Essen mit Frau Omori

Das war knapp heute. Man sollte Japaner wirklich nicht alleine ihre Sachen machen lassen. Ich bin heute entspannt ins Büro gegangen, ohne etwas Böses zu erwarten, als gerade die deutsche Professorin den Raum betrat. Gerade zu diesem Zeitpunkt ging aber auch im Büro alles schief. Shimizu schrieb gerade an seiner Google-Translator-Übersetzung herum und ein anderer Kumpel von mir wurde gerade wegen einer Trinkgeschichte am Wochenende geärgert. Am Sonntag um drei Uhr morgens hatte er Shimizu angerufen und ihn gebeten zu kommen. Shimizu, der schon geschlafen hat, ist also aufs Motorrad gesprungen und die 50 Kilometer zum Standort des zweiten Japaners gefahren. Dort konnte er nur heraus bekommen, dass dieser ziemlich angeheitert war und einfach den Fahrkünsten eines anderen Japaners in diesem Zustand nicht mehr getraut hat. Deshalb stieg er aus dem Auto aus und wollte Shimizu mit seinem Motorrad als Fahrer haben. Wie man sich vorstellen kann, war ihm diese Geschichte ziemlich peinlich, insbesondere wenn man bedenkt, dass er sich laut eigenen Aussagen gar nicht mehr an den Vorfall erinnern kann. Auf jeden Fall stand auf einmal die Professorin in der Tür und wollte unbedingt Shimizus ersten Entwurf lesen und hören, warum alle Okada ärgern. Die Geschichte war natürlich nicht für Professorenohren bestimmt und dementsprechend wollte ich das nicht erzählen und irgendwie galt es noch Shimizu aufzuhalten. Ich erzählte also die gesamte Geschichte ohne den Trinkpart und zeigte Shimizu per Handzeichen, dass er große Probleme bekommt, wenn er den Zettel so wie er ist abgibt. Zum Glück verstand er, machte aber einen dämlichen Fehler und zeigte meine Einleitung, die ich gestern schnell entworfen hatte – natürlich in meiner Handschrift. Zum Glück gab die Professorin sich damit zufrieden, auch wenn sie diese Woche noch Ergebnisse sehen will.

Wirklich Zeit für solche Rettungsaktionen hatte ich heute aber eigentlich gar nicht, schließlich war ich noch bei Frau Omori, Yuris Wachhund, eingeladen. Also schnell Schokolade gepackt und los ging es zur Wohnung. Einmal in meinem Leben will ich bei ihr schließlich mal ohne Verspätung erscheinen. Zweimal hatte ich mich dank meiner Begleitungen schließlich schon verspätet. Diesmal klappte es aber und ich stand überpünktlich auf der Matte. So konnte das Essen losgehen. Sechs Ausländer und sechs Japaner waren geladen. Ehrengast war dabei eine alte Bekannte – Rieko, mit der ich mich vor mehreren Monaten beim Tanabatafest noch gepflegt verlaufen hatte. Sie erkannte mich sogar noch und auch ansonsten waren einige bekannte Gesichter dabei. Neben den Studenten und einigen Group Mori-Mitgliedern war aber besonders eine Frau überraschend, sie holte auf einmal ein fast perfektes Deutsch heraus. Wieso nur fast perfekt? Das Deutsch hörte sich etwas komisch an, nicht so wie ein japanisches Deutsch, sondern fast wie ein sächsisches Deutsch. Ich sollte recht behalten. Sie hat in Dresden gelebt und dort die Sprache (inklusive Dialekt) gelernt. Was soll man aber zum restlichen Abend sagen? Frau Omori weiß, wie man Partys schmeißt. Das Essen war perfekt und auch die Gäste waren angenehm. Besonders witzig wurde die Aktion, als versucht wurde, ein Abschiedsgruppenfoto zu machen. Drei Fotoapparate wurden auf Selbstauslöser gestellt und dann ging das Gerenne zum Platz los. Eine ziemlich kuriose Situation. Begeistert waren die Japaner aber von etwas anderem. Es war wieder der Pole dabei, der einen Zentimeter kleiner ist als ich und wir versuchten, uns von der Größe her auszustechen. Ein Schauspiel, was die Japaner unbedingt fotografieren wollten. Das Konzert wird auf jeden Fall mit Rieko in der Hauptrolle sein und ich habe zwei Karten umsonst bekommen. Anstrengend war der Abend aber trotzdem, man wollte sich ja nicht unbeliebt machen und musste deshalb seine ganzen Japanischkenntnisse herausholen. Allgemein ist es interessant, mit wie wenig Platz die Japaner auskommen. Die beiden von Group Mori haben ein perfektes Schlafzimmer, nutzen es aber nur als Arbeitszimmer und räumen dafür täglich Betten wieder zusammen und verschieben alles im Wohnzimmer dafür.

Anschließend war der Abend aber noch nicht gelaufen. Da ich mittlerweile eh schon der halbe wissenschaftliche Mitarbeiter bin, kann ich auch mal eine Nachtschicht einlegen. Ich sollte wirklich einmal über die Bezahlung nachdenken. Kurzerhand ging es zu Shimizu und gemeinsam (und mit Riekos altem Bewerbungsschreiben in der Hinterhand) konnte die Arbeit losgehen. 2 Stunden später war endlich eine erste Textversion angefertigt. Zwar meinte die Professorin, es wäre besser, wenn der Student es komplett selbst erstellt. Aber die Bewerbung von Rieko war auch nicht nur von ihr geschrieben, dann darf ich auch etwas helfen. Mal schauen, ob es morgen akzeptiert wird.

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