Am 30.07.2012 hatten meine Eltern die Freundlichkeit, uns zum Flughafen nach Hannover zu bringen. Zur Abwechslung gab es die günstigsten Flüge über Amsterdam bzw. Paris, wodurch unser erster Flug relativ kurz war. Zu meinem großen Leid war der Flug fast ausgebucht wodurch wir gezwungen waren, in einer Dreierreihe mit einem Japaner Platz zu nehmen. KLM ist in vielen Belangen nicht mit Ethiad vergleichbar. Die Gerätschaften sind etwas älter und die Höflichkeit ist bei Ethiad auch etwas stärker als es bei diesem Flug war. Dies bedeutet aber nicht, dass KLM schlecht ist, in keinster Weise. Der Flug Richtung Japan verlief sehr angenehm und es gab keinen Grund zu klagen, außer über die sehr langsamen Bildschirme. Halt, doch eine Klage höre ich da gerade von Dennis, dem der Vegetarierbonus nicht zusagte. Obwohl wir beide fast identische Essen erhielten, erhielt Dennis durch unglückliche Umstände sein Essen über eine halbe Stunde später als ich. Das Essen war aber auf jeden Fall essbar und der Flug verlief sehr ruhig.
Der Flughafen in Amsterdam kann nicht unbedingt mit dem Flughafen in Abu Dhabi konkurrieren, aber er hat sehr nette Ecken. Es gibt zum Beispiel einen Abschnitt, der unter dem Motto Ökoentspannung steht. Grüne Wände, Vogelgezwitscher und eine Reihe von Rollrasenschlafwiesen laden zum Verweilen ein. Wenigstens diese Entspannungsoase war kostenfrei, über die restlichen Preise verlieren wir lieber kein Wort. Wozu innerhalb der Transitareale noch die Bordkarte gescannt werden muss, wenn man nur ein Getränk kauft, brauchen wir wohl nicht verstehen. Dafür trat Dennis den Sprüchen, ich würde gefährlich aussehen, entgegen. Beim Boarding kontrollierte der Flughafen erneut das Handgepäck und ließ die Fluggäste durch einen Metalldetektor laufen. Vor mir mussten alle die Schuhe ausziehen, nur ich durfte sie überraschend anbehalten. Dennis dagegen versuchte es ebenfalls mit Schuhen, wurde vom Sicherheitspersonal aber zurück beordert und musste sie ebenfalls ausziehen. Ein weiteres Beispiel dafür, wer gefährlich er aussieht!
Um 8 Uhr japanischer Zeit und damit 19 Stunden ohne Schlaf, erreichten wir endlich Japan. Es schien, als wollte man uns gar nicht so recht ins Land lassen. Wir warteten ewig, bis unser Gepäck doch noch als Letztes das Flugzeug verließ. Dies wäre nicht so schlimm gewesen, wäre nicht alle zwei Minuten ein Drogenspürhund an unseren Füßen herumgelaufen. Wir können ja nichts für den Fußgeruch nach dem Flug, da muss der Hund uns nicht immer noch darauf hinweisen! Jedenfalls war dies unsere einzige Erklärung, für den häufigen Besuch des Hundes.
9.30 Uhr, nach über einem Jahr betrat ich endlich wieder den geheiligten Boden Japans. Das obligatorische Küssen des Bodens ließ ich aus Furcht vor den Blicken der anwesenden Japaner und Polizeibeamten lieber aus und dafür begnügten sich Dennis und ich mit den ersten Getränken auf japanischem Boden. Was wäre japanischer als ein Calpis? Ja, wir waren wirklich da und schafften es auch gleich in den Zug Richtung Ueno. Und das Ganze ohne, wie Dennis und meine Eltern ein Jahr zuvor, von der Polizei abgefangen und kontrolliert zu werden. Unser Hotel liegt dieses Mal in der Nähe der Sumohalle in Ryogoku. Das Hotel ist nicht groß, erfüllt aber unsere Anforderungen. Dadurch verlängerten wir den Aufenthalt gleich am ersten Tag noch um einen Tag. Neben der Sumohalle auf der anderen Seite der Straße, befindet sich ein Museum über Edo und ganz in der Nähe eines über Feuerwerke. Dies alles entdeckten wir, als wir unsere Koffer untergestellt hatten und etwas die Gegend erkundeten. Vier Stunden sollten wir verbringen und wie wäre dies besser gemacht, als mit einem kleinen Gewaltmarsch in das zwei Eisenbahnstationen entfernte Akihabara. Akihabara war noch genau, wie wir es in Erinnerung hatten und eine große Erkundungstour begann. Auf dem Weg verfranzten wir uns zwar, wir sahen aber auch einiges Neues und erstanden eine Uhr für Dennis. Mal schauen, wie der erste Batteriewechsel für ihn verläuft. Die Uhr verfügt über eine Tagesanzeige in Kanji. Wehe dem Uhrmacher, der das falsch einstellt! Für das wenige investierte Geld, kann sich die Uhr aber echt sehen lassen. Akihabara bewies einmal mehr, dass sich dort wirklich alles billiger finden lässt.
