Einer in Deutschland, fehlen noch zwei!

Mission erfüllt. O.k., bevor ich nach Deutschland zurück muss, habe ich noch drei große Ziele, die es zu erfüllen gibt und eines ist ab dem heutigen Tag so gut wie abgeschlossen. Schon als ich das Büro heute früh betrat war klar, dass irgend etwas passiert war. Shimizu holte schon zur Begrüßung das Reik-sama raus. Sama, das bedeutet entweder die Welt geht unter und es gilt in minus drei Minuten einen Bericht über die komplette japanische Geschichte oder ähnliche Gemeinheiten anzufertigen. Alternativ ist irgend etwas Positives im Anmarsch, das stellt bei dieser Begrüßung zu meinem Leidwesen aber die absolute Seltenheit dar. Ich war also schon auf das Schlimmste gefasst, sollte aber zur Abwechslung unrecht behalten, denn es handelte sich um eine wirklich positive Nachricht. Shimizu hat die erste Stufe des Bewerbungsverfahrens für seinen Sommerkurs in Deutschland erfolgreich überstanden. Offensichtlich haben sich die Nachtschichten zur Kontrolle gelohnt und im Sommer kann ich die Früchte davon ernten. Shimizu schwebte natürlich auf Wolke sieben oder noch höher, was in Angesicht eines 1.500 Euro Stipendiums auch nicht so verkehrt ist. Als er den Brief bekommen hat, sah das Ganze aber wohl noch leicht anders aus. Shimizu war vor Angst kaum in der Lage, den Brief zu öffnen, er erschien ihm viel zu dünn für eine so wichtige Urkunde. Zu allem Überfluss war der Brief dann auch noch in Deutsch geschrieben und er entdeckte natürlich erst mal das Wort Mühe, was meistens in einer Absage zu erwarten ist. Erst als er die japanische Übersetzung fand war ihm klar, was er in der Hand hielt. Ziel Nummer eins ist damit erreicht, Shimizu nach Deutschland bekommen, bleiben nur noch zwei ungleich schwerere Aufgaben: Nobu zu überzeugen nach Deutschland zu kommen, ist noch irgendwie lösbar, aber Rieko stellt mich vor viel größere Probleme. Wie soll ich bitte gegen eine Propagandawelle von unserer deutschen Professorin und den Deutschlehrbüchern bestehen und sie davon überzeugen, dass München die genau falsche Stadt für sie ist und der Norden der Republik viel angenehmer. Zu meinem Glück höhlt steter Tropfen den Stein und ich werde meine Versuche schon noch einmal verstärken. Sie will schließlich Deutsch und nicht Bayrisch lernen.

Auf der anderen Seite wurde mir von meinem zweiten Betreuer noch einmal gesagt, wie gut es ist, dass ich momentan da bin. Normalerweise laufen die Studenten zu dieser Jahreszeit amok, da ihre Resümees in der deutschen Sprache nicht so klappen, wie es sollte und ihr Lehrer zu viel anstreicht. Seit meiner Ankunft hat sich das Bild stark verbessert, auch wenn sie sich meist nicht trauen, mich vorher zu fragen. Wenn ich dann aber noch mal persönlich meine Hilfe anbiete, kommen sie meistens sofort zur Sache und sind dann überglücklich, wenn sie das Professorengespräch halbwegs überstehen. Ein besonderes Problem ist aber offensichtlich die Form des Textes. Sehr zu meiner Überraschung kennen die Japaner keine Vorgaben für ihre Texte und jeder Student gestaltet seine Arbeit anders. Total undenkbar in Deutschland aber hier gang und gäbe. Den Professoren sagt das aber nun überraschenderweise überhaupt nicht zu, wenn zum Beispiel jeder Satz als Absatz behandelt wird, wirkliche Vorgaben machen sie aber trotzdem nicht. Verwirrt saßen deshalb heute schon wieder x Studenten im Büro rum und haben philosophiert, was die Professoren wohl gerne hätten. Nichts leichter als das und kurzerhand nahmen wir die deutschen Regeln und ich gestaltete das Design, was im Anschluss auch bei den Professoren ankam und erst mal kurzerhand von allen anderen kopiert wurde. Kein Wunder, das die Professoren froh sind, mit mir einen unbezahlten wissenschaftlichen Mitarbeiter gewonnen zu haben, aber ich mache es ja zum Glück auch gerne.

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