Alle guten Dinge sind vier! O.k., eigentlich drei, aber wieso sollte man nicht mal ein wenig weiter schauen. In den Bergen in der Umgebung von Sendai liegt ein Ort, den ich besonders schätze und wo ich jeden Aufenthalt genieße. Yamadera, auf meiner Liste der schönsten Orte Japans eindeutig ganz oben zu finden, habe ich mittlerweile schon dreimal besucht. Der Frühlingsbesuch fand in der Golden Week statt. Im Sommer ging es mit Dennis die Treppen hinauf und im Herbst mussten meine Eltern mit mir die Treppen nehmen. In jeder Jahreszeit sieht der Tempel aber auch anders aus, so dass sich die wiederholten Anreisen eindeutig lohnen. Aber man merkt schon, eine Jahreszeit fehlt in der Aufzählung und für diese habe ich nicht mehr viel Zeit. Als ich den heutigen Schnee in Sendai sah, wusste ich deshalb sofort, was zu tun ist. Kurzerhand wurde Alex rekrutiert, der nur zehn Minuten Zeit hatte, um sich vorzubereiten und schon ging es zum Zug und nach Yamadera. Er war zwar etwas überrascht von dem spontanen Aufbruch, aber er hatte zum Glück auch nichts zu tun und kannte Yamadera noch nicht. Das musste geändert werden. Schon die Anfahrt alleine lohnte sich. Der Zug schlängelte sich durch weiße Täler und die Natur sah einfach überragend aus. Noch überragender war Yamadera aber selber. Alles war mit Schnee bedeckt und der Himmel deutete erneuten Schneefall an. Letzteres war aber für uns extrem ungünstig, da die Sonne aus diesem Grund bedeckt war. Trotzdem machten wir uns an den Aufstieg.
Der Aufstieg verlief dabei auch ziemlich ruhig. O.k., der Kartenverkäufer sah etwas überrascht aus, dass zwei Ausländer heute den Weg nach Yamadera gefunden hatten, aber derartige Reaktionen kennen wir ja nun zur Genüge. Viel mehr hätten uns die Glückwünsche der paar japanischen Rentner zu denken geben sollen. Diese quälten sich den Berg runter und jeder meinte nur „viel Glück“. Aber gut, diese Rentner waren nur schlecht zu Fuß, der Aufstieg ist doch schließlich einfach, oder? Oben angekommen erwartete uns ein Schauspiel der Natur. Der eigentliche Tempel war aufgrund der Schneemassen gar nicht erst richtig begehbar, aber das schneebedeckte Land war ein wahrer Genuss. So langsam beschlich uns aber doch ein düsterer Verdacht. Die Schneemassen wurden immer höher und das Vorankommen wurde schwieriger. Gleichzeitig bemerkten wir das erste Mal richtiges Eis unter dem Schnee. Konnte das das Problem sein, vor dem die Japaner uns warnen wollten? Ja, so war es auch, der Weg herab entwickelte sich zur Qual. Nicht nur, dass es immer kälter und dunkler wurde, nein die Stufen waren auch viel zu glatt. Einige Treppen nahmen wir so nur per runter schlittern, während wir das Geländer zum Abfangen nutzten. Im Endeffekt brauchten wir im Vergleich zum Aufstieg die doppelte Zeit, um herunter zu kommen. Aber zum Glück stimmt ja das alte Sprichwort: runter kommt man immer. Durchkühlt und erschöpft erreichten wir den Bahnhof, aber auch zufrieden, denn der spontane Aufbruch hat sich eindeutig gelohnt. Yamadera ist wirklich ein Ort, den ich allen Japanreisenden nur wärmstens ans Herz legen kann. Auch im Winter ist es wunderschön und man hat keine anderen Touristen, die einem die Sicht klauen. Das wird zwar mit ein wenig Glätte erkauft, mit dem richtigen Schuhwerk und ein wenig Geschick ist das aber immer ausgleichbar. Mit diesen Gedanken machten wir uns auf den Rückweg nach Sendai, wo wir den Abend mit einem indischen Essen abrundeten.