Land unter in Sendai oder wo waren noch einmal die Ruderboote verstaut?

Es lebe der Klimawandel! Deutschland geht momentan im Schnee unter und Japan hat momentan um die 10 Grad und mehr, was wünscht man sich mehr? Dieser Umstand war offensichtlich zu viel für die Natur und als Ausgleich entschied man sich heute für den Weltuntergang hierzulande. Sendai ist dadurch heute Opfer von sintflutartigen Regenfällen geworden. Ab 3 Uhr morgens schüttete es aus allen Wolken und es hatte den Anschein, also ob der Regen gar nicht mehr aufhören wollte. An sich hätte mich das vor kein größeres Problem gestellt. Regenfälle sieht man hierzulande ja besonders in der Regenzeit öfter, aber das heute hatte eine ganz andere Qualität. Es war kaum möglich, den Fuß vor die Tür zu setzen. Es regnete wie aus Eimern und der Fluss hatte zur Mittagszeit schon seine Breite verdoppelt. Das ist eindeutig ein schlechtes Zeichen, wenn man bedenkt, dass ich ihn noch nie so breit gesehen habe. Er erreichte sogar den Damm und zum Glück hielt dieser stand. Aber nicht nur der Fluss war vom Wetter betroffen. Die Straßen waren unter Wasser und die Kanalisation konnte mit den Wassermassen nicht mehr umgehen, so dass alle Gullys überquollen. Am schlimmsten traf es aber einige Teile der Innenstadt, wo laut Lauras Augenzeugenbericht das Wasser bis zum Knöchel reichte. Aber schon allein der Weg zur Uni war überflutet genug. Man kann sich das Chaos in der Stadt wohl bildlich vorstellen. Die Japaner waren aber wie immer auf alles vorbereitet und man nutzte diese Problematik gleich als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. An jedem überquellenden Gully hat die Stadt doch wirklich einen Wächter aufgestellt, der an dieser Stelle den Verkehr leiten musste. Im strömenden Regen einen Gullydeckel zu bewachen, stelle ich mir auch nicht gerade als Traumberuf vor. Trotzdem taten es die Japaner ohne auch nur eine Miene zu verziehen.

Was sollte man also machen? Zu Hause bleiben war keine Option, so sehr ich mir das angenehm vorgestellt habe. Schweren Herzens entschied ich, mich mit dem Rad auf den Weg zu begeben und ich sollte doch wirklich Glück haben. Ich schaffte es genau in dem Moment zu fahren, wo für 15 Minuten der Regen mal aufgehört hatte und fast trockenen Fußes erreichte ich die Uni. Dort kam es gerade zum großen Showdown für Shimizu, der seine Bewerbung vorlegen musste. Über eine Stunde wurde er dabei auseinander genommen und ich wünschte mir sehnlichst, auch im Raum zu sein, um etwas unternehmen zu können. Wirklich etwas vorzuwerfen habe ich mir aber auch nicht. Die Rechtschreibfehler waren zu 90 Prozent in einer neueren Version schon beseitigt und beinhalteten zum Großteil eh nur die Umschrift der Umlaute in eine japanische Tastatur. Einige Sätze wurden auch umgestellt, lustigerweise handelte es sich bis auf den Endsatz aber nur um Sätze, die wir so von Rieko übernommen hatten und mit denen sie letztes Jahr für den Aufenthalt angenommen wurde. Die Kritik am letzten Satz dagegen basierte nur auf unterschiedlichen Annahmen über die Schreibweise eines derartigen Motivationsschreibens, was zu einem kurzen Disput führte.

Nachdem dies alles geklärt war, saßen wir wieder alleine im Büro. Da das Paket vor ein paar Tagen neben viel Schokolade auch eine DVD beinhaltete entschieden wir, gemeinsam den Film ?Willkommen bei den Sch““tis“anzuschauen. Das Gesicht von Professor Morimoto, als er sah, dass seine Studenten freiwillig einen Film auf Deutsch schauten, war göttlich und zum ersten Mal verstanden sie wirklich die Bedeutung des Dialektes in Deutschland. In bester Studienmanier erklärte ich ihnen auch kulturelle Dinge des Films und sie verstanden auch einiges. Das einzige Problem, das nun vor mir aufgetaucht ist, stellt die Tatsache dar, dass Shimizu jetzt den Dialekt imitiert. Ein klarer Beweis, dass er in Deutschland in eine Region ohne viel Dialekt fahren sollte. Den Rückweg schaffte ich überraschenderweise ebenfalls wieder im trockenen Zustand bis nach Hause und ich kann nur hoffen, dass es morgen besser ist. Bei dem Wetter jagt man wirklich keinen Hund auf die Straße und den Campus würde ich gerne weiterhin ohne Boot erreichen.

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