Tag 7 – Tanabata und japanische Festivals

Der heutige Tag stand unter dem Motto Tanabata. Bevor wir dieses Fest aber besuchen konnten, musste erst einiges erledigt werden. Da Orsolya am Vormittag keine Zeit für uns hatte, ging es schnurstracks in Richtung Campus, um Professor Morimoto zu treffen. Dieser war leider nicht da, aber jemand viel wichtigeres war anzutreffen. Shimizu, mein alter Kumpel, saß schon im Kenkyshitsu bereit. Kurzerhand wurden Geschichten und Süßigkeiten ausgetauscht und es war fast wie in alten Zeiten. Besonders erfreut war ich, dass Shimizu und ein anderer anwesender Japaner mich verstanden, aber an Dennis scheiterten. Normalerweise ist das eigentlich meist anders herum. Im Kenkyshitsu hat sich einiges verändert. Kawamura, mein zweiter Betreuer, hat eine Stelle an der Iwate Uni angenommen und das Kenkyshitsu ist dadurch viel ruhiger geworden. Auch ansonsten fehlen einige Menschen, die ich noch kannte und einige neue sind dazu gekommen. Ein neuer Masterstudent war auch anwesend. Wie sich herausstellte, fährt er in den nächsten Tagen nach ?Deutschland?. Um genau zu sein, gibt es eine Reise nach München und Wien. Schon bei der Feststellung musste Shimizu laut lachen, ob der Unwissenheit des neuen Masterstudenten. Dieser erhielt ebenfalls sofort eine Belehrung über die Schönheit im Norden Deutschlands. Highlight des Besuchs war aber die Verwendung von Lakritze auf einen Standardjapaner, welcher so etwas noch nie gegessen hatte. Die Reaktion war göttlich abweisend und er konnte seinen Ekel nicht verbergen. Shimizu auf der anderen Seite hatte eh kein Problem, da dieser noch immer ein förmliches schwarzes Loch im Magen zu haben scheint. Nächsten Sommer will er dazu noch für ein Austauschsemester nach Potsdam kommen, sein Besuch in Magdeburg letztes Jahr hat ihn auf die Idee gebracht. Die Fahrt durch meine Eltern und mich mit ihm nach Potsdam scheint sich also gelohnt zu haben, genauso wie er nun Magdeburgs Fu0ball im Internet verfolgt.

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Im Anschluss an das Kenkyshitsu ging es in die Innenstadt, wir wollten ein Zugticket nach Hokkaido besorgen. Nach dem Erfolg der Aktion konnte Tanabata starten. Tanabata zeichnet sich dadurch aus, dass die gesamte Innenstadt mit Papierballen geschmückt wird. Dazu bewegt sich scheinbar die gesamte Stadt durch die Innenstadt. Wenn unsere Uhren nicht sagen würden, wir haben Montag, Dennis und ich hätten es nicht geglaubt. Es war ein heilloses Durcheinander, was Dennis zu der Bemerkung veranlasste, so ein Fest noch nie erlebt zu haben. Es ist aber auch ein beeindruckender Anblick, all diese geschmückten Gänge zu sehen und neben wuseligen Japanern mit Anzügen, Sommerkleidung oder Yukata durch die von allen Firmen der Stadt angefertigten und mit Wünschen für die Zukunft versehenen Tanabatakugeln zu schreiten. Zusätzlich stehen in allen Straßen Japaner, welche alle Arten von Essen anbieten, teilweise aber auch eklige Sachen. So probierten wir Eisbier. Die Zubereitung läuft schon mal besser als in einigen Fußballstadien, 8 Japaner waren mit einem Bier beschäftigt. Das Bier selber ist dabei nur gekühlt, aber die Schaumkrone gefroren und echtes Eis. Dennis und ich brauchen das Zeug auf jeden Fall schon mal nicht, es ist aber wohl eine Frage des Geschmacks und wirklich was anderes.

Den Beweis für das ?Dorf? Sendai trat Masami an, eine alte Bekannte aus Göttingen, die dort ein Jahr Austauschstudentin war. Während einer Toilettenpause wurde Orsolya für eine Make-Up-Session entführt und als ich sie wiederfand, saß neben ihr die Schwester von Masami und Masami erkannte mich gleich wieder. Zu meinem Glück wohlgemerkt, denn ich hätte wohl etwas länger zum Erkennen gebraucht. Schön aber, dass es ihr gut geht. Nur die Frage bleibt: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass Masamis Schwester und Orsolya gleichzeitig ein kostenloses Make-Up erhalten?
Das Abendessen war eigentlich in einer Sushibar geplant, doch daraus wurde nichts. Die Vielzahl an Leckereien war klar ersichtlich durch meine Begleiter bevorzugt, doch leider äußerte sich niemand. Auch die Aufforderung sich doch endlich zu entscheiden, wurde ausweichend beantwortet:
Wollt ihr hier auf dem Fest essen, wo ihr die ganze Zeit das Essen anstarrt oder wollen wir wie angedacht Sushi essen?
Freund eins: Ach, du weißt doch, mir ist das egal, ich esse doch alles.
Freundin zwei: Beachtet mich gar nicht, mach wie du denkst.

Als ich dann für die beiden entschied, war man hoch erfreut und wir probierten gleich verschiedenste Dinge von den Karten. Besonders die frische Kokosnuss war sehr interessant und japanisches Festivalessen ist bekanntlich sehr gut. Mit Livemusikuntermalung entwickelte sich ein sehr schöner Abend. Ich weiß nicht woran es liegt, aber wenn ich in Sendai ein Festival anschaue, ist es doch immer etwas anderes als in Europa. Im Vergleich zu Europa erscheinen mir Feste irgendwie reifer und gesitteter. Das mag eine Einbildung sein, was ich nicht einmal abstreiten will, doch irgendwie genieße ich sie deswegen mehr. Auf jeden Fall scheint Dennis auch sehr zufrieden gewesen zu sein und hatte sichtlich Spaß. So war die Idee, einen Halt in Sendai zum Entspannen und für Tanabata zu machen, nicht die schlechteste.

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