Das Problem mit dem Bus

Was willst du denn bitte schön in Toyama? Diese Frage habe ich in den letzten Tagen öfter von meinen japanischen Mitstudenten zu hören bekommen. Schon alleine die Tatsache, dass ich freiwillig wandern möchte, ist für Japaner schon ziemlich befremdlich. Dass es aber über diese Stadt geht, verwundert die Leute um so mehr. Dass so eine unbedeutende Stadt ihre Nachteile hat, musste ich heute auch noch am eigenen Leib erfahren. Bekanntermaßen sind die Züge in Japan ziemlich teuer und ein Regionalbahnnetz wie in Deutschland ist leider auch nicht vorhanden. Also fährt der geizige Student per Bus. Leider ist das nicht immer so einfach. So ist der einzige Bus, der nach Toyama fährt, nur mit drei Plätzen pro Reihe ausgestattet. Und natürlich wollen an dem Tag, wo es für mich in die Stadt geht, alle mit dem Bus fahren. Der Bus ist also ausgebucht. Schon sind wir bei meinen Problemen angekommen. Den Angestellten der Busunternehmen nach Alternativen befragen, klappt nicht so gut mit meinem Japanisch, das Internet ist auch keine große Hilfe, die Kanjis erschweren das Lesen doch ungemein. Also sollte ich lieber jemanden fragen, der sich damit auskennt. Mein zweiter Betreuer fühlte sich sofort, verpflichtet mir zu helfen. In einer großen Telefonierorgie telefonierte er alle Busunternehmen ab und erkundete sich gleichzeitig nach Alternativen. Irgendwie schaffte er es nach knapp 30 Minuten, doch noch eine Reise zu organisieren. Es geht jetzt nicht direkt nach Toyama, sondern in eine Nachbarstadt. Von dort aus darf ich noch mit dem Zug weiterfahren, so dass ich etwas später in Toyama eintreffe, aber immerhin ich treffe ein. Die Frage ist nur, was hätte ich ohne seine Hilfe gemacht? Im Endeffekt hatte ich die Reiseunternehmen exakt dasselbe gefragt, aber keine Auskunft bekommen. Kaum kommt ein wichtiger Japaner, sieht die Welt schon anders aus. Bei dem anderen Bus sah es da schon anders aus. Mein Betreuer war leider etwas zu voreilig und reservierte einen Bus, ohne mein abschließendes o.k.. Aber die Vorreservierung werden wir einfach verfallen lassen, das sollte machbar sein. Man merkt auf jeden Fall schon, die Fahrt wird ziemlich abenteuerlich, was uns aber nicht abhalten wird. Trotzdem bin ich ziemlich dankbar, dass ich so viele Freunde habe, die sofort bereit waren, mir zu helfen. Mein Betreuer organisierte zwei Busse, Nobu unternahm einige Telefonate und Asayama und ein anderer Mitbewohner beschäftigten sich damit, ob man die Vorreservierung verfallen lassen kann oder nicht. Der Urlaub wird in der Organisation also ein Gemeinschaftsprojekt. Es ist aber auch relativ befremdlich, dass es hierzulande kaum Reisebüros gibt, sondern alles per Telefonanrufen organisiert werden muss. Zum Glück findet sich aber immer jemand der bereit ist, die Telefonate zu übernehmen.

Aber man muss festhalten, ich halte nicht nur Japaner auf Trab. O.k., das ist ein großer Punkt in meiner Tagesbeschäftigung, aber nicht der Einzige. So verbrachte ich die meiste Zeit des Tages heute damit, mit Shimizu und einigen anderen Japanern zu lernen. Wir machten wie immer eine große Konversationsrunde, in die wir gleich noch einige für mich interessante Geschichtsthemen eingebunden haben. Dabei erhielt ich gleichzeitig einen Einblick in Shimizus neuste Planungen. In ein paar Wochen ist an der Tohoku ein großes Festival über mehrere Tage. Jeder Club und Zirkel hat die Möglichkeit, dabei Programmpunkte zu organisieren und das Ganze soll als Kulturwochen die Tristes des Novembers überschatten. An sich keine schlechte Idee. Die Uni argumentiert damit, dass der November und der damit verbundene Wintereinbruch stark an der Moral und Motivation der Studenten nagt. Folgen sind laut meiner Professoren Leistungsabfall, vermehrte Abwesenheit und eine leicht erhöhte Gefahr für Selbstmordversuche (In Japan ist diese Sorge berechtigt, ist es doch das Land mit einer der höchsten Selbstmordraten der Welt.). Aus diesem Grund versucht die Uni, den Studenten ein abwechslungsreiches Programm zu bieten. Für dieses Programm gibt es nun immer einen Motivsong. Wer fühlte sich natürlich dazu berufen, diesen Song zu schreiben? Shimizu natürlich! Dementsprechend verbrachte er das ganze Wochenende nur damit, einen Song zu komponieren. Und heute wurde das Demotape im Büro verfeinert und an den Geschmack der Allgemeinheit angepasst. Ein sehr lustiger Anblick, wenn jemand mit Mischpult dasitzt und fragt ob schneller oder langsamer. Ich bin gespannt, ob sein Song genommen wird. Aber langsam muss ich ihm echt eine Autogrammkarte zum Unterschreiben vorlegen! Wenn das so weiter geht, wird er doch noch Rockstar. Besser als 90 Prozent des J-Pops ist er alle mal!

Schreibe einen Kommentar

Deine Email-Adresse wird nicht veröffentlicht.