Bekannterweise stehe ich hierzulande ein klein wenig auf Kriegsfuß mit der Technik. Eine zerstörte Kamera, zwei Laptops und ein Uhrenarmband sprechen dafür wohl Bände, wobei ich feststellen will, dass alles schon ersetzt wurde und ich nicht komplett techniklos bin. An den Schäden hatte ich ebenso nicht all zu viel Einfluss, sondern es handelte sich um normale Verschleißerscheinungen. Wenn man bedenkt, dass ich normalerweise immer die Technik für andere Leute repariere, ist das schon etwas traurig. Auf der anderen Seite kann ein gezielter Zerstörtrieb auch entscheidende Vorteile haben. Genau diesen Vorteil musste ich heute Morgen ausspielen. Gestern hatte ich ja mein Fahrrad nicht auf bekommen und der Schlüssel war immer noch verschollen. Da der Schlüssel aber während der Fahrt vorne am Vorderrad hängt, kann er auch nirgends befestigt werden. Da das Schloss eh schon ziemlich stark hakte, reichte es mir heute endgültig. Ein gezielter Zugriff mit einem Schraubenzieher und in ganzen zwei Minuten hatte ich das Schloss zerstört und mein Rad befreit. Es ist schon beachtlich, wie schlecht japanische Fahrräder gesichert sind. 90 Prozent der Räder hierzulande besitzen nur ein einfaches Vorder- oder Hinterradschloss. Die Teile sind natürlich sehr schnell geknackt. Auf der anderen Seite werden Mountainbikes notgedrungen mit Hilfe von Kettenschlössern abgesichert, die aber bei weitem nicht sicher sind. In Deutschland würde man die Teile nicht einmal für Uralträder nutzen. Trotzdem bleibt die Statistik für geklaute Fahrräder ziemlich gering und ein Großteil der verschollenen Räder wurde nur vom Ordnungsamt beschlagnahmt, weil man an unerlaubter Stelle das Rad abgestellt hatte. Dafür ist mein Rad jetzt wieder mit einem identischen Schloss gesichert und ich habe deshalb jetzt endlich zwei Fahrradschlüssel. Überrascht hat die Japaner der Umbau meines Rads dann aber doch. Ich stand vor dem Laden und habe schnell das Schloss ans Vorderrad geschraubt und mehrere Japaner haben nachgefragt, wieso ich so etwas denn selber mache, dafür gibt es doch Fahrradwerkstätten. Dazu muss man wissen, dass man nur drei Schrauben festziehen musste. Da frage ich mich echt, wo die Eigenständigkeit geblieben ist.
Anschließend ging es ins Büro, schließlich konnte ich jetzt das Rad endlich abschließen. Als erstes bekam ich einmal eine Übersetzung meiner Gutscheine. Offensichtlich ist das Fleisch, was mir zugeschickt wird, wirklich Topqualität und auf der anderen Seite habe ich bei dem Restaurantgutschein die Auswahl zwischen einem Fleischrestaurant und dem Hotel. Mal schauen, wann ich die beiden einlöse, neidische Blicke habe ich auch so bekommen. Ansonsten scheinen meine Japaner zu viel Langeweile zu haben. Als ich das Büro betrat, erwartete mich eine Armee an Origamifiguren, die von Japanern kunstvoll hergestellt wurden. Gut, dass ich so etwas überhaupt nicht beherrsche. Unten könnt ihr euch die zwei besten Figuren dann auch anschauen, damit man sich darunter etwas vorstellen kann. Ansonsten konnte ich heute Zeuge für die beachtlichste Fähigkeit jedes Japaners werden: das Schlafen bei jeder Gelegenheit. Ich dachte mir nichts besonderes, als mein Betreuer gelangweilt die Blätter weglegte und sich die Jacke anzog. Der will bestimmt schnell zum Kiosk gehen, dachte ich, aber weit gefehlt. Schnell die Jacke zugebunden, Beine nach vorne und in einer Minute schlief er auf einmal am Tisch, mitten am Arbeitstag. Dass Studenten im restlichen Büro das an den Tischen regelmäßig machen und es schon mal vorkommen kann, dass auf einmal alle im Büro vor sich hin schnarchen, kannte ich ja schon. Aber dass sogar die Angestellten und Dozenten so etwas während des Dienstes tun, hat mich dann schon überrascht. Wobei, so besonders ist das gar nicht. Beachtet man die Straßenbahnen, Busse und Züge, sieht man das Phänomen öfter. Alle Japaner scheinen es zu beherrschen, zu dösen. Sobald sie ein Geräusch hören, wenn zum Beispiel der oberste Boss das Büro betritt oder wenn die richtige Haltestelle kommt, machen sie die Augen auf und können sich gerade noch rechtzeitig darauf vorbereiten. So war es auch bei meinem Betreuer. Als ein Student ihn etwas fragte, schlief er ohne sich stören zu lassen, wie man an der regelmäßigen Atmung vernehmen konnte. Als Herr Morimoto auf einmal das Büro betrat, war er blitzschnell wach und griff nach den Papieren. Diese Alarmanlage im Kopf muss ich mir auch noch mal unbedingt besorgen!