Nach dem Check In und einiger Zeit des Ausruhens, ging es doch noch einmal los für uns. Zwei Ziele galt es zu erreichen: den Magen füllen und noch etwas sehen. Von unserem Hotel kann man den Tokyo Skytree sehen, was spricht also dagegen diesen zu besichtigen. Gesagt, getan, nur sollten wir langsam mal lernen, dass der höchste Turm der Welt vermutlich überall gut zu sehen ist. Der Fußmarsch wurde länger und länger und aus dem helllichten Tag wurde schon gegen achtzehn Uhr dreißig Nacht. Was nun, war die Frage. Dennis und ich beschlossen kurzfristig, dass uns etwas Dunkelheit nicht schocken kann und wir erreichten den Skytree gerade rechtzeitig, als seine Beleuchtung angeschaltet wurde. Im Allgemeinen würde ich schon alleine von den Kosten her weiterhin das Rathaus als Aussichtspunkt empfehlen, schon aufgrund der hohen Besucherdichte am neu errichteten Skytree. Aber der Ausblick aus über 450 Metern war schon beeindruckend. Nur so bekommt man ein Gefühl von der nicht enden wollenden Stadt. Einziges Manko des beeindruckenden Arrangements auf dem Turm war unser unzureichendes Equipment. Auf der einen Seite sind Digitalkameras klein und handlich und für schnelle Schnappschüsse super, in solchen Situationen wie hier verfluchten wir sie aber und wünschten uns eine Spiegelreflex mit Stativ. Wie einige Japaner mit Handykameras oder gar I-Pad-Kameras dort etwas auf den Fotos sehen wollen, kann ich mir einfach nicht erklären. Wäre nicht schon die Höflichkeit und Freundlichkeit der Japaner klares Zeichen der Rückkehr in das Land der aufgehenden Sonne gewesen, hier im Turm wären wir endgültig angekommen. Über 30 verschiedene Angestellte, alleine 15 für die zwei Etagen mit Fahrstühlen, haben wir gezählt. Mit Händen und Füßen erzählten sie jedes Detail des Turms und klangen dabei immer motiviert und freundlich.
Mittlerweile war es nach neun und unsere Mägen meldeten sich. Was tun, denn in Japan schließen viele Gaststätten zwischen neun und zehn. Kurzerhand marschierten wir nach Asakusa, welches das nächste Stadtviertel am Skytree ist und Dennis und mir wie unsere Westentasche bekannt ist. Dort musste etwas Essbares zu finden sein. Schon der Weg verlief abenteuerlich, da ein von uns befragter Jugendlicher erst einmal alle auf der Straße befindlichen Japaner befragte, um uns garantiert den richtigen Weg weisen zu können. Unsere Befürchtungen sollten sich in Asakusa zudem auch noch bewahrheiten. Fast alle anständigen Gaststätten waren zu. Dennis und ich waren fast bereit, in einen Ramen-Schnellimbiss zu gehen, als unser Blick auf ein Okonomiyaki-Restaurant mit angeschaltetem Licht fiel. Wer es bis heute noch nicht mitbekommen haben sollte, Okonomiyaki ist so ziemlich mein Lieblingsessen, egal welcher Küche. Kurzentschlossen betraten wir das leere Restaurant und erkundigten uns nach etwas Essbarem. Ein alter Großvater stand uns mit seiner Frau gegenüber und erfragte, ob wir denn Japanisch können, sonst wird das nichts. Japanisch, da war doch was? Natürlich, ich hab meine Sprachbemühungen vom Auswärtsspiel mit B1, der zweithöchsten Sprachstufe, die man in Göttingen erreichen konnte, angerechnet bekommen und es ist sogar die Sprache, die ich als zweite moderne Fremdsprache für meinen Master angegeben habe. Ob ich nach mehr als einem Jahr, in dem ich kaum gesprochen habe, aber noch in der Lage bin in ihr zu kommunizieren, das steht auf einem ganz anderen Blatt. Todesmutig und hungrig, sagten wir aber zu und prompt wurde für uns die Küche noch einmal angeworfen. Daran, dass der Laden schon schließfertig gemacht wurde, während wir auf das Essen warteten, erkannte man schon, dass man uns einen großen Gefallen tat.
Okonomiyaki ist ein Gericht, wo man die Zutaten auf seinen Platz bekommt und selber zubereitet, genau wie in diesem Laden. Kurze Zeit nach unserer Bestellung saß der alte Herr also neben uns und ließ uns kochen oder besser gesagt kochte für uns. Gleichzeitig wollte er sich unterhalten und in Aufbringung aller Kräfte gelang es sogar, ein Gespräch zu führen. Dass man mein Japanisch lobte, möchte ich in diesem Zusammenhang aber der japanischen Höflichkeit zuordnen. Frisch gestärkt und mit vielen Verbeugungen und Glückwünschen durch das alte Paar verabschiedet, ging es zurück zum Hotel. Natürlich gab es die Möglichkeit zu fahren, aber wer fährt schon, wenn man laufen kann? Die Einkäufe im 24-Stunden-Supermarkt gesattelt und zurück ging es zum Hotel, es sind doch nur vier Stationen. Zwei Stunden und einen Marsch in die komplett entgegengesetzte Richtung später, erreichten wir um Mitternacht endlich unser Hotel, wo wir nur noch erschöpft wieder einschliefen. Erschreckend ist, dass normalerweise ich für die ausgeprägten Spaziergänge, in denen nur die Richtung stimmen muss, zuständig war. Mittlerweile hat Dennis ebenfalls Geschmack an diesen gefunden und besonders die Abendtour zurück zum Hotel verlief auf sein Geheiß. Mein Einfluss ist also bemerkbar, ich bin stolz auf mich. Damit bleibt mir an dieser Stelle nur eines zu sagen: Wir sind wieder hier!