Arg, wo geht es bitte nach Tokyo zurück? Es soll ein normaler Montagmorgen Ende Februar sein und was macht es, es schneit. Genau das Wetter, das ich nach den warmen Tagen in Tokyo nicht so schnell wieder sehen wollte. Nichts gegen Schnee, eigentlich mag ich ihn ja, aber mit einem Fahrrad mit minimalem Grip ist das schon etwas unangenehm, eine Ausfahrt zu machen. Unter diesen Vorzeichen ist die beste mögliche Beschäftigung eindeutig, gar nicht erst das Haus zu verlassen, aber die Pflicht ruft. Wobei, so sehr ruft die Pflicht gar nicht mehr, denn das halbe Büro ist im Urlaub. Entweder in der Heimat, in Europa oder bei Aufnahmeprüfungen quer durch Japan. Trotz allem fand ich mich im Büro ein und dabei konnte ich auch gleich einer interessanten Beschäftigung beiwohnen. Bekannterweise kostet das Anfertigen von Handbüchern Unmengen an Geld, wobei besonders das Binden einiges kostet. Aus diesem Grund ist die Uni Göttingen schon vor einer Weile auf das Internet umgestiegen und bietet Dinge wie ein Vorlesungsverzeichnis nur noch online an. Japan dagegen ist zwar das Land der Elektronik, aber einige Dinge müssen einfach traditionell gelöst werden. Aus diesem Grund gibt es die knapp 200 Seiten starken Vorlesungsverzeichnisse auch jedes Jahr analog in gedruckter Form. Um trotzdem günstig an diese heran zu kommen, werden sie kurzerhand selber anfertigt. Online wird eine ausdruckbare Version hochgeladen und mein zweiter Betreuer druckte sie heute aus und fertigte per Hand einige in Softcover gebundene Versionen an. Da eh alle notwendigen Gerätschaften im Büro vorhanden sind, stellt das auch gar kein Problem dar und günstiger als ein Druckcenter ist es ebenfalls alle Male. Einzig und allein was feststellbar ist, wenn das so weiter geht, entwickelt sich unser Büro noch zu einer Buchbinderei, so viele Bücher wurden in letzter Zeit gefertigt.
Immerhin ist es mir aber lieber, wenn sie solch ein Thema haben, als dass ich wieder mal unseren Verteidigungsminister erklären darf. Es ist ja nicht so, als ob das Thema nicht schon in Deutschland groß genug ist, aber es hat sich schon bis nach Japan rumgesprochen, was eindeutig ein schlechtes Zeichen ist. Trotzdem ist es interessant, mal wieder über Politik fachsimpeln zu können, ohne Skype an zu haben. Wenn es eines gibt, was die Japaner uns Deutschen um Weiten voraus haben, dann ist das die Politikverdrossenheit. Gut, diese ist in Deutschland schon ziemlich ausgeprägt, aber hierzulande ist sie riesig. Kaum eine Tageszeitung ist mit Politikthemen auf der ersten Seite zu finden geschweige denn kommentieren die Japaner die Politik einfach nicht. Letzten Herbst hatten wir in Sendai die Wahl, aber niemand hat wirklich etwas davon mitbekommen, außer durch die vereinzelten Wahlveranstaltungen. Politik ist hierzulande auch ein ziemlich nebensächliches Thema. Wobei, Skandale haben wir hierzulande genauso. Vor einigen Wochen hat sich die Ehefrau des japanischen Premierministers über ihren eigenen Mann beschwert. Ein Dummkopf, der in der Politik aufgeschmissen ist und ein Schlappschwanz sei er, ließ seine Ehefrau vermelden. Man stelle sich vor, Merkels Ehemann würde sich über seine Frau offen beschweren. Gibt es nicht? Doch, hier in Japan wäre alles möglich! Auf jeden Fall haben Japaner keinen Plan von Politik und immer wenn ich zu diesem Thema Fragen habe, werde ich meistens mit unbefriedigenden und unwissenden Antworten abgespeist. Das ist schon seltsam, wenn der Gegenüber vermutlich alle neuen Comicfilme auswendig kennt, aber nichts über Politik sagen kann.