Dem geneigten Leser wird es aufgefallen sein, ein Urlaub mit Dennis und mir verläuft immer etwas spontaner geplant. Als wir vor drei Tagen in Sendai unseren Hokkaido-Trip planten, war noch die Rede davon, für zwei Tage in einen Nationalpark zu fahren. Aufgrund unserer Erfahrungen gestern cancelten wir diese Planung und heute ging es kurzerhand nach Sapporo, um hier für die nächsten fünf Tage unser Basislager aufzuschlagen. Zu unserem Glück ist das alles dank der modernen Technik ohne weiteres möglich. Im Internet haben wir bisher immer jeweils einen Tag vorher unsere Hotels gebucht und meist bekommen wir sie auch dazu noch weitaus unter den Preisen von Reisebüros.
So kam es nun, dass wir am Morgen Hakodate hinter uns ließen. Shimizu hatte mit seinen Aussagen zur Stadt nur teils recht. Wirklich schön war sie nicht, aber auch nicht so schlecht, als dass der kurze Aufenthalt ein Verlust war. Nach mehreren Stunden Shinkansenfahrt, merkte man aber in Sapporo schon den Unterschied. Sapporo ist eine Touristenstadt in Hokkaido. Überall sieht man Ausländer und die Gebäude sind in einem weit besseren Zustand, als das es in Hakodate der Fall gewesen ist. Unser Hotel fanden wir auch sehr schnell, so dass wir noch genug Zeit hatten, um mit einer Besichtigung der Stadt starten zu können.
Zuerst muss man festhalten, dass ich Sapporo vor etwas mehr als einem Jahr schon einmal besuchte, aber es handelt sich um einen Unterschied wie Tag und Nacht. Hatte ich im Februar 3 Meter Schnee, Schneeskulpturen und Sichtweiten unter 5 Metern, so erscheint die Stadt im Hochsommer in ganz anderen Farben. Jedem Japanreisenden, der im Winter Sapporo bereiste, kann ich deshalb nur empfehlen, die Stadt im Sommer noch einmal zu besuchen. Wir entschieden uns für unsere Besichtigung für einen Rundgang durch die Stadt. Zuerst ging es durch die lange Parkstraße Sapporos, die im Winter durch die Schneeskulpturen geprägt wird und nun ein riesiges Bierfest beherbergt in Richtung Fernsehturm, welchen wir besteigen wollten. Eigentlich ist das ein Ding der Unmöglichkeit. Vor sechs Jahren, im Zug nach Nara, verbrüderte sich Dennis noch mit einer Amerikanerin, dass man nur einen Tempel in Japan kennen muss, um alle zu kennen. In diesem Jahr ist er die Triebkraft für den Besuch solcher Aussichtsplattformen, für die die alte Weisheit ja eigentlich auch gelten könnte. Mich freut das natürlich, beweist es doch, dass wir uns auf unseren Reisen und nicht zuletzt dem Alter geschuldet weiterentwickelt haben.
Über weitere Stationen ging es dann in das Essviertel der Stadt. Auf dem Weg dorthin hatten wir aber eine Begegnung der besonderen Art: die Missionare. Japan ist voll von ihnen, schon in Sendai standen sie an jeder Straßenecke und hielten Schilder mit dem Hinweis hoch, nur Gott kann ewiges Leben bieten. In unserem Fall handelte es sich um zwei Amerikaner, welche uns folgten und für sich gewinnen wollten. Da wir als Deutsche nach ihrem Verständnis aber eh kirchlich waren und außerdem nur Touristen, ließen sie aber schnell wieder von uns ab. Ein Glück, dass sie nichts vom Osten und dessen Einstellung zur Kirche wussten! Ihre Vorgehensweise ist aber interessant. Auf Fahrrädern fahren sie in die Innenstadt und können so schnell verschwinden, falls ein Japaner sich zu sehr belästigt fühlt und die Polizei ruft. Auf der anderen Seite gehen sie mit Feuereifer gegen die angeblich falschen Religionen zu Werke. Das, was ich von den beiden bei einem Gespräch mit einem Japaner mitbekommen habe, verleitet mich aber zur Aussage, wenn die Missionare vor 400 Jahren genauso vorgingen, verstehe ich die Abschließung Japans durch die Tokugawa. Ich würde die Missionare schon für ihr Auftreten heutzutage des Landes verweisen.
Nach dem Gespräch führte Dennis in einem Supermarkt erst einmal seinen eigenen kleinen Feldzug mit der japanischen Kultur. Wir kennen das alle: Um in einem Supermarkt seine Börse nicht zu schwer werden zu lassen, gibt man etwas mehr Geld, um gerade Summen herauszubekommen und damit weniger Geld mitschleppen zu müssen. Dies ist eine Selbstverständlichkeit, welche in Japan unmöglich ist. In Japan wird vom Personal erwartet, dass es sich bei einem bestimmten Punkt der Übergabe verbeugt und an der richtigen Stelle bedankt. Wird dabei von dem Kunden zu lange mit der Geldbörse hantiert, so muss der Verkäufer in einer angedeuteten Verbeugung und mit einem Lächeln stehen bleiben und auf das Geld warten, gleichzeitig bilden sich ungewohnt lange Schlangen. Aus diesem Grund bezahlen Japaner meist mit Scheinen und nutzen das Kleingeld eigentlich nur an Automaten, wo man sowieso Zeit hat. Gerade Dennis passiert die Verzögerung aber häufiger, so dass in Sendai Orsolya einmal seine Börse genommen hat und schnell das Geld rausgenommen hat, um den japanischen Betrieb zu retten und die Schlange hinter uns aufzulösen. Heute war es dann soweit: Einer Verkäuferin entglitt immer mehr die freundliche Miene und sie wies Dennis auf Japanisch zurecht. Zu schade, dass er davon nichts verstanden hat, denn es war sehr witzig anzuhören. Auf jeden Fall ist es ein gutes Beispiel, wie unterschiedlich die Kulturen doch sind.
Anschließend gab es Kaitensushi, also Fließbandsushi. Mit Schrecken fiel uns auf, dass wir in diesem Urlaub noch kein Sushi hierzulande gegessen haben. Sushi in Deutschland ist dabei nicht mit unserem hier zu vergleichen, es sei denn, man isst bei einem Profi in einer der großen Städte wie Berlin und Hamburg. Die Auswahl beim Kaitensushi war genial und durch die Lage zum Meer erhielten wir wirklich frisches Sushi. Gut, dass Dennis erst einmal alles isst, denn als ich ihm später berichtete, dass er Fischgedärme gegessen hatte, wurde ihm doch leicht anders. Da er es sich aber ausgesucht hatte und es Teil von mehreren Dingen war, wollte ich ihm den Appetit nicht schon beim Essen verderben. Geschmeckt hat es ihm trotzdem.