Der Dritte im Bunde

Sendai hat im Sport drei große Vertreter. Zum einen wäre da Vegalta Sendai zu nennen. Über das Fußballteam der Stadt muss ich wohl kein Wort mehr verlieren, das habe ich nun mittlerweile wohl oft genug gemacht. Der zweite Vertreter sind die Tohoku Rakuten Golden Eagles, das Baseballteam der Stadt. Erst vor wenigen Jahren gegründet, stellt der Verein einen der wichtigsten Vertreter der Pacific Liga dar. Zu diesen beiden großen Vertretern gesellt sich noch eine Sportart hinzu. Die Sendai 89ers halten die Ehre der Stadt im Basketball hoch. Baseball habe ich mit Yuri und Andre im Sommer besucht, beim Fußball unzählige Stadionbesuche absolviert, aber Basketball fehlte noch – ein unhaltbarer Zustand. Kurzerhand rief ich Antti, den Finnen und Tobias, den Schweden zusammen und fragte an, ob sie Interesse an einem Besuch hatten. Keine Frage, beide waren dabei, hatte ihnen der Besuch von Vegalta doch schon Spaß gemacht.

Die Halle der 89er liegt am äußeren Rand der Stadt, was uns veranlasste, die U-Bahn zu nutzen. Für alle die sich wundern, ja Sendai verfügt über eine U-Bahn, aber nur mit einer Strecke, die dazu noch so ungünstig liegt, dass ich lieber mit dem Fahrrad fahre. Für die Tour war es aber sehr günstig, da die Halle direkt an der Station liegt und der Weg perfekt mittels Flaggen gekennzeichnet ist. Wer sich da verläuft, muss schon seine Brille vergessen haben. Schon beim Einlass standen wir aber vor dem ersten Problem. Es gab zwar einen Schüler- und Studentenrabatt, der war aber eigentlich nur bis zur Mittelschule gültig. Wieso dann das Wort „Student“ erwähnt wird, war uns auch nicht klar. Aber wozu sind wir Ausländer? Kurzerhand fragten wir nach den billigeren Karten und bekamen sie auch prompt und ohne Diskussion oder Studentenausweis vorzeigen. So sollte es immer sein. Nun galt es beim schönsten Sonnenschein, auf den Anpfiff zu warten. Kurzerhand schauten wir einer Grundschülermannschaft beim Baseballtraining zu, die sich aus diesem Grund weniger konzentrieren konnten, als das üblich ist. Was nebenbei aber besonders auffiel, war der übernatürlich große Frauenanteil unter den Menschen, die die Halle betraten. Aber gut, wo sonst können die schon mal große Ausländer sehen? Wie wahr diese Aussage war, sollte uns in der Halle auffallen. Es gab lebensgroße Bilder der Basketballspieler und Tobias war größer als der kleinste. Dazu muss man wissen, dass Tobias gerade mal 1.68 m misst und der kleinste Spieler der Mannschaft ist tatsächlich 1.60 m groß.

Nach einigem Suchen hatten wir auch einen Platz, sehr zur Unfreude einer Familie neben uns, die tierische Angst hatte, dass wir es dank ihnen zu unbequem haben könnten. Eine Bestechung mit Schokolade später war aber alles vergessen und sie opferten eine Gegenschokolade und erzählten uns während des Spiels auch öfter mal interessante Fakten. Vor dem Spiel waren auf alle Fälle drei Dinge auffällig: Dass die Cheerleader den Fans die Fangesänge vormachen müssen, habe ich bis heute auch noch nie in einer Sportart für voll genommen. Das mag es geben, aber bewusst habe ich das heute das erste Mal gesehen. Weiterhin können Japaner kein Englisch, wobei ich das auch schon früher wusste. Traditionell wird beim Basketball viel Englisch verwendet, das ist in Deutschland auch nicht anders. Aber das Englisch war so undeutlich, dass wir gerade mal die Hälfte verstanden. Zu guter Letzt waren wir noch sehr stolz auf die japanische Jugend. Da es Fahnen von den 89ers sehr günstig gab, hatten fast alle Hallengäste diese als Schalersatz. Vor dem Spiel versuchten nun alle Kinder, Unterschriften zu sammeln. Aber dabei ging es nicht um die Spieler, die meistens außen vor blieben, sondern die Kinder stürzten sich auf die Cheerleader – ein Bild für die Götter. Umringt von vielen Kindern kamen die aus dem Autogramm schreiben gar nicht wirklich raus.

Das Spiel selbst verlief unterirdisch. Wenn die 89ers wirklich den zweiten Platz der Liga inne haben, möchte ich nicht wissen, wie schlecht die anderen Teams sind. Einfachste Korbwürfe gingen andauernd daneben und es wurden viel zu viele Fehler gemacht. In der zweiten Hälfte des Spiels schaffte es Sendai sogar noch fast, einen 19 Punkte Vorsprung komplett zu verlieren. Trotzdem war das Spiel sehr lustig, manchmal wollten wir uns aber am liebsten selber einwechseln, viel schlimmer hätte es auch nicht werden können. Sendai ging früh in Führung und die ersten zehn Minuten konnte der Gegner Toyama keinen einzigen Punkt holen. Ab der Halbzeit änderte Toyama aber die Taktik und kam immer näher an die 89ers heran. Diese Aufholjagt kostete aber zu viel Kraft, so dass die 89ers mit fünf Punkten Vorsprung gewinnen konnten.

Nach dem Spiel wurde es aber noch einmal interessant. Eine ältere Dame hatte Interesse an den großen Ausländern vor ihnen gewonnen. Über die Familie ließ sie ausrichten, dass eine der Cheerleaderinnen (Zitat eines namentlich bekannten Skandinaviers: „Die Timeouts mit den Cheerleadern sind viel besser als das Spiel.“) ihre Tochter ist. Da sie es nicht auf sich beruhen ließ, holte sie richtig aus. An unserem Finnen hatte sie einen Narren gefressen und fragte ihn sogar, ob er Mails auch auf Japanisch schreiben kann. Wäre er nicht so erschöpft noch von zu wenig Schlaf gewesen, wäre er eindeutig der Tochter vorgestellt worden. Aber nicht einmal der Wunsch unsererseits auf ein Fotoshooting mit den Cheerleadern konnte ihn bewegen, auf die Versuche einzugehen.

So ging es also nach Hause, wo wir noch einen Abstecher in eine Sushibar machten. Verdammt, Sushi in Japan ist wirklich nicht mit Deutschem vergleichbar. Was soll das wieder in Deutschland werden, wie soll ich nur überleben? Auf jeden Fall war der Männertag eine klasse Aktion und wir hätten so etwas noch viel häufiger machen sollen. Leider haben wir zu spät von unserem gegenseitigen Sportinteresse gehört.

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