Eine Sache gibt es noch, die diesen Urlaub zu einem wirklichen Urlaub von mir macht. 2006 war es ein Baseballspiel der Baystars, über die Vielzahl an Sportveranstaltungen 2010 und 2011 rede ich lieber gar nicht. Dieses Jahr steht auf der Haben-Seite bisher nur ein missglückter Versuch, ein Heimspiel von Vegalta Sendai zu sehen. Das ist ein nicht haltbarer Zustand! Wie der Zufall so will, fand heute in Sapporo ebenfalls ein Fußballspiel statt. Consadole Sapporo traf auf Vegalta Sendai. Keine Frage, wer es sich im Gästeblock bequem machte. Es war Zeit für ein Auswärtsspiel!
Das Auswärtsspiel begann aber im eigentlichen Sinne schon gestern. Die Frage, die im Raum steht: Wie viele Leute benötigt man, um einmal Tickets für ein Fußballspiel zu besorgen? Dennis und ich fanden die Antwort. Man benötigt zwei Mitarbeiter eines Combinis und etwa 20 Minuten Zeit. Eine der vielen japanischen Combiniketten verfügt über ein Kartenvorverkaufssystem, welches unter anderem dem Vorverkauf von Sporttickets dient. Vor zwei Jahren war die Bedienung noch ein Graus, so dass selbst Japaner an dem Ticketkauf für Fußball regelmäßig scheiterten. Um diese Situation zu verbessern, hat mittlerweile jedes dieser Geräte eine kleine Karte mit einer Beschreibung angebracht, welche den Fußballfan zu seinen Tickets bringen soll. Soweit so gut, diese Errungenschaft ist sinnvoll und wenn noch mehr Menschen wie ich mit ihrer Verzweiflung den Verkehr im Combini zum Stehen gebracht haben, so ist die Umgestaltung verständlich. Wieso benötigte ich, wenn es so einfach geht, dann nun zwanzig Minuten für das Ticket? Die Lösung ist einfach: Ich hatte mal wieder Sonderwünsche. Zwar wird der Weg zum Ticket beschrieben, eine Übersicht über die Blöcke fehlt aber. Als Sendai-Fan konnte mir leider niemand sagen, wo wir sitzen sollen. Nur dank einer hilfreichen Verkäuferin, welche drei verschiedene Institutionen für uns anrief und sich dabei die Nummern immer auf ihre Hand schrieb, gelangten wir endlich an die Lösung des Rätsels und damit an unsere Karten.
Das Spiel sollte heute um 14 Uhr losgehen, mehr als genug Zeit also, sich anderweitig umzusehen. Für wirkliche Besichtigungen fehlte aber trotzdem die Zeit. Kurzerhand entschieden, wir nach einer kleinen Stadtbesichtigung einfach mal den Weg zum Sapporo Dom zu erfragen. Die erste Antwort lautete vierzig Minuten, also eine verhältnismäßig kurze Strecke. Der Ladenbesitzer zeigte sich aber überrascht über unseren Plan, die Strecke zu laufen. Als wir aber dank Fotografieren so aussahen, als ob wir den Weg nicht finden, lief er uns hundert Meter hinterher, um uns noch einmal schnell in die richtige Straße zu weisen. Leider stimmte seine Einschätzung aber nicht ganz. Nach etwa einer Stunde Marsch stellte sich dank eines Navis heraus, dass immer noch rund sechs Kilometer vor uns lagen. Der kurze Spaziergang verlängerte sich also mal wieder ungewollt. Trotz allem fanden wir nach einiger Zeit das Stadion. Der Sapporo Dom lag vor uns.
Das Stadion ist eine imposante Erscheinung. Eine große Kuppel bildet das gesamte Stadion und an der einen Seite des Stadions findet man eine Mulde, auf die der Rasen ausgefahren werden kann. Da es sich um eine Mehrzweckhalle handelt, wird dies besonders genutzt, um zwischen Fußball und Baseball zu variieren. Das Stadion an sich ist komplett geschlossen und etwa 41.000 Menschen finden bei Fußballspielen Platz. Consadole Sapporo als Verein existiert erst seit 1996. Ein Verein aus Kawasaki wurde umgesiedelt, um Hokkaido einen Verein zu geben, welcher in den höheren Ligen Bestand haben konnte. Nach einem überraschenden Aufstieg in der letzten Saison ist Consadole Sapporo momentan Letzter der Tabelle, was auf ein junges Team und viele verletzte Spieler zurückzuführen ist. Vegalta dagegen ist dieses Jahr eines der stärksten Teams der Liga und kämpft mit Teams wie Hiroshima um die Meisterplätze.
Das Spiel selber bewies, warum Vegalta soweit oben in der Tabelle steht. Consadole Sapporo hatte zwar die ersten Chancen, wirklich Gefährliches kam dabei nicht heraus. Ganz anders Sendai mit seinem stark variablen 4-4-2, welches das Spiel der Mannschaft um einiges ansehnlicher macht, als noch vor einem Jahr. Manko der Mannschaft ist eigentlich die Verspieltheit. Anstelle des Abschlusses wurden immer neue Varianten gebracht, um den Ball ins Tor zu tragen. Trotz einer frühen Führung von Sendai schaffte es Consadole, in der zweiten Halbzeit auszugleichen. Vegalta drückte nun, aber manchmal hat man einfach Pech. Wie es sich schon das ganz Spiel ankündigte, fing sich Vegalta in der Schlussoffensive einen Konter ein, welcher zu allem Überfluss mit einem Eigentor beendet wurde. Die alte Weisheit, wenn man den Sack nicht zumacht, rächt sich das, stimmt also immer noch. Hätte man bei all den hundertprozentigen mal ein Tor gemacht, wäre das Spiel anders gelaufen. So endete das Spiel nach einem Tor in der 94. Minute mit 2:1 für Sapporo. Trotz der bitteren Niederlage muss man dem Trainer von Vegalta ein Kompliment machen, er hat das perfekte Spielsystem für den japanischen Fußball gefunden. Schnelle, zweikampfstarke Spieler, die mehrere Positionen belegen können und zu den großgewachsenen Stürmern in die Mitte flanken. Besiegbar ist ein derartiges System nur per Konter, wie es Sapporo vormachte. Auch den im Internet aufgemachten Vorwurf der Bevorteilung Sendais kann ich mittlerweile verstehen. Vegaltas Spieler haben, untypisch für den japanischen Fußball, eine Zweikampftechnik am Rande der Legalität. Es wird noch nicht als Foul gewertet, ist aber nahe daran. Für die gegnerischen Fans, die dies nicht von ihren Spielern gewöhnt sind, mag dies etwas von Betrug haben, aus meiner Sicht handelt es sich nur etwas um körperliche Härte.
Im Anschluss an das Spiel machten wir noch die Innenstadt unsicher. In Sapporo findet im Sommer eines der größten Bierfeste der Welt statt. Preise von bis zu 30 Euro pro Liter hielt uns aber doch davon ab, hier aktiv zu werden. Da konnten wir uns zur Feier des Urlaubs in einem schönen Restaurant lieber ein paar Udon gönnen. Schön war auf jeden Fall, dass selbst der alte Feind des Sports, Dennis, in den letzten zehn Minuten des Spiels ziemlich emotional mitgegangen ist, selbst ihm hat es also irgendwie gefallen. Ich hoffe dagegen beim nächsten Heimspiel auf ein besseres Ergebnis.