Ein Tag mit Wodka und Programmieren

Ich bin Mitglied des japanischen Volkes, ich habe es ja schon immer gewusst. Die Größe war nur ein genetischer Fehler und die Augen und Haare ein Spaß der Natur. Heute früh hatte ich einen Brief für die große fünfjährige Volkszählung im Briefkasten und wurde aufgefordert, mich ebenfalls zu beteiligen. Nichts leichter als das, wäre nicht alles auf Japanisch gewesen. Dementsprechend sah auch die Reaktion der meisten Ausländer aus: zusammenknorkeln und wegwerfen. Zum Glück bin ich kein normaler Ausländer und sehe mich bei solchen Aufforderungen wenigstens berufen, zu antworten. Und außerdem habe ich ja den richtigen Übersetzer an der Hand. Wirklich begeistert war Shimizu zwar nicht, mir den Übersetzer zu spielen, aber nach einem Schluck aus seiner Büro-Reserve-Wodka-Flasche sah die Welt schon ganz anders aus. Zum Glück brauche ich nicht zu verstehen, wie man solche Santoriplürre trinken kann, aber solange es Shimizu schmeckt, ist ja alles in Ordnung. Zusammen füllten wir also die Unterlagen aus, als die deutsche Professorin uns sah. Sie war sichtlich begeistert. Nicht nur, dass Shimizu gutes Deutsch sprach, sondern dass ihr jemand gleich ihr Formular erklären konnte. So durften wir noch einmal das Formular durchgehen. Leider bemerkte sie nicht, was Shimizu da die ganze Zeit trank, ich hätte zu gerne ihre Reaktion darauf gesehen. Meinen Betreuer plagten währenddessen ganz andere Probleme. Er schreibt gerade an einem kleinen Handyprogramm, um den Studenten das Deutschlernen zu erleichtern. Leider ist das Finden von Beispielsätzen nicht ganz so einfach und ich wurde in die Planungen eingebunden. Falls also ein Japaner mit seltsamen Grammatikfehlern nach Deutschland kommen sollte, meine Beispiele werden vermutlich schuld sein.

Den restlichen Tag verbrachte ich eigentlich nur im Auftrag von anderen Leuten. Rund 150 neue Ausländer sind nach Sendai gekommen, aber nur rund fünfzig haben die Stadt verlassen. Neben 40 Fahrrädern, die Group Mori in den Verkauf brachte, gibt es also eventuell noch einmal genauso viel, die durch andere Ausländer in den Verkauf gekommen sind. Der Rest der Ausländer ist gerade auf Radsuche. Passenderweise betrifft diese Problematik auch so gut wie alle Deutschen und dementsprechend galt es, alle Radläden abzuklappern, wo es noch gute Räder geben könnte. So ein wenig fühlte ich mich schon in den April versetzt, außer dass wir alles alleine machen mussten. Da ich aber eh noch die Tickets für den Bus am Freitag zahlen musste, passte mir diese Beschäftigung ganz gut in den Zeitplan. Gleichzeitig kam ich wieder mal ein wenig raus. Nach einiger Suche muss ich aber sagen, ich bin verdammt froh, mein Rad zu haben. Keines der gefundenen Räder wäre auch nur in Ansätzen für mich geeignet gewesen. Mit meinem Rad habe ich da einen absoluten Glückstreffer gelandet. Bei einer heutigen Suche müsste ich mir wohl ein neues Rad kaufen, der Gebrauchtmarkt gibt wirklich nichts her. Dazu scheint die Qualität bei meinem Rad auch zu stimmen. Bis heute gibt es keinen Platten und die Schaltung funktioniert im Vergleich zu vielen anderen Rädern hier auch. Im Vergleich dürfte mein Rad auch schon mit die meisten Kilometer runter haben, trotzdem schlägt es sich tapfer. Von daher ich klopfe auf Holz, dass es noch ein halbes Jahr so bleibt. Schließlich will ich noch einige Erkundungstouren starten. Ich bin gespannt, für welches Rad die Deutschen sich entscheiden, die eigentlich am liebsten gar kein Geld ausgeben wollen. Wir werden sehen.

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