Noch einmal Glück gehabt

Ich muss wirklich zugeben, als Fußballverrückten hätte es mich in Japan eindeutig schlimmer treffen können, als es gekommen ist. Mit Sendai habe ich offensichtlich einen anständigen Fußballverein abbekommen, jedenfalls auf alle Fälle, was die Trikots angeht. Eines meiner langfristigen Ziele hier in Sendai war es, mir noch ein Fußballtrikot der Mannschaft zu besorgen, die ich doch häufiger live gesehen habe, als ich das im Vorhinein geplant hatte. Als ich Shimizu heute davon erzählte, holte er erst einmal eine Hall of Fame seiner Lieblingstrikots heraus und was ich da sah, gefiel mir gar nicht. Pink in Hülle und Fülle. O.k., dass Osaka, Kagawas alter Verein, Rosa im Trikot hat und die Fans dies als Hauptfarbe der Fanartikel akzeptieren, wusste ich schon eine ganze Weile. Aber dass wirklich vier Vereine solche Modeverbrechen begehen, hat mich dann doch schon überrascht. Wobei, die Farbwahl der Teams ist das Eine, dass aber der gesamte Fanstamm dann auch wirklich in dieser Farbe ins Stadion kommt, das gibt es nur in Japan. Man stelle sich ein Fußballstadion in Deutschland in Pink vor, der Hohn und Spott der Gegner wäre ihnen sicher. Da bin ich doch mit Sendais Blau-Gelb sehr zufrieden.

Aus eben jenem Grund setzte ich meinen Plan auch in die Tat um. Gemeinsam mit Mayumi ging es in den Fanshop, um ein Trikot beflocken zu lassen. Mayumi nahm sich für diesen Zweck sogar trotz der Tatsache Zeit, dass sie drei Stunden später den Nachtbus nach Tokyo für ihren Urlaubsflug besteigen musste. Ihre Anwesenheit war aber auch dringend erforderlich. Nachdem geklärt war, dass ich das alte Trikot will, gingen die Probleme nämlich erst richtig los. Die Hälfte der Spielernummern, o.k. hauptsächlich die der 10, ließ sich nicht anfertigen. Gut, die 10 wollte ich eh nicht, wer will schon auf einem japanischen Trikot einen Nordkoreaner stehen haben. Dies ließ sogar das sonst so steife Ladenpersonal lachen. Trotzdem musste mein Spielerwunsch umgestellt werden und auch die zusätzliche Werbebeflockung sollte noch einmal extra kosten. Nein, auf so etwas konnte ich dann verzichten, worauf hin der Kampf losging, wie lange man für ein Trikot mit Nummern brauchen darf. Der Laden setzte zwei bis drei Wochen an, wobei ich das Trikot in ein und einer halben Woche dringend benötige. Mayumi setzte den Verkäufer kurzerhand unter Druck und handelte einen viel früheren Termin aus. Hoffentlich ist es bis dahin auch fertig. Als Dank gab es für Mayumi noch meinen FCM-Schal, unter der Voraussetzung, dass sie mal in Magdeburg zum Fußball vorbei schaut. Jetzt kann ich mich aber bei Wolfsburg-Spielen sehen lassen, immerhin zwei Leute im Stadion würden das Trikot erkennen. Hassabe, da er schon gegen Sendai spielen musste und Littbarski, der selber schon bei Sendai angestellt war.

Nachdem das Trikot endlich gesichert war, hatten wir noch ein wenig Zeit, um uns über andere Sachen auszutauschen und das wurde sehr lustig. Sie zeigte mir Bilder von einem ihren letzten Urlaube. Hat sich eigentlich schon jemals jemand gefragt, warum die Aliens in den Filmen immer nur die Amerikaner angreifen? Keine Frage, gegen Japan hätten sie einfach keine Chance. Das japanische Fernsehen hat verschiedene Themen, die immer wieder in TV-Serien verbaut werden. Riesige Monster wie Godzilla ist das eine Thema, das zweite Thema sind riesige Kampfroboter. Eine der berühmtesten Serien ist Gundam, die seit über dreißig Jahren immer wieder Ableger schafft. In dieser Serie werden die Kriege der Menschheit nur noch mit riesigen Kampfrobotern ausgetragen. Bei dreißig Jahren war es jetzt an der Zeit, einmal auf diese Serie zurück zu schauen und ihr die Anerkennung zukommen zu lassen, die sie laut den Japanern verdient. Aus diesem Grund wurde letztes Jahr in Tokyo und mittlerweile in Shizuoka eine 18 Meter Statue des ersten Roboters der Serie aufgestellt, die über der Stadt thront, inklusive Licht und Soundeffekte. Man stelle sich in Deutschland eine riesige Statue für Raumpatrouille Orion oder den Tatort vor – undenkbar. Hierzulande ist es aber eine der Touristenattraktionen Nummer eins geworden, wobei manche Menschen schon scherzen, ob es sich wirklich nur um eine Statue handelt. Da Mayumis Mann die Serie ebenfalls mag, musste sie gute Miene zum bösen Spiel machen und mit ihm dort hinfahren. Ein zwei Tage Urlaub nur für eine TV-Serien-Statue. Fernsehen hat hierzulande eindeutig eine größere Bedeutung als in Deutschland. Passend dazu haben die Chinesen ebenfalls Wind von der Statue bekommen und konnten das nicht auf sich sitzen lassen. Kurzerhand wurde in einem Park in China ebenfalls eine derartige Statue errichtet, die eine Eins-zu-Eins-Kopie des Originals, nur in anderer Farbe, ist. Seitdem ist zwischen den Ländern der Roboterkrieg ausgebrochen und benide Seite streiten sich, wie nun mit der Kopie, so sie denn eine ist, laut den Chinesen, verfahren werden soll. Andere Nationen streiten sich über Atommüll oder ähnliches, Japan streitet sich über Roboter – typisch. Wer übrigens glaubt, bei Robotern und Monstern hört es in Japan auf, der hat falsch gedacht. Aktuell häuft sich die Werbung für einen Film über das Raumschiff Yamato. Eine Realverfilmung einer alten Zeichentrickserie, in der die Menschheit einen Krieg verliert und das letzte Metall auf der Erde in ein Raumschiff umwandelt. Das Metall stammt natürlich von dem alten Kriegsschiff der Japanaer und Gegenstück zur deutschen Bismark, die Yamato. Dementsprechend versuchen die letzten Menschen, mit dem Raumschiff Yamato eine neue Heimat zu finden. Wundert sich da wirklich noch einer, dass die Nachbarländer Japan Kriegsverherrlichung des Zweiten Weltkrieges vorwerfen?

Schreibe einen Kommentar

Deine Email-Adresse wird nicht veröffentlicht.