Wer hat den Lehrer raus gelassen?

Wer bin ich, wo bin ich und vor allem was ist da gerade passiert? In etwa diese Fragen stellte ich mir heute früh verzweifelt nach dem Japanisch-Kurs. Ich habe ja schon viele Lehrer erlebt, aber die Dame, die uns heute betreut hat, stellt wirklich viele Lehrer in den Schatten. Nicht nur, dass sie 15 Minuten zu spät zum Unterricht kam. Sie schaffte es auch, 10 Minuten früher Schluss zu machen und dabei wie durch ein Wunder noch all den Stoff des Tages durchgearbeitet zu haben. Jetzt gibt es nur ein Problem, ein paar Leute sind dabei auf der Strecke geblieben. Klar, ein paar Opfer gibt es immer. Aber dass diese Opfer fünf Leute betreffen und damit alle Nicht-Chinesen und Nicht-Koreaner des Kurses nur noch Fragezeichen über ihren Köpfen hatten, ist schon etwas fragwürdig. Die Frau hat schon bei ihrer Ankunft nur auf Japanisch geredet und hat es geschafft, ihr schon schnelles Redegrundtempo während des Kurses noch einmal um das Zehnfache zu steigern. Wenn man nicht versteht, was der Lehrer vorne sagt, dann erschwert dies den Lernprozess schon mal ungemein. Und wenn dann noch bei den Übungsaufgaben nur gewartet wird, bis der erste, überraschenderweise meist ein Koreaner, fertig ist, dann bringen die Übungen auch nicht viel, weil die Kontrolle des Lehrers fehlt. Aber wir sind ja keine Studenten, die sich wegen so etwas entmutigen lassen. Zur Frühstückspause wurden die Plätze geschickt so getauscht, dass alle Nicht-Nachbarlands-Ausländer nebeneinander saßen und im Notfall immer ein Koreaner nahe genug, um auszuhelfen. In Teamarbeit schafften wir es, die Stunde zu überstehen und nächste Woche fragen wir erst einmal Frau Abe, ob sie nicht auch mal mit der heutigen Lehrerin sprechen kann, damit sie das Tempo drosselt. Auf uns hat sie heute nicht geachtet. Dafür bestätigte ich meine Annahme mal wieder. Überraschenderweise ließ die Dame heute auch noch einen Kurztest schreiben und trotz fehlender Vorbereitung (weil ich nicht wusste, wie weit wir sind und welche Kapitel zu lernen sind) erreichte ich eine sehr gute Punktzahl. Ich sollte wirklich Lotto spielen, ich würde reich werden!

Trotzdem war der Kurs ziemlich ernüchternd und ich war über sein Ende sehr erfreut. Vor allem da anschließend ein gemeinsamer Mensabesuch mit einigen Neuankömmlingen rund um Olga anstand. Dabei wurde der Beschluss gefasst, dass der Botanische Garten einmal besichtigt werden muss. Bei dem Wetter mit leicht steigenden Temperaturen und Sonnenstrahlen lohnte sich das auch wirklich, schon weil doch noch ein wenig Herbstfärbung im ?Garten?, der bekanntlich ja eher ein Wald ist, zu sehen war. Olga dagegen war nicht ganz glücklich mit dem Garten, waren doch viel zu viele Stufen zu nehmen und ihre Schuhe für diese Art von Parcours nicht gerade ausgestattet. Trotzdem bleibe ich persönlich ein Fan von dem Garten, es gibt einfach keinen ruhigeren Ort zum entspannen in Sendai. Nach dieser Gewaltwanderung konnten wir den Tag aber natürlich noch nicht ausklingen lassen und es ging noch in ein Okonomiyaki-Restaurant. Der Teig an sich sagte ihr zwar auch nicht so zu, doch macht halt besonders das selber Herstellen der Okonomiyaki großen Spaß, so dass es ihr trotzdem gefiel. Ich persönlich könnte mich ja in die Soße setzen, so super schmeckt die. Da der Tag danach fast gelaufen war, verabschiedete ich mich noch schnell von ihr und machte mich auf zum Büro, um wenigstens ein wenig was tun. Aber solche ruhigeren Tage müssen auch mal sein, besonders nach solchen haarsträubenden Japanisch-Kursen ist es absolut angebracht. Wenigstens erklärte es die Frage, warum die meisten Ausländer heute gar nicht erst erschienen sind. Die wussten schon, was sie erwartet und nahmen deshalb lieber gar nicht erst teil.

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