Die Japaner soll noch einmal einer verstehen. Gerade gestern lobe ich noch die freudige Entdeckung, dass es beim Fußball Rabatt für Studenten gibt und heute sieht die Welt schon wieder ganz anders aus. Mayumi, meine Konversationspartnerin, hat mitbekommen, dass ich gestern auch im Stadion war und mich darauf vorbereitet, schnell Karten zu besorgen, da das letzte Spiel der Saison sehr schnell ausverkauft sein könnte. Kein Problem für mich. Nebenan gibt es einen Kombini, der auch Karten verkauft und 24 Stunden geöffnet ist. Also ging es zu später Stunde rüber und schnell war ein Angestellter gefunden, der mir die Karten organisieren sollte. Der weigerte sich aber auf einmal, mir die ermäßigte Karte auszuhändigen, schließlich bin ich kein Schüler sondern Student. Zum Glück hatte ich die Karte von gestern dabei und erklärte ihm irgendwie auf Japanisch, was mein Problem darstellt. Wirklich nachvollziehen, wie es zu solchen Diskrepanzen kommt, konnte er auch nicht und rief deshalb bei der Geschäftsstelle des Ticketcenters an. Die verwiesen ihn aber auch nur an den Verein, so dass ich wenn dann morgen wieder kommen soll und er dann den Verein anruft. Jedenfalls habe ich seine viel zu schnellen japanischen Erklärungen so gedeutet. Ganz nachvollziehen kann ich das Dilemma nicht. Gestern hat die junge Dame am Ticketschalter meinen Studentenausweis genau gecheckt und mir daraufhin die Karte ausgehändigt. Auch ansonsten hat keiner Probleme gemacht, so dass die Problematik schon leicht unverständlich ist. Die einfachste Lösung wird sein, dass ich mich morgen auf zum Verein mache und das Problem persönlich kläre, auch wenn ich auf den Fahrradtrip bei der in Sendai gerade herrschenden Kälte eigentlich nicht all zu viel Lust habe. Aber was macht man nicht alles für Rabatt, auch wenn ich dadurch gegen die neusten Regelungen meines Wohnheimes verstoße.
Ich dachte, ich lese nicht richtig, als ich im Verwaltungsgebäude die Regelungen zur Influenzabekämpfung entdeckte. Das Wohnheim bittet alle Studenten, Mundschutz zu tragen, um niemanden anzustecken oder angesteckt zu werden, auch Berührungen sind zu vermeiden. So weit, so gut und noch einigermaßen verständlich. Die Aufforderung, das Haus nur im Notfall zu verlassen und große Menschenansammlungen zu meiden, hat mich dann aber doch extremst zum Lachen gebracht. In anderen Ländern sagt man, dass man das Immunsystem mit spazieren gehen und frischer Luft stärken soll, hierzulande wird gebeten, die Wohnung nur im Notfall zu verlassen. Diese Vorschriften passen aber auch ansonsten in das Gesundheitssystem der Japaner. Seit es etwas kälter geworden ist, sieht man wieder vermehrt auf den Straßen die Japaner, die nur noch mit Mundschutz durch die Gegend rennen. Gleichzeitig wurde vor jedem Gebäude ein kleiner Tisch aufgebaut, auf dem Desinfektionsmittel steht und die Bemerkung, doch das Gebäude nur desinfiziert zu betreten. Persönlich bin ich ja der Meinung, sie übertreiben leicht. Aber sollen sie machen, so kann ich bei einer Epidemie wenigstens sagen, ich habe sie verursacht, weil ich alle Regeln missachtet habe.
Anders ist es aber auch nicht wirklich möglich. Neben den üblichen Verpflichtungen bin ich momentan relativ stark als Übersetzer und Hilfe für Riekos Abschlussarbeit eingespannt. Ihr Deutsch ist zwar ziemlich gut, aber für Redewendungen, wie sie sie jetzt häufiger für die Arbeit lesen muss, reicht es dann aber doch nicht aus. So habe ich heute über eine Stunde die Bedeutung eines Zeitungsartikels mit ihr diskutiert. Aber auch ansonsten wird ausgenutzt, dass ich wieder da bin, wenn man es denn weiß. Irgendwie hat sich meine Rückkehr herumgesprochen und ich hab schon böse SMS über meine nicht erfolgte Rückmeldung erhalten. Eine Person, die es wusste, war Laura, so dass ich dann auch gleich noch mal ihr Fahrrad reparieren durfte. Bei knapp fünf Grad ist das keine schöne Aufgabe, aber ich bin bekannterweise ein Profi im improvisieren und trotz fehlender Werkzeuge schaffte ich es in Rekordzeit, das Rad wieder auf Vordermann zu bekommen.