einer Niederlage aus. Schon beim Erreichen des Stadions gab es die erste Überraschung: Das Stadion wurde nach dem Erdbeben stark renoviert und ist kaum mehr wiederzuerkennen. Unsere Plätze erlaubten uns auch, den VIP-Eingang zu nutzen und sie brachten uns sehr nahe ans Spielgeschehen. Der defensive Stil, der in Japan ausgeübt wird, schadete aber meinem Interesse. 2 Stunden ein Spiel zu schauen ist kein Problem, aber 3 Stunden ohne die geringsten Chancen waren schon hart. Auch die Fans könnten einiges von Vegalta lernen. So wurde in den 3 Stunden ganz selten und meist nur in den letzten 2 Innings gesungen. Das Spiel war aber auch so interessant, besonders bei den Plätzen, obwohl es nur ein 1:0 nach Verlängerung gab. Alle Anweisungen waren zu hören und Würfe zu sehen. Damit wir nicht so auffallen, besorgten wir auch gleich noch Schals und sahen so wie echte Fans aus. Nur nervig waren die Bierausschenker, welche nie Pausen machten. Nebenbei: In Deutschland wird ja bis zum Strich gefüllt, hier in Japan haben alle Mitarbeiter eine kleine Waage dabei, damit das Bier auch genau ausgeschenkt wird.
Nach dem Spiel gingen Shimizu und ich noch leckere Ramen essen und fachsimpelten über die letzten Tage in Sendai. Wenigstens konnte ich Shimizu für morgen jetzt als Begleiter zum Bahnhof bekommen. Alleine könnte ich nicht garantieren, am Ende wirklich im Zug zu sitzen. Viel wichtiger als Rakuten fand Shimizu aber die Aussage, beim nächsten Deutschlandbesuch wieder den 1. FC Magdeburg zu sehen, die Propaganda scheint also gewirkt zu haben.