Von Weihnachtsvorfreude und Veganern

10.000 Kilometer und immer noch die ewig gleichen Weihnachtslieder, man kann ihnen einfach nicht entkommen. Angeblich feiern wir in Japan ja Weihnachten nicht, die Vorweihnachtszeit verändert diese Behauptung aber kaum. Zwar fehlen Sachen wie Plätzchen, Glühwein und Stollen, in anderen Bereichen sind uns die Japaner aber weit voraus – in der Dekoration. Alex lebt jetzt mittlerweile schon fast zwei Monate in Sendai, hat aber noch kaum etwas von der Innenstadt gesehen, wenn ihn nicht durch Zufall jemand mitgeschleppt hat. Dieser Zustand konnte natürlich nicht anhalten und dementsprechend schleifte ich ihn heute raus in die Stadt und zeigte ihm die wichtigsten Geschäfte. In der Vorweihnachtszeit ist dieses Vorgehen eine wahrlich schlechte Idee. Zum einen sind die Straßen und Geschäfte an einem Sonntag natürlich hilflos von Menschen überrannt, zum anderen sind die Geschäfte komplett auf Weihnachten geeicht. Wenigstens habe ich jetzt verstanden, wo Frau Schemetowa ihre immer gleichen zwei Weihnachtslieder her hatte, die sie uns immer im Musikunterricht hat singen lassen: sie hatte eine japanische CD. Wenn man in zehn Geschäften den Song ?Last Christmas? hört, zweifelt man schon einmal kurz an der Musikauswahl eines Landes.

Trotz allem schafften wir es, einige Läden zu besuchen und Alex konnte sogar einige Weihnachtsgeschenke für die Familie ausfindig machen. In dem Moment meldete sich Orsolya bei mir. Sie war ebenfalls in der Stadt und wir beschlossen, gemeinsam los zu ziehen. Ein weise Entscheidung, wie uns kurze Zeit später auffiel. Ohne dass jemand von uns etwas davon wusste, hatte Laura heute Geburtstag. Die gute Frage ist, was bitte schenken? So ging die Sucherei los. Relativ schnell wurde klar, dass das beste Mittel noch ein Kuchen sein wird. Leichter gesagt als getan, denn der Kuchen hat in Japan eine andere Bedeutung als in Deutschland. Nur ein paar kleine Bäckereien verkaufen ihn und dann zu absolut überzogenen Preisen. In der Weihnachtszeit wird das Ganze aber noch viel schlimmer. Weihnachten wird an sich ja kaum gefeiert und wenn, dann wird es als Fest der Verliebten angesehen. Ein traditionelles Essen gibt es dann aber doch sogar hierzulande. Da das Fest hierzulande sehr von den amerikanischen Filmen geprägt ist, isst man am 24.12. ebenfalls eine Kleinigkeit gemeinsam. Fleisch ist für solche Gelegenheit aber viel zu teuer, also haben die Japaner ihre eigene Tradition erfunden: den Weihnachtskuchen. Das ist normaler Kuchen, einfach nur mit Sahne überzogen und in den Farben rot und weiß versehen. Er wird überall angeboten. An sich ist das ja eine schöne Sache, wenn die normalen Kuchenpreise von etwa 10 Euro für einen derartigen Kuchen dann nicht gleich mal auf das drei- bis vierfache angehoben werden würden. Vierzig Euro für einen Kuchen, der ohne Weihnachten eventuell 10 kosten würde, ist schon ziemlich hart, geschweige denn, dass der Durchmesser maximal 10 cm umfasst. Um nicht zu zeigen, dass man die Preise so hoch angehoben hat, wird in den meisten Bäckereien im Dezember kurzerhand der normale Kuchen aus dem Regal entfernt und dementsprechend war für uns heute Suchen angesagt. Nach einiger Zeit konnten wir dies zwar erfolgreich beenden, Weihnachtskuchen kann ich trotzdem erst mal nicht mehr sehen.

Nach der nervigen Suche hieß es essen fassen. Mit einem Veganer in der Gruppe ist das in Japan ein absolut leichtes Unterfangen – oder auch nicht. Schon das Wort Vegetarier schreckt viele Restaurants ab, so dass sie bitten, doch ein anderes aufzusuchen, bei Veganer war es noch schlimmer. Bis wir ein Restaurant gefunden hatten, das Udon ohne Fischbrühe herstellt, verging schon eine Zeit. Veganer könnte ich aber wirklich nicht werden. Nicht nur, dass ich Eier und Milch liebe, aber bei normalen Gebrauchsgegenständen könnte ich nie auf einen veganen Zustand achten. Unter anderem kaufte Alex einen Pinsel nicht, da er mit Tierhaaaren versehen war und damit nicht nutzbar. Ich respektiere da zwar seine Meinung, so einen Aufwand könnte ich für so etwas aber nie betreiben. Anschließend ging es noch einmal über den Peagant of Light – es war wieder genau so beeindruckend wie gestern. Zum Abschluss wollte Orsolya unbedingt noch eine Revanche für ihre Niederlage gestern, die (wie erwartet) in einer erneuten Niederlage endete. Es war ein lustiger Tag in der Stadt, auch wenn das Veganerleben uns den Tag ungemein erschwert hat. Laura hätte ich zwar gerne etwas anderes als Kuchen geschenkt, sie war aber überrascht genug, dass wir überhaupt von ihrem Geburtstag wussten. Wer könnte den verraten haben? Ich meine, es ist ja nicht so, als ob ich bei so etwas immer bestens informiert wäre.

Schreibe einen Kommentar

Deine Email-Adresse wird nicht veröffentlicht.