Von Haaren und PCs

Ich wusste es doch, ich kann nicht alleine Schuld haben an all den Computerproblemen, die ich in den letzten Monaten hier in Japan zu verzeichnen hatte. O.k., eine gewisse Teilschuld kann man mir bestimmt geben, aber es muss am Land liegen. Ich befand mich heute spät abends gegen 21.30 Uhr noch in der Uni. Man sollte meinen, dass man um diese Uhrzeit seine Ruhe hat. Aber nein, in meinem Büro waren sogar noch Studenten und ich selbst wartete auf Rieko, die im zweiten Büro unserer Fakultät noch beschäftigt war. Plötzlich klingelte mein Telefon und genau aus meinem Nachbarbüro erreichte mich ein Hilferuf von Ulf und einem Franzosen. Die Festplatte des Franzosen wurde im laufenden Betrieb zerstört. Ohne Probleme startete der Laptop von ihm neu und die externe Festplatte wurde nicht mehr erkannt. Kein Problem, er wird ja die Daten noch irgendwo anders gespeichert haben? Nein, natürlich nicht und so wichtig waren die Daten auch gar nicht, aber es hatte auch die Abschlussarbeit des Franzosen getroffen, an der er noch werkelte und von der natürlich keine Kopien mehr existieren. Da hatten wir den Salat. Ulf versuchte alle Hebel in Bewegung zu setzen, um an die Daten zu gelangen, aber nichts half. Jetzt hatten sich beide einen Schlüssel für das Büro geholt und wollten die Festplatte direkt an einen internen Anschluss koppeln und natürlich kam es, wie es kommen musste, nichts funktionierte. Genau deshalb kam ich ins Spiel und musste helfen, alles wieder ins Lot zu bringen. Wir wollten ja schließlich morgen nicht den großen Bericht in der Zeitung haben ?Vandalen zerstören Uni-Computer?! Der Rechner, den sie geöffnet hatten, hatte natürlich den falschen Anschluss und auf einmal funktionierte das Hochfahren des Rechners nicht mehr. Kein Problem, ich bin ja da und in einer Nacht- und Nebelaktion und immer in der Hoffnung, dass kein Mitglied des Büros noch mal vorbeischaut, reparierten wir den Rechner, bei dem sich die Hälfte des Innenlebens gelockert hatte. Die Festplatte blieb zwar tot, doch brachte ich die beiden wenigstens auf Ideen, wie man eventuell noch an die Daten kommen könnte. Auf solche Nachteinsätze habe ich auf jeden Fall weniger Lust. Auffällig ist aber die Tatsache mittlerweile schon, wie schnell hier einige Geräte den Geist aufgeben. Nicht nur dem Franzosen und mir ist das mittlerweile passiert, sondern auch einige andere sind betroffen und immer ohne vorherige Anzeichen. Ich werde wohl mal mit jemandem sprechen müssen, der sich damit auskennt.

Meinen Tag begann ich aber eigentlich weniger mit dem Reparieren von irgendwelcher Uni-Pcs. Erst einmal galt es, ein Paket nach Deutschland zu schicken. Eigentlich sollte das ja kein Problem darstellen, die Postmitarbeiterin handelte aber leider etwas schizophren. Auf der einen Seite sollte ich das Paket gleich beim Abgeben verschließen, nur damit sie es zwei Minuten später wieder öffnete, weil sie die Zolldeklarierung nicht verstehen konnte. Dabei gebe ich zu, dass man als Europäer mit dem Begriff Neujahrspfeil nicht viel anfangen kann, als Japaner sollte das aber eigentlich anders aussehen. Ein Neujahrspfeil ist ein Talisman in Pfeilform, aber ohne Spitze, den man zum Neujahr kauft und der einem das Glück zufliegen lassen soll. So gab es aber einige Verständnisprobleme, so dass sie alles noch mal selber nachschaute. Kein Problem für mich, ich wollte eh los zur Uni, so lies ich sie das alleine erledigen und fuhr zur Tohoku Universität.

Schon auf dem Weg dorthin fiel mir auf, dass es momentan bei japanischen Friseuren ziemlich günstig sein muss. Normalerweise haben fast alle Japaner schwarzes und dickes Haar. Diese Uniformität wird noch dadurch gestärkt, dass man in der Schule und oftmals auch auf der Dienststelle kein Färben der Haare gestattet. Als Ausgleich werden die Haare hierzulande gerne besonders auffällig gestaltet. Noch nicht mal Männer schrecken davor zurück und so sah ich alleine heute drei Männer mit längeren Haaren und dicken Plastikhaarbändern, die in Deutschland wohl gerade so von Frauen getragen werden würden. Ein anderes beliebtes Spiel ist, dank der Haare größer zu erscheinen, so dass mit Gel das Haar so nach oben aufgestellt wird, dass man größer erscheint. Besonders kleine Japaner sind deshalb oft mit derartigen Frisuren zu entdecken. Gefärbt wird das Haar aber natürlich auch. Falls es im Betrieb nicht erlaubt ist, wird das Haar halt nur für das Wochenende geändert und am Montag wieder die Farbe ausgewaschen. Besonders Frauen aber sehen sowieso oftmals jeden Tag so aus, wie in Deutschland Frauen für besondere Anlässe aufgestylt werden. Nachdem ich mich auf der Fahrt zur Uni schon leicht wunderte, begrüßte mich in der Uni gleich Okada-kun. Dieser trägt seit über vier Jahren die Haare länger und hatte auf einmal einen Kurzhaarschnitt. Damit stellt er ein erneutes Opfer der Friseure hierzulande dar. Auch Shimizu hatte das Schicksal hier schon ereilt. Wenn man bei einem Friseur nicht mit einem Foto des gewünschten Haarschnitts auftaucht, sondern nur einfach sagt, ein kleines bisschen kürzer, ist das Haar schon verloren. Eigentlich traurig, bedenkt man, dass ein normaler Friseurbesuch hierzulande ohne Waschen schon mal 50 Euro kosten kann. Für 10 Euro bekommt man dagegen maximal mit viel Glück einen 10 Minuten Friseur, wo einem in zehn Minuten trocken die Haare geschnitten werden. Für mich ist nach den wiederholten Gruselgeschichten jetzt aber auf jeden Fall klar, das Abenteuer japanischer Friseur brauche ich wirklich nicht.

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