Tag 11 – Einmal Füße, gut durch bitte

Die letzten Tage stehen an und Dennis möchte nur noch vier Tage hier in Japan bleiben. O.k., von möchten kann laut eigenem Bekunden keine Rede sein, aber die Pflicht ruft. Bevor wir uns mit diesem Problem befassen müssen, haben wir aber noch ein wenig Urlaub. Nachdem wir gestern Sapporo erkundet haben galt es heute, die Aufmerksamkeit auf die umliegenden Gebiete zu lenken. Wozu hätte man sich sonst ein Zugticket für alle Züge besorgen sollen, wenn man es nicht benutzt?

In einem spontanen Beschluss entschied unsere Gruppe, nach Noboribetsu zu fahren. Nobori? was? Den meisten Menschen wird der Ort nichts sagen und ich nehme uns dabei explizit nicht aus. Noboribetsu ist ein Onsenort, also ein Ort der heißen Quellen, in denen Japaner bei Temperaturen von 40 bis in sehr seltenen Fällen 50 Grad entspannen, soweit man gekocht werden überhaupt als Entspannung werten kann. Da ich genug Menschen kenne, die heiß Baden lieben, muss es aber wohl so sein. Wie dem auch sei, in der Touristeninformation stießen wir auf mehrere Prospekte die vielversprechend klangen und deshalb fuhren wir spontan hin. Neben einer Vielzahl an Onsen bietet die Stadt ein Dorf der Edo-Zeit, in dem Schauspieler das Leben im neunzehnten Jahrhundert wieder aufleben lassen und ein Ninja-Schloss, in dem Fallen und Verstecke zu finden sind. Eine weitere Attraktion ist das Märchenland, in dem ein europäisches Schloss den Mittelpunkt bildet und die Fahrgeschäfte und Beschäftigungen eher für Kleinere ausgerichtet sind. Es gibt auch einen Bärenpark, welcher es erlaubt, die gefährlichen Einwohner Hokkaidos aus der Nähe zu sehen, ohne Angst um das eigene Leben zu haben. Besonders die Bären sind ein großes Problem hierzulande, denn nicht umsonst stehen in jedem Wald Warnschilder mit Hinweisen zum Verhalten bei einem Aufeinandertreffen mit Bären.

Der Höhepunkt und eine der Hauptattraktionen ist aber das Death Valley, das Todes-Gebiet. Passend zu diesem Gebiet mit starken vulkanischen Aktivitäten sind die Markenzeichen des Gebietes, eine Vielzahl an kleinen Dämonen-Statuen, und auch die gesamte Stadt wird von gezeichneten Dämonen bevölkert. Von allen Attraktionen erschien uns dieses Tal neben dem Edo-Dorf am lohnendsten. Kurzerhand beschlossen wir nach unserer Ankunft in Noboribetsu, uns auf den Weg ins Tal zu machen. Auf der Karte erschien dies nicht weit zu sein und wieso sollte man ?viel? Geld für den Bus bezahlen, wenn man doch laufen kann. Als Anmerkung am Rande, nur weil eine Vielzahl von Leuten schon die Vermutung aufgestellt hat: Nein, diese Entscheidung wurde von Dennis mit den gleichen Beweggründen mitgetragen und nein, ich stand auch nicht mit Waffengewalt oder Erpressung hinter ihm und habe ihn auf diese Weise gezwungen! In solchen Dingen denken Dennis und ich doch relativ ähnlich. Kurzerhand machten wir uns auf den Weg, welcher immer länger wurde. Schon beim Start wurde eine 12 Kilometer entfernte Onsen ausgeschildert. Wer konnte denn auch ahnen, dass jene genau unseren Zielpunkt darstellte. 12 Kilometer und einige Anhöhen später, erreichten wir doch irgendwie das Tal. Besonders dass letzte Stück hatte es in sich, da auf einmal die Straße endete und Dennis und mir nichts weiter übrig blieb, als vorsichtig einer schmalen Bergstraße zu folgen, welche auch stark von Autos frequentiert wurde. Spätestens hier keimte in uns der Verdacht, vermutlich die ersten Gäste gewesen zu sein, die diesen Weg versuchten. Aber gut, wir erreichten irgendwie unser Ziel.

Nun ging es wirklich in die Berge hinein. Die Onsen liegen in einem von Vulkanen umgebenen Gebiet, welches zum einen dichte grüne Wälder und zum anderen ein durch Schwefeldämpfe entstandenes Gesteinstal enthält. Leider schafften wir es nicht, an einem der vielen aktiven Geysire zu sein, um diesen Ausbrechen sehen zu können, aber immerhin sah besonders das Todestal sehr beeindruckend aus. Wirkliches Highlight war aber der größte Vulkansee Japans, welcher mitten in den Bergen thronte und wirklich nur auf kleinsten Pfaden erreichbar war. Durch das verhältnismäßig schlechte Wetter war die Dampfbildung des Sees noch begünstig, so dass das ganze Gebiet aussah, als ob gleich ein Ausbruch bevorstand. Höhepunkt der Tour war aber dann noch ein ganz anderer. Entlang eines Bachlaufes vom Vulkansee durch das Gebirge gelangte man zu einer Stelle, wo das Wasser auf etwa fünfzig Grad abgekühlt war. Für die Japaner sind das Entspannungstemperaturen und so wurde eine Stelle für die Fußmassage eingerichtet. Man konnte mit den Füßen in das Wasser steigen und den Weg auf Steinen ablaufen und erhielt eine gute Massage. Natürlich war dies nur möglich, wenn man seine Füße erst einmal in das Wasser gezwungen hatte. Eine Japanerin beobachtete unsere qualvollen Versuche und unterhielt sich, nachdem wir es geschafft hatten, noch mit uns. Ein Foto von uns wurde gleich für das Familienalbum geschossen, so dass wir sie zu Gegenfotos überzeugen mussten. Ein Fußbad bei diesen Temperaturen ist auf jeden Fall eine Erfahrung, auch wenn der Schwefelgeruch der Füße schon seltsam war. Man braucht halt überhaupt erst einmal die Muße, um sich in das Wasser zu wagen. Entspannender als ein kalter Gebirgsbach ist es auf jeden Fall und man kann gut die Energie regenerieren. Aus eigener Erfahrung können wir bestätigen, dass es hilft. Die Füße schmerzen weit aus weniger nach der Behandlung, als zuvor. Trotz dieser Entspannung entschieden wir nach dem Abstieg, in den Onsenort dieses Mal den Bus zu nehmen. Wie sich herausstellte, hätten wir uns die 12 Kilometer für drei Euro sparen können, aber wie sagte schon meine Großmutter immer: Gehen wir, sparen wir das Fahrgeld?.

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