Verlängerung

Am 10. März 2011 erhob sich ein Flugzeug vom Flughafen Tokyo Narita. An Bord hatte es einen armen Deutschen, der nach einem Jahr sein Austauschjahr hinter sich lassen sollte. Wie aber sollte man ein Jahr an Erfahrungen hinter sich lassen? Dieser Frage wollte er im anstehenden freien Monat nachgehen und sich dann frohen Mutes in das Abenteuer Masterarbeit stürzen. Oft aber kommt es anders, als man denkt.

Einen Tag später, ich befand mich gerade in Abu Dhabi, erfuhr ich von den Katastrophen, die Japan heimgesucht hatten. Aus der Eingewöhnung in Deutschland wurde nichts. Jeder Fernsehsender erinnerte mich regelmäßig an Japan. Der Kontakt mit den zurückgeblieben alten Freunden wie Shimizu, Orsolya und Victoria wurde dringender als je zuvor. So startete meine letzte Phase des Studiums ohne wirkliche Erholung, sondern mit körperlicher Anwesenheit und vielen Gedanken an Japan. Viele mussten das ertragen, egal ob die tausend Geschichten über das Land oder die anfängliche Zeit des nicht Meldens nach der Rückkehr, für die ich mich ja schon in einem vorherigen Blockeintrag entschuldigt habe.
Im Sommer fand mein bester Freund und Tutor aus Japanzeiten den Weg nach Göttingen. Shimizu machte einen Monat Sprachkurs in Göttingen und zeigte mir erneut, wie sehr ich alle wiedersehen möchte. Auch der restliche Kontakt verläuft intensiv wie eh und je und alle engeren Freunde haben die Unglückszeit heil überstanden. Mit Shimizus Abreise kam der Masterarbeitsstress und einige Zeit ging ins Land. Aber in mir wuchs immer stärker der Wunsch, das Studium so aufzuhören, wie ich es angefangen habe:

Vor sechs Jahren, im Juni 2006 entschlossen sich zwei Siemensianer, das letzte Stück Freiheit zu nutzen, welches ihnen vor dem Studium bleibt. Als Land ihrer Wahl entschieden sie sich für Japan, ein Land in der Zeit vor Sushi, Anime und Kagawas, welches nicht unbedingt zu den Standardländern für Urlaubsreisen gehörte. Als Belohnung für das Abi und zum Abschalten vor dem Studium stellt sich das Land als perfekt für die beiden Reisenden heraus. Dies ging soweit, dass einer der beiden vier Jahre später eine zweite Reise in das Land der aufgehenden Sonne unternahm. Dieses Mal sollte es aber gleich ein Jahr in der Millionenstadt Sendai werden. Sein alter Mitstreiter wiederum, ließ es sich nicht nehmen, ihm im August 2010 einen Besuch abzustatten. So also begann meine Verbindung mit Japan.
Wer also wäre besser geeignet, mich auf meiner Rückkehr in das Land der aufgehenden Sonne zu begleiten, als Dennis? Wir beide haben seit kurzem unserer Studium absolviert, Dennis sogar schon seinen Mastertitel und eine Arbeit. Im Gegensatz zu 2006 benötigte ich dieses Mal noch nicht einmal zwei Monate, um Dennis von einer Reise zu überzeugen. Eine SMS und schon stand er zu meiner Freude bereit.

Es wird also Zeit, dass das Auswärtsspiel, welches mich zwischen 2010 und 2011 nach Japan brachte, eine Verlängerung findet. Ein Spiel hat neunzig Minuten. Wenn im Falle eines Pokalspiels in diesen neunzig Minuten kein Ergebnis erreicht wurde, findet eine zweimal fünfzehn Minuten lange Verlängerung statt, in der der Sieger ermittelt werden soll. Nichts könnte unsere erneute Reise nach Japan besser beschreiben, als eine Verlängerung. Es wird ein Erinnerungstrip, aber auch ein Erkundungstrip, um neue Seiten und Orte in Japan kennenzulernen. Wie jede Verlängerung wird aus diesem Grund jeweils zwei Halbzeiten gespielt. Die erste Halbzeit umfasst meine Reise mit Dennis durch Japan. Es geht von Tokyo zum Tanabatafestival nach Sendai. Dann hoffen wir, dass es uns nach Hokkaido verschlägt. Dies ist eine wunderschöne Region, welche wir beide bisher leider noch nie besichtigen konnten. Nach 15 Tagen kehrt Dennis zurück nach Deutschland, da ihm seine Arbeit keine längeren Urlaube erlaubt. Ich selber werde noch bis zum 27. August meine Zeit in Sendai und Umgebung verbringen, einige der eingeforderten Besuche absolvieren und hoffentlich neue Erfahrungen sammeln. Von Shimizu über Mayumi bis hin zu Orsolya heißt es zu sehen, was sich verändert hat. In einem Jahr kann dies viel sein, wie mir meine gute Freundin Rieko beweist, die innerhalb eines Jahres heiratete, kurz in München lebte und nun stolze Mutter eines Sohnes ist und wieder in Akita bei ihren Eltern lebt.

Was bleibt mir noch weiter übrig als zu sagen, dass ich mich schon einmal für jeden Leser bedanke, der mir auf diesem Weg die Treue hält. Ich freue mich über jeden Kommentar.

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