Von Gospel und Feueralarmen

Der heutige Morgen hat mir den Beweis gebracht, wenn eine Katastrophe mein Wohnheim trifft, werde ich einfach mit untergehen. Am frühen Morgen gab es im Wohnheim eine Feueralarmübung und irgendwie habe ich es geschafft, davon wirklich gar nichts mit zu bekommen. Das muss man erst einmal hin bekommen und ich frage mich ernsthaft, wie schlecht die Warntöne hier sind, dass man davon nichts hört. Zum Glück plane ich eh, nicht von einer Katastrophe getroffen zu werden, von daher wird das schon. Aber Nobu hat versprochen, das Wohnheim über die Problematik mal in Kenntnis zu setzen.

Ansonsten haben wir einen leicht betrübten Sonnabend gehabt, der verlockend für eine Shoppingrunde war. Also ging es für mich in die Stadt, schließlich müssen die Vorräte nach dem Besuch meiner Eltern und den damit verbundenen Reisen wieder aufgestockt werden. Wirklich zum Shoppen konnte ich aber leider gar nicht kommen, schließlich galt es, interessanteren Dingen beizuwohnen. Das allwöchentliche Festival stand dieses Mal komplett unter dem Motto Gospel. Überall in der Stadt waren Bühnen aufgebaut und man konnte den verschiedensten Interpreten lauschen. Meiner Meinung nach war das Ergebnis zwar teilweise suboptimal, aber trotzdem stellten diese Minikonzerte eine gelungene Beschäftigung dar. Einige japanische Sänger bewiesen aber eindrucksvoll, dass ihre Stimmen für Gospelgesang nur im begrenzten Maße geeignet sind. Man merkt schon, dass der Gesang in afroamerikanischen Kirchen entstanden ist und viele japanische Sänger irgendwie doch nicht über das Stimmvolumen verfügen, um den Gesang überzeugend auf die Bühne zu bringen. Als Randbemerkung ist es sowieso relativ seltsam, christliche Lieder hier in Japan zu hören. Japan hat als Hauptreligionen den Shintoismus und den Buddhismus. Das Christentum versuchte erstmals seit dem Jahr 1549 im Land der aufgehenden Sonne Fuß zu fassen, scheiterte aber an einem großen Verbot zwischen dem 16. und 17. Jahrhundert, bei dem Christen verfolgt und getötet wurden. Offiziell zugelassen wurde die Religion erst wieder im Jahr 1873 und hat mittlerweile knapp 1 Prozent der japanischen Bevölkerung hinter sich. Wirklich Einfluss hat das Christentum dementsprechend nicht im Land und die Symbolik wie Kreuze werden zwar gerne als Modeschmuck getragen, von der Bevölkerung aber nicht mit dem Glauben verbunden. Aus diesem Grund war es sehr interessant, die Besucher der Konzerte zu beobachten. Von dem, was ich aufschnappen konnte, konnte kaum einer etwas mit den Texten anfangen und immer wurde nur die melodische Verarbeitung angesprochen. Die wenigsten Gäste, aber auch Sänger, waren wohl Christen. Gleichzeitig sprangen aber auch einige kuriose Gestalten auf dem Fest herum. So führte eine Japanerin ihren fetten, aber total aufgedonnerten Hund, in einem Kinderwaagen spazieren, was schon ziemlich seltsam anmutete. Beachtlicher war aber die Datingmethode eines anderen Japaners. Er führte seinen Hasen an einer Hundeleine aus und wirklich alle Japanerinnen, die seinem Weg kreuzten, mussten den Hasen streicheln und sich mit dem Besitzer unterhalten. Merke: will man Frauen kennen lernen, gibt es offensichtlich kaum einen besseren Weg dafür.

Am Abend beschlossen wir dann, noch ein wenig gemeinsam zu kochen. Eine 9 Mann große Gruppe machte sich also zur Invasion im Sayus – Supermarkt auf. Man sollte nicht meinen, wie kompliziert das Kochen für 9 sein kann. Alle hatten Nahrungsmittel, die sie nicht vertrugen. Alex und ich mit unserem Veganer- beziehungsweise Vegetarier-Lebensstil, machten die Sache auch nicht gerade einfacher. Im Endeffekt einigten wir uns auf gebratene Soba-Nudeln mit Fleisch und Gemüsepfanne für die fleischlose Ernährung. Es entwickelte sich ein sehr lustiger Abend, wobei Ulf mit seinem T-Shirt mit eingebautem Lautsprecher den absoluten Höhepunkt darstellte. Da hat einer zu viel Fernsehen geschaut, auch wenn das Musik abspielen aus dem T-Shirt schon interessant ist.

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